Adam Brookes: "Der chinesische Verräter"
Aus dem Englischen von Andreas Heckmann
Suhrkamp, Berlin 2019
402 Seiten. 15,95 Euro
Cyberwar statt gute alte Detektivarbeit
04:29 Minuten
Nach 20 Jahren Arbeitslager erkennt Spion Li Huasheng die Welt der Geheimdienste nicht wieder. Vor allem die in China, wo Cyberkrieg und totale Überwachung herrschen. Geschickt verbindet Adam Brookes alte Spionageromanelemente mit modernen Entwicklungen.
Nach fast zwei Jahrzehnten in einem chinesischen Arbeitslager bricht der Gefangene 5995 aus. Li Huasheng ist nach Einschätzung der chinesischen Behörden ein Intellektueller. Tatsächlich aber hat er noch eine zweite Identität, die er trotz Folter und Verhören nicht preisgegeben hat: Unter dem Decknamen "Peanut" hat er Informationen für den britischen Geheimdienst gesammelt. Diese Tätigkeit soll ihm nun einen Weg in die Freiheit bringen. Ein letztes Mal will er eine seiner alten Quellen erpressen, um sich Informationen zu beschaffen, die er dem Geheimdienst im Gegenzug für seine Ausreise anbieten kann.
Also kontaktiert Li Huasheng alias Peanut den anfangs ahnungslosen Journalisten Philip Mangan. Er soll der britischen Botschaft eine Nachricht übermitteln, durch die der Geheimdienst auf ihn aufmerksam wird. Mangan zögert, kann dem Abenteuer aber nicht widerstehen. Damit beginnt in Adam Brookes "Der chinesische Verräter" ein spannendes Kräftemessen der Geheimdienste und Sicherheitsbehörden, bei dem niemand mit offenen Karten spielt - und die Hauptfiguren ein hohes Risikopotenzial bergen.
Ein Spiel, dessen Regeln er nicht kennt
Peanut ist geprägt von der Welt vor 20 Jahren: Handys irritieren ihn, er glaubt, sein größter Trumpf seien Informationen über eine längst überkommene Langstreckenrakete. Und Mangan ist ein wenig naiv: Er redet sich erfolgreich ein, er würde aufgrund einer Story mitspielen, lässt sich aber auf ein Spiel ein, dessen Regeln er nicht kennt.
Beide Männer sind Außenseiter im modernen China und in der Welt der Geheimdienste, weit entfernt davon, Helden zu sein. Aber sie sind wie alle Figuren in diesem Buch ungemein glaubwürdig.
Geschickt verbindet Adam Brookes in "Der chinesische Verräter" alte Spionageromanelemente mit modernen Entwicklungen. Papierdokumente werden ausgetauscht, es gibt geheime Treffen, Verfolgungsjagden in Peking. Doch weder Mangan noch Peanut erkennen anfangs den wahren Wert der Informationen. Sie übersehen, dass sich Geheimdienstarbeit mittlerweile in Netzwerken und mit Cybertechnologien abspielen. Dazu kommen Interessen privater Sicherheitsunternehmen, die längst wie in tatsächlichen Kriegen auch in diesem unsichtbaren Krieg mitmischen.
Adam Brookes gelingt es, diesen abstrakten Krieg packend zu schildern und zudem einen Eindruck vom modernen China zu vermitteln. "Der chinesische Verräter" ist der Auftakt zu einer Trilogie – und allein das Ende lässt auf eine hochspannende Fortsetzung hoffen.