Späte Spurensuche einer Afrodeutschen

Mit den eigenen Kindern kamen die Fragen

34:43 Minuten
Schwarzweißaufnahme von einem kleinen Mädchen mit ihrer Mutter in einem Strandkorb
Jutta in den 60er-Jahren mit ihrer Mutter am Strand. © privat
Fanny Kniestedt im Gespräch mit Caro Korneli |
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Jutta Weber kommt 1964 als Tochter einer weißen Deutschen zur Welt. Ihren jamaikanischen Vater kennt sie nicht. Dass Jutta Schwarz ist und ihr Vater abwesend, ist für sie lange kein Thema. Das ändert sich erst, als sie selbst Kinder bekommt.
Jutta wächst in einer behüteten westdeutschen Kleinstadt auf. Sie ist das einzige Schwarze Kind weit und breit. Über ihren Vater erfährt sie nichts – und soll auch nicht nach ihm fragen. Als sie das erste Mal erkennt, dass ihre Hautfarbe anders als die der anderen ist, schiebt sie dieses Bild ganz weit weg. 

Ich hab mich das nicht getraut, mich mit diesem Schwarzen Mädchen zu identifizieren, sondern eher mit allem, was mich mit den anderen weißen Kindern um mich herum verbindet. Immer hab ich eher das Verbindende gesucht, als das Trennende. Und das Schwarze war halt das Trennende.

Jutta Weber

Doch fängt sie an, Bücher zu lesen, hält unbewusst Ausschau nach ihrem Vater. Sie sucht auf Plattencovern nach ihm, da sie nur weiß, dass er Musiker gewesen sein soll.
Mit Anfang 20 fängt sie an, Medizin zu studieren. Sie glaubt, dass sie ihren Frieden gemacht hat – mit sich und der Abwesenheit ihres Vaters. Doch mit ihrem Schwarzsein ist sie immer noch unsicher. Sie fühlt sich wie eine Hochstaplerin.

Ich hatte das Gefühl, es gibt so viele Themen, die man vielleicht mit Schwarzen hat, von denen ich keine Ahnung habe. Ich habe gedacht, ich sehe so aus, als würde ich dazugehören, aber ich hab keine Ahnung, ich gehöre nicht dazu.

Jutta Weber

 Mit 40 auf Vatersuche

Dann bekommt sie Kinder. Und die stellen Fragen. Jutta merkt - da gibt es immer noch eine Lücke. Mit 40 will sie sich den Fragen stellen und macht sich gemeinsam mit ihren Kindern auf die Suche nach ihrem Vater.
Tochter und Vater tragen Sonnenbrillen und strahlen in die Kamera.
Spätes Kennenlernen: Jutta Weber mit ihrem Vater.© privat
Fanny Kniestedt erzählt bei “Plus Eins” die Geschichte von Jutta Weber, die erst spät im Leben das Rätsel um ihren Vater löst. Eine Geschichte über Herkunft, die zeigt, dass die Frage “Woher kommst Du?” für andere oft wichtiger ist als für einen selbst. Und dass sich Unverarbeitetes in die nächste Generation weiterträgt, wenn man es nicht löst.

Zum Weiterlesen:
Jutta Weber: "Rastavati - Wie ich meine jamaikanischen Wurzeln fand"
Rowohlt Taschenbuch, Hamburg 2017
256 Seiten, 9,99 Euro

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