Adoption aus Sicht eines Kindes

„Ich bin ein Meister der Verdrängung“

36:08 Minuten
Eine Adoptionsanzeige aus der Zeitung. Inmitten der andere Anzeigen steht: "Welche kinderliebe Frau oder welches Ehepaar nimmt 5jährigen Jungen in Pflege?"
Zwischen Kleinanzeigen und Stellengesuchen entschied sich das Leben von Ralf Lengen. © privat
Caro Korneli im Gespräch mit Ralf Lengen |
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Ralf Lengen ist fünf, als seine Mutter per Zeitungsinserat nach einer Pflegefamilie für ihn sucht. Die Adoption wird zum Tabuthema. Erst als er selbst eine Familie gründet, beginnt er, sich mit dem verdrängten Teil seiner Kindheitsgeschichte zu beschäftigen.
Mit seinem schwarzen Haar und den dunklen Augen ähnelt der kleine Ralf seinen Geschwistern und seinen Eltern überhaupt nicht. Dass Ralf Lengen adoptiert wurde, ist allen klar gewesen. Doch darüber hat nie jemand gesprochen.
Seine leibliche Mutter hatte nach der Scheidung von ihrem iranischen Mann in einer Zeitungsanzeige nach einer Pflegefamilie für den gemeinsamen Sohn gesucht. Danach war die Adoption jahrzehntelang ein Tabu. Auch Ralf Legen hat sie erfolgreich verdrängt. Stattdessen begleiteten ihn Gefühle wie Scham, Schuld und Ohnmacht bis ins Erwachsenenalter. 
Schwarz-weiss Foto eines Kindes mit gestreiftem Pullunder und dunklen Haaren.
Ralf Lengen als Kleinkind.© privat
Als er selbst Familienvater ist, gerät Ralf Lengen in eine Krise. Und beginnt, den sorgfältig ausgebreiteten Mantel des Schweigens zu lüften. Eine schmerzhafte Erfahrung für alle, seine leibliche Mutter, die Adoptiveltern, für ihn selbst.
Warum Ralf Lengen durch diesen Schmerz hindurch musste, um wieder ans Licht zu kommen, erzählt er in dieser Folge unseres Podcasts "Plus Eins" - und warum es wichtig ist, die Sicht des Kindes im Blick zu behalten, wenn wir über Adoptionen sprechen. 

Literaturtipp

Ralf Lengen: „Ins neue Leben getreten! Adoption und Pflege aus Sicht des Kindes“
Inschluss Verlag, 2022
342 Seiten, 32 Euro

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