Ältester Schauspieler der Welt gestorben

Von Bernd Sobolla |
Im Alter von 108 Jahren ist Johannes Heesters am 24. Dezember gestorben. Der gebürtige Niederländer galt als einer der ganz großen Stars im deutschen Film- und Showgeschäft - und stand bis zuletzt auf der Bühne. Ein Nachruf.
"Ich möchte 100 Jahre werden, ohne Beschwerden 100 werden. Das wäre was, das wäre was, das wäre was für mich."

100 Jahre alt wollte Johannes Heesters werden. Und er schaffte es. Am Ende waren es sogar ein paar Jahre mehr. 1903 im niederländischen Amersfoort geboren, wollte Johannes Marius Nicolaas, wie er eigentlich mit bürgerlichem Namen heißt, ursprünglich Priester werden. Kein Zweifel, eine Sünde gegen die Frauen dieser Welt. Und so versuchte er sich im Bankgewerbe und als Maler von Werbeplakaten, ehe er in Amsterdam eine Schauspiel- und Gesangsausbildung absolvierte.

Bereits als Bühnenneuling fiel seine Stimme auf. Und in Berlin hätte Heesters nach einem Probesingen Mitglied einer Gesangsgruppe werden können, die Mitte der 20er-Jahre aber noch unbekannt war und kein Geld verdiente. Heesters verzichtete, und so mussten die Comedian Harmonists ohne ihn berühmt werden. Aber auch seine Karriere begann in Berlin, wo er sich ab 1935 an der Komischen Oper, am Metropoltheater und im Admiralspalast zum Publikumsliebling entwickelte und zum Inbegriff der leichten Muse. Das Publikum war begeistert, schnell entdeckte ihn die Ufa, und noch im selben Jahr bekam er seine erste Filmrolle. Johannes Heesters avancierte zum singenden, charmante Beau, die Frauen lagen ihm zu Füßen, und er lockte Millionen Besucher in die Kinos: "Der Bettelstudent", "Hallo, Janine!" oder "Gasparone" lauteten die ersten Titel aus einer unendlichen Reihe.

Obgleich man Heesters ein distanziertes Verhältnis zum Nationalsozialismus nachsagte, gehört er, der sich selbst als "unpolitischen Künstler" bezeichnete, zu den meistbeschäftigten Stars in den deutschen "Ablenkungsfilmen" der Kriegsjahre. Eine Tatsache, die ihm viele seiner holländischen Landsleute übel nahmen. Aber auch nach dem Krieg war sein Können gefragt. Schon 1947 stand Heesters als österreichischer Bürger in Wien wieder vor der Kamera und auf der Bühne. Gastspiele in Deutschland bestätigten seine ungebrochene Beliebtheit. Und bald drehte "Jopie", wie ihn seine Fans liebvoll nannten, auch wieder in Berlin, zum Beispiel "Viktor und Viktoria".

"Ich bin erst seit einer Woche hier und stehe jeden Morgen um halb sieben vor der Kamera. Also halb sieben werde ich abgeholt. Da stehe ich ganz allein am Kürfürstendamm und warte bis der Wagen kommt. Fußgänger, die vorbeigehen, die sagen dann: "Na, Johannes, Mensch, geh doch mal endlich schlafen!" Die denken, ich bummle dann. / Lachen"

In Filmen wie "Heute heiratet mein Mann" oder "Junge Leute brauchen Liebe", stellte Heesters seinen unverwüstlichen Charme unter Beweis, auch wenn er nicht mehr an seine alten Leinwanderfolge anknüpfen konnte. Auf der Bühne konzentrierte sich der Künstler meist auf bewährte Rollen des Musiktheaters. In der Rolle des Grafen Danilo in Leháres "Lustiger Witwe" zum Beispiel brachte er es auf 1.600 Einsätze. Aber Heesters macht auch Abstecher in andere Bereiche.

"Es war natürlich nicht sehr leicht für mich, weil ich bin Holländer, nicht wahr. Mit der deutschen Sprache ist es noch immer nicht so besonders gut. Aber ich bemühe mich wenigstens. Aber jedenfalls die Shakespeare-Texte habe ich so auswendig gelernt, dass ich ohne Fehler auf der Bühne stand. Mit dem und der und das und die…. "

Im Fernsehen trat Heesters als Roulette-Gauner, Weingutbesitzer oder Rennstallbesitzer auf. Anfang der 90er Jahre spielte er in der Serie "Zwei Münchner in Hamburg". Aber auch danach konnte von Ruhestand keine Rede sein. Mit seiner 46 Jahre jüngeren Frau Simone Rethel, die er 1992 heiratete, stand Johannes Heesters mehrmals gemeinsam auf der Bühne, unter Anderem in dem für ihn geschriebenen Stück "Ein gesegnetes Alter". Für seine Rolle darin wurde er 1997 gar ins Guinness Buch der Rekorde aufgenommen: Als ältester Schauspieler der Welt hatte er 250 Mal in einer Hauptrolle auf der Bühne gestanden.
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