Afrikanische Literatur

Deutschen Verlagen ist kein Vorwurf zu machen

07:15 Minuten
Damn Galgut schaut von einer Bühne in die Kamera. Er hat eine Halbglatze und trägt ein schwatz.grau gemustertes Hemd und ein dunkles Sakko, in dessen Knopfloch eine Blume steckt.
Damon Galgut bei der Gala zur Verleihung des Booker Prize 2021. Er plädiert für mehr Aufmerksamkeit für afrikanische Literatur. © picture alliance / empics / David Parry
Anita Djafari im Gespräch mit Joachim Scholl |
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Booker-Prize-Gewinner Damon Galgut hat sich beklagt, Literatur aus Afrika bekomme nicht genug Unterstützung. Anita Djafari, frühere Geschäftsführerin des Vereins Litprom, sieht kein Problem bei den Verlagen, aber ein geringes Interesse beim Publikum.
Anita Djafari, lange Geschäftsführerin der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika (Litprom), hält nichts von pauschalen Aussagen wie jener, dass die afrikanische Literatur in Europa zu wenig beachtet werde. Sie sieht eher ein Vermittlungsproblem.
Der Booker-Prize-Träger Damon Galgut hatte sich jüngst in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur entsprechend geäußert: „Junge Afrikaner wollen schreiben. Aber es gibt kein Ventil für ihre Geschichten“, sagte er. Der Südafrikaner bemängelte weiter, es fehle an Verlagen und Buchhändlern auf dem Kontinent selbst. Eine Mitschuld gab Galgut aber auch den westlichen Verlagen, wo man immer noch allzu reserviert sei gegenüber afrikanischer Literatur.

Pauschale Vorwürfe nicht gerechtfertigt

Djafari findet es legitim, dass Galgut seine Prominenz als Booker-Preisträger nutzt, um für Literatur aus Afrika zu werben und seinem Ärger Ausdruck zu verleihen und darauf aufmerksam zu machen, dass es dort sehr viel mehr gute Literatur gebe, als anderswo ankommt. "Aber so einen pauschalen Vorwurf würde ich nicht stehen lassen", sagt sie und fügt an: "Er nützt auch nichts.“
Djafari betont, es habe schließlich einige Bücher des Literaturnobelpreisträgers Abdulrazak Gurnah schon auf Deutsch gegeben, als dieser überraschend als Gewinner der wichtigsten Auszeichnung für Literatur ausgerufen wurde.
Es habe zwar lange zurückgelegen, dass sie auf Deutsch erschienen sind, sagt Djafari. Aber das könne man den Verlagen nicht vorwerfen: Sie seien eben vergriffen gewesen. Es sei aber mitnichten „so, dass Verlage gar nichts gemacht hätten“. Abdulrazak Gurnah sei zudem sowohl bei Großverlagen als auch bei kleinen Nischenverlagen erschienen.

Programme mit afrikanischer Literatur

Es sei eher so, dass Gurnahs Bücher nicht ausreichend wahrgenommen wurden: „Vielleicht ist das Publikum noch nicht so weit gewesen“, sagt die Lektorin und Übersetzerin, die Ende 2020 in den Ruhestand gegangen ist.
Unabhängig vom Beispiel des Nobelpreisträgers gebe es im deutschsprachigen Raum seit vierzig Jahren den Peter Hammer Verlag, der mit afrikanischer Literatur begonnen habe, oder den kleinen Verlag Das Wunderhorn, der jedes Jahr ein bis zwei Titel aus afrikanischen Ländern herausbringe.
„Also: Es ist nicht so, dass es nichts gibt“, bilanziert sie und merkt an: „Die Verlage brauchen ja auch Leser und Leserinnen." Bei ihnen sieht sie eher den Grund dafür, dass nicht mehr Titel aus Afrika auf Deutsch erscheinen. Verlage müssten ihre Bücher eben auch verkaufen.

Vermittlungsproblem in Deutschland

Sie sieht daher eher ein Vermittlungsproblem. „Ich bin ja selber 40 Jahre Mitglied gewesen bei Litprom, in dieser Vermittlungsagentur, wenn man so will“, sagt Djafari. „Am Anfang waren wir auch noch sehr missionarisch.“ Da sei es zunächst darum gegangen, überhaupt was auf den Markt zu bringen. Aber, so Djafari: „Das hat sich ganz gravierend geändert.“
Zu den Bemühungen um Vermittlung zählt sie auch die Litprom-Bestenliste "Weltempfänger", deren Jury sie vorsitzt: Eine solche Liste brauche es in der Aufmerksamkeitsökonomie: „Wir sind schon ein bisschen dafür zuständig, dass diese Literaturen in Übersetzung nicht ganz untergehen. Das ist unsere Mission, wenn man so will.“
Litprom gibt die Liste vierteljährlich heraus. Eine Jury wählt dafür die besten Titel aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der Arabischen Welt aus.
(mfu)

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