Afrika in deutschen Medien
Das Image der Afrika-Berichterstattung deutscher Medien ist nicht das Beste: oberflächlich, schematisch, voller Klischees - lauten nur einige Kritikpunkte. Doch wie viel oder wie wenig hat das Afrikabild von Presse und Rundfunk tatsächlich mit der Realität zu tun? Darauf gibt "Journalisten der Finsternis" von Lutz Mükke eine Antwort.
Der deutsche Auslandsjournalismus bedarf der Professionalisierung. Diese These hat Lutz Mükke, Afrikakenner und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Journalistik an der Universität Leipzig, zum Ausgangspunkt für seine Analyse genommen. Akribisch hat er die Arbeitsbedingungen deutscher Korrespondenten in Afrika sowie den Output deutscher Print-Leitmedien und der dpa zum schwarzen Kontinent untersucht.
Inhaltsanalysen und Interviews mit Korrespondenten und deren Abnehmerredaktionen lieferten die Fakten. Aus allen drei Blickwinkeln kam Mükke zum selben Ergebnis: einem Bild des Defizits. Oder, wie er schreibt, die Darstellung von Wirklichkeit könne unter den vorgefundenen Arbeitsbedingungen nur eine entfernte Zielvorstellung sein.
Es ist ein breites Spektrum an Mängeln, das Mükke auflistet. Als "globalen Nutzwertjournalismus", der auf nationalstaatliche Interessen abgestimmt ist und zu "teils absurden Verzerrungen" führt, fasst er zunächst das zusammen, was sich in seiner Inhaltsanalyse gezeigt hat. Krieg, Krisen und Konflikte – das sind die drei großen "Ks", auf die deutsche Medien das Bild von Afrika zuallererst reduzieren. "Namenlose Massen", die "in die Steinzeit verdammt" in der "Hungerfalle" sitzen, sind typische Sprachstereotype dafür.
Aber auch, was darüber hinaus vermeldet wird, unterliegt engen Mustern. Es muss in der Regel einen Bezug zu Deutschland oder deutschen Akteuren haben. Berichte aus der Alltagsperspektive – von Kunst, Kultur, lokaler Wirtschaft oder gar von Erfolgen; aus Geschichte, Religion und Wissenschaft kommen so gut wie gar nicht vor. Die Zivilgesellschaft bleibt fehlt fast komplett. Beobachtet hat Mükke zudem regelrechte handwerkliche Fehler. Dazu zählen falsche Angaben über den Aufenthaltsort von Korrespondenten oder das unüberprüfte Zitieren von Pressemeldungen, die von Hilfsorganisationen herausgegeben wurden.
Die Befragung der Korrespondenten erhellt denn auch schnell, warum die Berichterstattung so ist, wie sie ist. Zum einen bestimmen knappe Ressourcen den Alltag vor Ort. Ein Journalist ist im Durchschnitt für 33 Länder verantwortlich. Das erklärt, warum nur eingeschränkt differenziert berichtet werden kann und einige Länder fast vollständig ausgeblendet werden.
Hinzu kommen erschwerte infrastrukturelle Bedingungen. Für einen vierstündigen Aufenthalt in einem Flüchtlingslager in Darfur etwa müssen zehn Reisetage eingeplant werden – ein enorm hoher Zeit- und Kostenaufwand. Wie und worüber die Korrespondenten berichten können und müssen, entscheiden zum anderen aber auch die Erwartungshaltungen der Heimatredaktionen. Und denen attestiert der Autor ein "weitreichendes Desinteresse" und eine "institutionelle Inkompetenz", wenn es um Afrika geht.
All das hat man schon irgendwie geahnt. Das Verdienst von Mükke jedoch besteht darin, dies auf eine wissenschaftliche Basis gestellt und empirische Daten gesammelt und ausgewertet zu haben. Auch Vorschläge für eine Professionalisierung der Afrika-Berichterstattung bringt Mükke ein.
Damit hat er eine wichtige Diskussionsgrundlage geliefert. Das Buch ist der erste Teil einer Reihe des Instituts für praktische Journalismusforschung der Universität Leipzig, die zur Verbesserung des Journalismus beitragen will. Man darf gespannt sein auf weitere Folgen.
Besprochen von Vera Linß
Lutz Mükke: Journalisten der Finsternis. Akteure, Strukturen und Potenziale deutscher Afrika-Berichterstattung, Herbert von Halem 2009, 557 Seiten, 34,50 Euro
Inhaltsanalysen und Interviews mit Korrespondenten und deren Abnehmerredaktionen lieferten die Fakten. Aus allen drei Blickwinkeln kam Mükke zum selben Ergebnis: einem Bild des Defizits. Oder, wie er schreibt, die Darstellung von Wirklichkeit könne unter den vorgefundenen Arbeitsbedingungen nur eine entfernte Zielvorstellung sein.
Es ist ein breites Spektrum an Mängeln, das Mükke auflistet. Als "globalen Nutzwertjournalismus", der auf nationalstaatliche Interessen abgestimmt ist und zu "teils absurden Verzerrungen" führt, fasst er zunächst das zusammen, was sich in seiner Inhaltsanalyse gezeigt hat. Krieg, Krisen und Konflikte – das sind die drei großen "Ks", auf die deutsche Medien das Bild von Afrika zuallererst reduzieren. "Namenlose Massen", die "in die Steinzeit verdammt" in der "Hungerfalle" sitzen, sind typische Sprachstereotype dafür.
Aber auch, was darüber hinaus vermeldet wird, unterliegt engen Mustern. Es muss in der Regel einen Bezug zu Deutschland oder deutschen Akteuren haben. Berichte aus der Alltagsperspektive – von Kunst, Kultur, lokaler Wirtschaft oder gar von Erfolgen; aus Geschichte, Religion und Wissenschaft kommen so gut wie gar nicht vor. Die Zivilgesellschaft bleibt fehlt fast komplett. Beobachtet hat Mükke zudem regelrechte handwerkliche Fehler. Dazu zählen falsche Angaben über den Aufenthaltsort von Korrespondenten oder das unüberprüfte Zitieren von Pressemeldungen, die von Hilfsorganisationen herausgegeben wurden.
Die Befragung der Korrespondenten erhellt denn auch schnell, warum die Berichterstattung so ist, wie sie ist. Zum einen bestimmen knappe Ressourcen den Alltag vor Ort. Ein Journalist ist im Durchschnitt für 33 Länder verantwortlich. Das erklärt, warum nur eingeschränkt differenziert berichtet werden kann und einige Länder fast vollständig ausgeblendet werden.
Hinzu kommen erschwerte infrastrukturelle Bedingungen. Für einen vierstündigen Aufenthalt in einem Flüchtlingslager in Darfur etwa müssen zehn Reisetage eingeplant werden – ein enorm hoher Zeit- und Kostenaufwand. Wie und worüber die Korrespondenten berichten können und müssen, entscheiden zum anderen aber auch die Erwartungshaltungen der Heimatredaktionen. Und denen attestiert der Autor ein "weitreichendes Desinteresse" und eine "institutionelle Inkompetenz", wenn es um Afrika geht.
All das hat man schon irgendwie geahnt. Das Verdienst von Mükke jedoch besteht darin, dies auf eine wissenschaftliche Basis gestellt und empirische Daten gesammelt und ausgewertet zu haben. Auch Vorschläge für eine Professionalisierung der Afrika-Berichterstattung bringt Mükke ein.
Damit hat er eine wichtige Diskussionsgrundlage geliefert. Das Buch ist der erste Teil einer Reihe des Instituts für praktische Journalismusforschung der Universität Leipzig, die zur Verbesserung des Journalismus beitragen will. Man darf gespannt sein auf weitere Folgen.
Besprochen von Vera Linß
Lutz Mükke: Journalisten der Finsternis. Akteure, Strukturen und Potenziale deutscher Afrika-Berichterstattung, Herbert von Halem 2009, 557 Seiten, 34,50 Euro