Hungern oder sich vor dem Virus schützen
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Die Coronapandemie könnte in vielen afrikanischen Ländern mit beschränktem Gesundheitswesen katastrophale Auswirkungen haben. Zumal viele Menschen die verhängten Schutzmaßnahmen kaum einhalten können, sagt die Nothilfeexpertin Kathryn Taetzsch.
Auf die Entwicklungs- und Schwellenländer rollt eine Katastrophe zu: Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank warnen ebenso wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor schlimmen Szenarien, vor allem in Afrika, wenn sich das Coronavirus dort weiter ausbreitet.
Die Weltgesundheitsorganisation habe "ganz klar gesagt, dass Afrika das nächste Epizentrum des Coronavirus-Ausbruchs sein wird. Und ein großes Problem ist, dass die Testkapazitäten und das öffentliche Gesundheitswesen in vielen Ländern Afrikas ja sehr beschränkt sind", sagt Kathryn Taetzsch, die für World Vision als globale Direktorin für humanitäre Hilfe in Nairobi arbeitet.
Politiker wie der deutsche Entwicklungsminister Gerhard Müller (CSU) warnen, die Coronakrise könne auch zu politischen Spannungen, Unruhen, Fluchtbewegungen, Hunger und Zerfall von Staaten führen.
Dunkelziffer ist vermutlich hoch
Die offiziellen Infektionszahlen sind im Vergleich zu Europa zwar noch sehr niedrig: gerade einmal 20.000 Infizierte und etwa 1000 Todesfälle für ganz Afrika. Tests gebe es in vielen Ländern aber erst "seit einigen Wochen", sagt Taetzsch. Deswegen müsse man annehmen, dass die Dunkelziffer sehr viel höher sei. In Kenia habe es beispielsweise schon vor einigen Monaten Medienberichte über eine hohe Anzahl von Lungenkrankheiten gegeben, "die aber nicht mit Covid-19 in Verbindung gebracht worden sind".
Nun herrsche in der Bevölkerung "auch große Panik", sagt Taetzsch. Die meisten Regierungen hätten aber aus der Ebolapandemie gelernt und sehr schnell reagiert, wie beispielsweise Kenia: Dort gebe es nächtliche Ausgangssperren, Bewegungseinschränkungen. Auch viele Geschäfte hätten geschlossen. Der öffentliche Verkehr sei reduziert worden.
Nun herrsche in der Bevölkerung "auch große Panik", sagt Taetzsch. Die meisten Regierungen hätten aber aus der Ebolapandemie gelernt und sehr schnell reagiert, wie beispielsweise Kenia: Dort gebe es nächtliche Ausgangssperren, Bewegungseinschränkungen. Auch viele Geschäfte hätten geschlossen. Der öffentliche Verkehr sei reduziert worden.
Aufklärung ist essenziell
Für viele Kenianer hätten die Einschränkungen aber verheerende Folgen: Denn etwa 60 bis 80 Prozent der Bevölkerung habe kein geregeltes Einkommen und lebe "von der Hand in den Mund", so Taetzsch. Aus deren Sicht seien die Sicherungsmaßnahmen nicht sinnvoll. "Für sie ist oft die Frage, ob sie hungern oder sich vor dem Virus schützen."
Zudem seien die Abstandsregelungen in informellen Siedlungen, wo die Bevölkerungsdichte "unglaublich hoch" sei, nur sehr schwer einzuhalten, meint Taetzsch. Auch die Hygienemaßnahmen seien schwer umzusetzen. Um trotzdem für Verständnis bei der Bevölkerung für die Sicherungsmaßnahmen zu werben, sei "Aufklärung essenziell".
(lkn)