"Wir sehen die Hersteller in der Pflicht"
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Fahrverbote für Dieselautos in einzelnen Städten sind grundsätzlich zulässig. Viele Autobesitzer werden wohl ihr Auto nachrüsten müssen. Aus Sicht des ADAC sollten diese Kosten von bis zu 3000 Euro aber nicht die Halter zahlen.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge grundsätzlich für zulässig erklärt. Diese müssten allerdings verhältnismäßig sein. Für den Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) hat das Leipziger Urteil jetzt Signalwirkung. Im Deutschlandfunk Kultur sagte Stefan Gerwens, Leiter des Ressort Verkehr beim ADAC:
"Wir sehen das schon als eine Art Weckruf, weil uns wichtig ist, dass die Gesundheit schon Vorrang hat auch vor individueller Mobilität. Für uns entscheidend ist, die Grenzwerte in den Städten einzuhalten. Gleichzeitig möchten wir Fahrverbote aber vermeiden, und dementsprechend sehen wir das schon als Weckruf und als letzte Chance im Grunde gemeinsam Mobilität und Gesundheit zu verbinden in diesem speziellen Thema."
Nach Auffassung des ADAC seien beim Schutz vor Fahrzeugemissionen auch noch nicht alle Maßnahmen ausgeschöpft. Stichworte seien in diesem Zusammenhang die Nachrüstung der Fahrzeuge, ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr mit Bus und Bahn und gute Bedingungen für den Radverkehr, so Gerwens.
Es gibt viele mögliche Stellschrauben
"Aber auch eine gute Ampelsteuerung in den Städten, mit adaptiver Netzsteuerung heißt das. Wo man im Grunde die Ampeln so verbindet, dass man möglichst wenig Stausituationen hat und damit einfach auch weniger Emissionen in den Städten. Es gibt also eine ganze Reihe von Maßnahmen. Auch die Städte können ja noch ansetzen, beim Thema Busse nachzurüsten. Es gibt viele Stellschrauben, an denen man noch drehen kann, und die größte ist eben aus unserer Sicht auch die Nachrüstung von Euro 5-Dieseln. Die ist bisher eigentlich noch nicht geregelt."
Eine Nachrüstung mit Hardware kostet nach bisherigen Berechnungen zwischen 1500 und 3000 Euro pro Fahrzeug. Aus Sicht des ADAC sollten die Fahrzeughalter diese Kosten aber nicht selbst zahlen, sagte Stefan Gerwens.
"Wir sehen auch den Staat in der Pflicht"
"Weil sie sich eben vor einigen Jahren ein Auto gekauft haben, das die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt hat. Wir sehen eigentlich die Hersteller in der Pflicht, weil die Abweichungen zwischen den Grenzwerten auf dem Prüfstand und was die Autos nachher in der Realität emittiert haben, so hoch waren, dass man einfach sagen muss, sie haben da auch eine moralische Verantwortung. Es gibt keine rechtliche Basis dafür, aber schon eine Verpflichtung. Wir sehen auch den Staat in der Pflicht, weil er bei dem Thema früher hätte gegensteuern müssen."
Aber kann eine solche moralische Verpflichtung erreichen, dass die Unternehmen dann tatsächlich auch Geld für die Hardware-Nachrüstung zahlen? Gerwens sieht den Gesetzgeber in der Pflicht:
"Entscheidend ist, glaube ich, dass erst einmal auf der Bundesebene auch die rechtlichen Voraussetzungen für Nachrüstungen geschaffen werden. Da geht es darum, wie man mit der allgemeinen Betriebserlaubnis und ähnlichen Dingen umgeht, wenn man eben ein Fahrzeug nachrüstet. Diese rechtlichen Voraussetzungen das muss jetzt der Bund möglichst zügig schaffen."