Joachim Wagner: "Rechte Richter. AfD-Richter, -Staatsanwälte und -Schöffen: eine Gefahr für den Rechtsstaat?"
BWV-Verlag, Berlin 2021
194 Seiten, 29 Euro
Ein Weckruf an den Rechtsstaat
07:14 Minuten
Politische Meinungen in Urteilen sind aus Sicht des Juristen Joachim Wagner ein Alarmsignal. Bisher hätten sich Richter mit Parteibuch an das Mäßigkeitsgebot gehalten. Doch manche mit AfD-Parteibuch oder -Gedankengut überschritten nun Grenzen.
In Deutschland dürfen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und auch Richterinnen und Richter Mitglieder in Parteien sein. Der Rechtsstaat vertraut darauf, dass sie auch in Robe politisch neutral an der Rechtsprechung mitwirken.
Politik aus den Gerichtssälen heraus
Der Jurist und Journalist Joachim Wagner diagnostiziert nun allerdings, dass Juristen, namentlich Mitglieder der AfD, versuchten, aus den Gerichtssälen heraus Politik zu machen. In seinem Buch "Rechte Richter" führt Wagner Fälle auf, in denen Juristen seiner Meinung nach und zum Teil auch nach Disziplinarrecht-Urteilen über die Stränge geschlagen haben.
Der einstige stellvertretende Chefredakteur im ARD-Hauptstadtstudio und "Panorama"-Moderator glaubt nicht, dass es sich bei dem Phänomen bereits um eine aktuelle Gefahr für den Rechtsstaat handelt: "Das Buch ist gewissermaßen ein Weckruf – nach dem Motto: Wehret den Anfängen", betont Wagner.
Der Journalist verweist aber darauf, dass sich inzwischen politische Meinungen in Urteilen fänden: "Das war bisher eigentlich tabu", so Wagner. Er führt beispielhaft Meinungsbekundungen zu Migration ebenso wie zu Maßnahmen der Regierung in der Coronapandemie an.
Richterliche Zurückhaltung
Es gebe natürlich auch Richter mit Unions- oder SPD-Parteibuch, sagt Wagner, die hätten sich indes politisch zurückgehalten. Das Neue sei, dass einige Richter mit AfD-Hintergrund – nicht alle – einen nicht geschriebenen Verhaltenskodex oder die Bestimmungen im Richtergesetz verletzten und die richterliche Zurückhaltung aufgäben.
Wagner beklagt zudem, dass erstens die Justiz auf die neue Herausforderung von Richtern mit AfD-Mitgliedschaft oder mit AfD-Gedankengut bisher nicht angemessen reagiert habe. Zweitens hätten die Justizverwaltungen bei der Einstellung nicht genügend geprüft, ob Bewerber für das Amt eines Richters oder eines Staatsanwaltes eventuell einen rechtsextremistischen Hintergrund haben.
(mfu)