Die AfD im Bundestag

Die ganz große Bühne wird's nicht mehr

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Die AfD-Fraktion stimmt für ihren Antrag bei der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags, alle heben die Hand.
Die Abgeordneten der anderen Parteien im Bundestag lassen sich längst nicht mehr so von der AfD provozieren wie vor einigen Jahren, meint Maria Fiedler. © picture alliance / dpa / Kay Nietfeld
Maria Fiedler im Gespräch mit Dieter Kassel · 09.12.2021
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Die AfD bekommt zwar den Vorsitz im Innenausschuss, ist aber nicht mehr Oppositionsführerin im Bundestag. Für die Partei dürfte es damit schwieriger werden, die Aufmerksamkeit des Parlaments auf sich zu ziehen.
Schlappe für die AfD: Zum zweiten Mal ist ihr Kandidat für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten bei der Abstimmung durchgefallen. Lediglich 94 Abgeordnete stimmten für den thüringischen AfD-Politiker Michael Kaufmann - bei 572 Gegenstimmen. An anderer Stelle hingegen erzielte die Partei einen Erfolg: Sie wird den Vorsitz im Innenausschuss bekommen.
Dabei habe es wohl im Vorfeld Absprachen der anderen Parteien gegeben, die verhindern sollten, dass die AfD die Leitung von Innen-, Rechts- oder Verteidigungsausschuss bekommt, sagt Maria Fiedler, politische Korrespondentin im Hauptstadtbüro des Tagesspiegels und Co-Autorin eines Buchs über die Partei ("Die Methode AfD. Der Kampf der Rechten: Im Parlament, auf der Straße - und gegen sich selbst").
„Aber dann haben die Grünen nicht wie vorgesehen den Innenausschuss gezogen, sondern sich den Europaausschuss geholt, für Toni Hofreiter, der ja bei der Vergabe der Ministerien leer ausgegangen ist“, sagt Fiedler.

Den Umgang mit der AfD gelernt

Heikel, findet die Journalistin, denn jetzt leite ausgerechnet die Partei den Innenausschuss, die in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet werde.
Insgesamt bescheinigt Fiedler den anderen Parteien im Umgang mit der AfD aber einen Lernprozess. Anfangs habe sich alles um die AfD und die Auseinandersetzung mit ihr gedreht, was der Partei die ganz große Bühne verschafft habe.
„Im Laufe der Zeit hat man aber gemerkt, dass das eigentlich nicht der gute und sinnvolle Umgang ist, und man hat angefangen, eher kurz auf die Provokationen der AfD zu reagieren, auch wieder die eigenen Inhalte in den Mittelpunkt zu stellen oder auch die AfD mal ganz zu ignorieren.“

Verlust an parlamentarischer Aufmerksamkeit

Auch in anderer Hinsicht dürfte die AfD mit dem Regierungswechsel an parlamentarischer Aufmerksamkeit verlieren: Sie muss die Oppositionsführerschaft an die Union abtreten, die sich ihrerseits wiederum deutlich konservativer positionieren könnte.
„Man sieht schon, dass die Union jetzt zum Teil ihre Tonlage, zum Beispiel in Sachen Migration, verschärft, und in der AfD gibt es eine große Debatte darüber, wie man damit umgeht", so Fiedler. "Und manche in der AfD glauben, dass es vielleicht nur geht, indem man noch provokanter formuliert.“
Der AfD-Politiker Alexander Gauland habe bereits angekündigt, er wolle einen Spaltpilz in die Union treiben, aber auch Positionen aufgreifen, die die Union eigentlich gut finden müsse, sagt die Journalistin: „Man will da die Union ein Stück weit vorführen. Aber langfristig ist es natürlich auch die Idee der AfD, die Union zu einer Zusammenarbeit zu bewegen.“ Sie rechne aber nicht damit, dass sich die Union dazu verführen lasse, so Fiedler.

Katja Bauer / Maja Fiedler: "Die Methode AfD. Der Kampf der Rechten: Im Parlament, auf der Straße - und gegen sich selbst"
Verlag Klett-Cotta 2021
336 Seiten, 20 Euro

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