Kritik an "imperialistischen und kolonialistischen Aktivitäten"
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Der Afghanistan-Einsatz sei von Anfang an ungerechtfertigt gewesen, sagt der Bonner Philosoph Markus Gabriel. Es habe sich durch den Taliban-Machtwechsel auch gezeigt, wie wenig nachhaltig die militärische Intervention gewesen sei.
Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan mehren sich die Stimmen, die den Militäreinsatz dort von Anfang an falsch fanden. Zu ihnen gehört auch der Bonner Philosoph Markus Gabriel.
"Erstens war er nicht nur komplett umsonst, sondern hat Schaden angerichtet", kritisiert Gabriel. Der "War on Terror" der US-Regierung sei von Anfang an ungerechtfertigt gewesen.
Selbst wenn durch "Kolonialismus" etwas Gutes erzeugt werde, sei das dadurch nicht gerechtfertigt, argumentiert Gabriel. Das Gute bezieht der Philosoph auf Nebeneffekte des Einsatzes wie die Möglichkeit für Mädchen, zur Schule zu gehen, und für Frauen, berufstätig sein zu dürfen. Diese Entwicklungen seien allerdings nicht nachhaltig, wie sich jetzt zeige.
Deutsche Mitschuld
Gabriel sieht auch eine Mitschuld bei den Deutschen. "Wir haben in diesem Fall teilgenommen, mit guter Absicht." Das wolle er nicht bestreiten. Trotzdem habe es sich um "imperialistische, kolonialistische Aktivitäten" gehandelt.
In Afghanistan zeige sich jetzt, dass es eben keine sehr wehrhafte, freiheitlich orientierte Gesellschaftsordnung sei. Die abgelöste Regierung sei weder in ihren Überzeugungen noch militärisch stark genug gewesen, um sich gegen "diese brandgefährliche Terrorbande" zu verteidigen.
In Afghanistan zeige sich jetzt, dass es eben keine sehr wehrhafte, freiheitlich orientierte Gesellschaftsordnung sei. Die abgelöste Regierung sei weder in ihren Überzeugungen noch militärisch stark genug gewesen, um sich gegen "diese brandgefährliche Terrorbande" zu verteidigen.
Kritik an Interventionspolitik
"Wir können nicht überall dort intervenieren, wo das moralisch Richtige nicht getan wird", sagt Gabriel. Sonst müsste man sofort durch einen Interventionskrieg Xi Jinping in China oder Jair Bolsonaro in Brasilien ablösen.
Man müsse einsehen, dass der Westen nicht wichtig genug sei, um selbst richtige Überzeugungen wie beispielsweise die Gleichstellung der Frauen überall mit Waffengewalt durchzusetzen.
Deutschland habe aber moralische Verpflichtungen und sei berechtigt, alles dafür zu tun, um Menschen zu helfen, findet Gabriel. Deshalb sei es auch richtig, Mädchen und Frauen jetzt möglichst vor dem Taliban-Terrorregime zu schützen.
(gem)