Diebesgut als Sonderausstellung
Grabräuber gibt es in Ägypten seit der Pharaonenzeit. Doch heutzutage brechen die Diebe auch direkt in Museen und Magazine ein. Eine Ausstellung in Kairo zeigt, was Archäologen zurückholen konnten − mit Hilfe der Polizeibehörden in aller Welt und manchmal auch von Kommissar Zufall.
Hier stehen sie wieder richtig: Die beiden Holzsarkophage aus der Pharaonenzeit im Ägyptischen Museum in Kairo. Über 2600 Jahre sind sie alt, wunderbar bemalt mit der altägyptischen Gottheit Osiris und Szenen aus den antiken Bestattungsritualen. Hieroglyphen berichten aus dem Leben der Toten und von der Hoffnung auf eine Reise in die Ewigkeit. Die Särge nahmen allerdings einen ziemlichen Umweg: Aus Ägypten ging es über Dubai nach New York und dort in die Garage eines Hehlers in Brooklyn. Die CIA stellte die antiken Stücke sicher. Jetzt sind sie die großen "Hingucker" bei der Ausstellung rückgeführter Kulturgüter, die Ägyptens Minister für Altertümer persönlich eröffnete.
Mamdouh El Damaty: "Es ist mir eine Freude, Sie zu diesem ganz besonderen Ereignis zu begrüßen, zu einer Ausstellung mit Objekten, die zurück nach Hause gekommen sind. Das ist ein wichtiges Signal dafür, dass wir unser Kulturerbe schützen."
In den vergangenen Jahren ist das den ägyptischen Behörden in vielen Fällen nicht gelungen. Insbesondere während der politisch unruhigen Zeiten ab der Revolution 2011 boomte der illegale Handel mit antiken Schätzen vom Nil. "Ware" gab es plötzlich reichlich. Während die Sicherheitskräfte mit anderen Krisen beschäftigt waren, wurde im Ägyptischen Museum und anderen Sammlungen eingebrochen. Und auch der uralte Berufsstand der Grabräuber hatte wieder Zulauf, so Cornelius von Pilgrim, Direktor des Schweizer Archäologischen Institutes in Kairo:
"Die gibt es heute mehr denn je. Die gab es natürlich schon seit dem Altertum, muss man sich klar machen. Aber seit einigen Jahren ist es ein boomendes Geschäft. Aber die Objekte, die hier zurückgegeben worden sind, sind nicht nur, Objekte, die aus Raubgrabungen stammen, sondern auch aus Einbrüchen in offizielle Magazine. Das ist tatsächlich Hehler-Ware und das ist sehr erfreulich, dass so etwas auch zurückgeführt werden kann."
Über 500 illegal außer Landes gebrachte Kunstobjekte konnten in den vergangenen 18 Monaten wieder nach Ägypten zurückgebracht werden, so Minister El Damaty. 198 von ihnen sind in der Ausstellung zu sehen.
Der Botschafter Österreichs in Ägypten, Georg Stillfried, erfreute sich bei der Eröffnung an einer filigranen Kalkstein-Statuette, einst eine Grabbeigabe. Sie war in Innsbruck beschlagnahmt worden:
"Es ist ein Uschebti aus der 26. Dynastie, späte Zeit, vor Christus. Da hat jemand versucht das zu verkaufen und die Polizei hat diese Person verhaftet. Wäre ich Ägypter, wäre ich auch stolz drauf, dass diese Dinge wieder zurückkommen. Und vor allem, dass wir sie hier gut ausstellen können."
Problem mit der jungen Generation
Die Zusammenarbeit der internationalen Ermittlungsbehörden habe sich in den letzten Jahren in Sachen Kulturgüterschutz deutlich verbessert, so Botschafter Stillfried:
"Es klingt ja sehr einfach, wenn wir sagen: Wurde in Innsbruck gefunden und nach Kairo zurückgebracht. Wenn man sich anschaut, wer da alles involviert ist. Zunächst mal auf der österreichischen Seite die Polizeibehörden, die Justizbehörden, und auf ägyptischer Seite die Zollbehörden, die Antiquitätenverwaltung, das Innenministerium, das Außenministerium. Das heißt: Wir haben jetzt, glaube ich, ein Verfahren gefunden, wo diese Abläufe, wo viele Behörden auf beiden Seiten miteinander arbeiten müssen, reibungsloser funktionieren, als es vielleicht noch vor 20 Jahren der Fall gewesen ist."
"Diebe gibt es überall", so Khaled El Anany, Generaldirektor des Ägyptischen Museums. "Aber wir haben hier ein ernsthaftes Problem mit dem Geschichtsbewusstsein unserer jungen Generation."
Aus Deutschland wurden in den vergangenen anderthalb Jahren über 50 Objekte nach Ägypten rückgeführt. Besonders beeindruckend ist ein 3400 Jahre altes Fragment einer Wandmalerei. Sie stammt aus einem Grab aus der Zeit von Pharao Thutmosis IV. und zeigt in immer noch leuchtenden Farben Palmwedel tragende und musizierende Diener.
"Ein deutsches Ehepaar hat es der ägyptischen Regierung geschenkt", so Ausstellungskuratorin Sabah Abdel Raziq. "Nachdem diese Leute erkannt hatten, dass man ihnen Schmuggelware verkauft hatte, haben sie es zurückgegeben."
Man muss nur bei Ebay schauen
Im Fall der kostbaren Elfenbeinfigur, die Cornelius von Pilgrim persönlich in Assuan ausgegraben hat, musste unterdessen Kommissar Zufall helfen.
"Das ist ein kleines Elfenbeinfigürchen aus der ägyptischen Spätzeit, was bisher in seinem Stil fast einzigartig ist, hier in Ägypten. Von daher hat es einen enormen kunsthistorischen Wert."
Ausreichend bewacht war es trotzdem nicht. Zusammen mit anderen Fundstücken wurde die gut 2500 Jahre alte Figur aus dem staatlichen Magazin-Gebäude gestohlen. Von Pilgrims Ehefrau, selbst Archäologin, fand sie vor kurzem im Internet-Angebot einer Galerie aus Oberhausen wieder:
"Man muss nur bei Ebay schauen, welches boomende Angebot es dort gibt seit einigen Jahren. Und da ist es letztlich auch unsere Pflicht, regelmäßig zu recherchieren und zu schauen, ob dort Stücke auftauchen, die uns bekannt vorkommen. Und wir machen regelmäßig solche Surveys. Und dann stand das Stück wieder vor einem. Das war "click and buy". Man hätte es sofort reservieren können und so war natürlich Eile geboten. Dank der schnellen Unterstützung seitens der deutschen Botschaft, des BKAs und der Polizei in Oberhausen konnte das innerhalb von zwölf Stunden beschlagnahmt werden."
Die Herkunftspapiere waren gefälscht. Die Ermittlungen dauern noch an. Erst danach darf die Elfenbeinfigur von Oberhausen zurück "nach Hause".