Ägypten

"In Sachen Nofretete werde ich niemals aufgeben"

Von Cornelia Wegerhoff |
Sein Markenzeichen: ein Cowboyhut. Sein Spitzname: Der Indiana Jones der Ägyptologie. Zahi Hawass, lange Jahre Chefarchäologe am Nil, sorgt immer wieder gern für Aufsehen. Jetzt kam er zu einer Vortragsreihe nach Deutschland.
Eigentlich ist Zahi Hawass den großen Auftritt gewöhnt: Dutzende Kamerateams aus aller Welt bei Pressekonferenzen, Blitzlichtgewitter bei der Pyramiden-Besichtigung mit Staatsmännern und Hollywood-Stars und – seitdem er nicht mehr Ägyptens Chef-Archäologe ist – zumindest überfüllte Hörsäle bei seinen internationalen Vorträgen. In Düsseldorf kamen jedoch nicht mal 20 Leute, um ihn live zu erleben. Eingeladen hatte das ägyptische Fremdenverkehrsamt zusammen mit einem Frankfurter Verlag. Trotz der fast peinlich bescheidenen Kulisse ließ sich Zahi Hawass aber nichts anmerken und erledigte professionell seinen Auftrag: Begleitet von Führungskräften aus der ägyptischen Tourismusbranche rührte der 66-Jährige erst mal die Werbetrommel:
"Wir alle sind den weiten Weg von Ägypten gekommen, um Ihnen zu sagen, dass Ägypten wieder sicher ist, und wir möchten, dass Sie wiederkommen. Wir haben jetzt seit drei Jahren keinen Tourimus mehr. Aber nur durch den Tourismus können wir unsere antiken Schätze erhalten. Wenn Sie nicht wiederkommen, werden alle die Monumente, die ich Ihnen jetzt zeigen werde, zerfallen."
Nach diesem Appell führte Hawass mit eindrucksvollen Bildern und Erzählungen durch die Jahrtausende alte Geschichte Ägyptens, und war dabei wieder ganz der Alte: Ein enthusiastischer Forscher, der sich auch als Behördenchef noch stundenlang selbst im Tal der Könige in enge Schächte quetschte, um Pharaonengräber aufzuspüren. Einer, der sich dabei aber auch immer fotogen in Szene setzte. Mal staubig verschwitzt bei der Grabung, mal weltmännisch neben Clinton oder Obama. Sein Indiana-Jones-Hut sei übrigens original, so Hawass zu seinem Markenzeichen. Der von Harrison Ford sei Fake.
Der Ägyptologe Zahi Hawass am 19.11.2013 in der Nürnberger Ausstellung "Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze"
Der Ägyptologe Zahi Hawass© dpa / picture alliance / Daniel Karmann
Auch ohne Cowboy-Hut wirkte der Abend mit Hawass wie ein Rückblick auf glorreiche Zeiten. Denn durch die politischen Unruhen seit der Revolution 2011 seien neben Leib und Leben der Ägypter auch die Altertümer am Nil in Gefahr, erläuterte er im persönlichen Gespräch:
"Die Plünderungen, die illegalen Grabungen überall – das bringt mich um. Letzten Monat waren sogar zwei Deutsche, die nicht mal Wissenschaftler sind, in der Grabkammer der Cheops-Pyramide und haben einfach ohne Erlaubnis Gesteinsproben mitgenommen. Die haben irgendjemanden mit einem Bakschsich bestochen. Es ist einfach nicht zu fassen. Zu meinen Zeiten wäre das nie passiert."
2011 wurde er endgültig gefeuert
Bis zum Beginn des Volksaufstands war Zahi Hawass Generaldirektor der ägyptischen Altertümerverwaltung. Präsident Mubarak machte ihn in seinen letzten Amtstagen noch zum Minister. Nach dem Sturz des Langzeit-Diktators warf Hawass zunächst selbst die Brocken hin, dann holte ihn die Übergangsregierung zurück auf den Posten. Im Sommer 2011 wurde Hawass endgültig gefeuert. Gerichte ermittelten. Alles Verleumdung, sagt er:
"Ich wurde angegriffen, es wurde gegen mich ermittelt. Nichts war wahr. Und ich bin froh, dass die Leute inzwischen wissen, welchen Wert ich für mein Land darstelle. Und die Leute halten mich auf der Straße an und machen Fotos mit mir. Und wissen Sie was, alle Ägypter glauben, ich wäre immer noch der Chef der Altertümer-Behörde." (lacht)
Dabei ist das derzeit Mohamed Ibrahim. Doch seinen aktuellen Nachfolger im Ministeramt, der sich derzeit unter schwierigsten Umständen für den Schutz der Antiken einsetzt, nennt der polternde Hawass im Interview nicht mal beim Namen:
"Der Typ, der jetzt das Ministerium für Altertümer leitet, raucht Zigaretten, trägt immer Kravatte und tut sonst nichts. Der sollte doch die Monumente schützen, die wir alle so lieben. Ägypten war vor 2011 weltweit an der Spitze der Archäologie. Die haben Unterschriften gesammelt, damit ich zurückkomme. Und ich habe gesagt, nein, jetzt komme ich nicht zurück. Denn dazu braucht man eine gewählte, dauerhafte Regierung und kein Übergangskabinett."
Dass der islamistische Präsident Mursi gestürzt wurde und nun das Militär die Macht in Ägypten übernommen hat, betrachtet Hawass als einzig mögliche Rettung des Landes und nicht als Putsch:
"Das war eine Revolution. Hundertprozentig! Die Muslimbrüder haben Ägypten schmutzig zurückgelassen, es gab keine Projekte mehr, keiner hat mehr gearbeitet. Wenn Ägypten noch ein weiteres Jahr unter denen geblieben wäre, hätte das Land zerstört sein können. Ägypten braucht jetzt einen starken Mann. Ich denke, das wäre General Sissi. Ich kenne ihn nicht persönlich. Aber die Ägypter wollen ihn. Er ist der einzige, der Ägypten wieder stark machen, die Leute wieder zurück an die Arbeit bringen kann."
Auch die weltberühmte Büste der Nofrete will Zahi Hawass übrigens immer noch von Berlin zurück nach Ägypten bringen. An seiner Rückholforderung ändere auch die heikle Sicherheitslage nichts, betont er:
"Wenn du fünf Kinder hast, kannst du nicht drei verkaufen, weil du arm bist. Nein, das ist nicht korrekt. Nofretete hat Ägypten illegal verlassen. Ich habe alle Dokumente gesammelt, die das beweisen. Als ich jetzt in Berlin war, bin ich auch nicht ins Museum gegangen. Sie besucht mich in meinen Träumen, aber ich gehe sie nicht anschauen. Denn wenn ich da hingehe, akzeptiere ich automatisch, dass sie in Deutschland ist. Nein, in Sachen Nofretete werde ich niemals aufgeben."
Mehr zum Thema