Bessere Böden durch Bäume auf dem Feld
07:01 Minuten
Bäume sind natürliche Filter: Wer sie auf Felder pflanzt, sorgt dafür, dass weniger Nitrat ins Grundwasser gelangt. Außerdem schützen sie vor Bodenerosion, fördern Artenvielfalt. Doch die EU-Subventionspolitik erschwert bisher oft die Agroforstwirtschaft.
Der Landwirt Thomas Domin betreibt einen Hof in Peickwitz, im südlichen Brandenburg. Häufig bei ihm auf den Äckern ist seit ein paar Jahren Christian Böhm, Forstwissenschaftler an der Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg. Im Rahmen des Forschungsprojekts "Aufwerten" versuchen sie, die Landwirtschaft nachhaltiger zu machen. Dazu haben sie 30.000 Bäume zwischen die Felder gesetzt.
Am Rande eines Felds, in einem Streifen, in dem Pappeln und Schwarzerlen wachsen, haben der Landwirt Domin und der Wissenschaftler Böhm Rohre in den Boden getrieben. Damit wollen sie Grundwasserproben nehmen. Zuerst sitzt der Rohrdeckel fest, schließlich lässt er sich öffnen.
Bäume nehmen überflüssiges Nitrat auf
Die beiden Männer treibt die Frage um, ob Bäume verhindern können, dass zu viel Nitrat ins Grundwasser gelangt? In Deutschland landet nämlich durch Mineral- und tierischen Dünger jede Menge Stickstoff auf den Feldern. In Form von Nitrat sickert er bis ins Grundwasser und verschmutzt es. Die Wasserwerke müssen das Wasser teuer aufbereiten, damit es trinkbar ist. Domin und Böhm mühen sich mit Pumpe, Wasserschlauch und Rohr. Eine Eigen-Konstruktion.
"Das ist in der Wissenschaft häufig so, dass man keine anwenderfreundlichen Systeme hat. Das ist häufig Marke Eigenbau."
"Das ist in der Wissenschaft häufig so, dass man keine anwenderfreundlichen Systeme hat. Das ist häufig Marke Eigenbau."
"Jetzt haben wir es."
"Gib mal den Schlauch, sonst wirst du nass."
"Mir fehlt noch ein Kabel."
Dank der Bäume gelingt es Böhm und Domin, einen Kreislauf herzustellen: Über die Wurzeln nehmen die Bäume tatsächlich überschüssiges Nitrat aus dem Boden auf. Sie brauchen es, um zu wachsen.
"Wir konnten hier auf der Fläche schon mit den Ergebnissen, die wir jetzt hatten, zeigen, dass innerhalb dieses Pappelstreifens deutlich weniger Nitrat im Grundwasser ist. Man kann sagen, dass wir hier innerhalb des Pappelstreifens im Grundwasser so im Mittel zwei bis fünf Milligramm Nitrat gemessen haben. Und direkt in der Ackermitte sind es dann schon 20 bis 30 Milligramm Nitrat, deutlich mehr."
Dank der Bäume gelingt es Böhm und Domin, einen Kreislauf herzustellen: Über die Wurzeln nehmen die Bäume tatsächlich überschüssiges Nitrat aus dem Boden auf. Sie brauchen es, um zu wachsen.
"Wir konnten hier auf der Fläche schon mit den Ergebnissen, die wir jetzt hatten, zeigen, dass innerhalb dieses Pappelstreifens deutlich weniger Nitrat im Grundwasser ist. Man kann sagen, dass wir hier innerhalb des Pappelstreifens im Grundwasser so im Mittel zwei bis fünf Milligramm Nitrat gemessen haben. Und direkt in der Ackermitte sind es dann schon 20 bis 30 Milligramm Nitrat, deutlich mehr."
Die Nitratwerte im Grundwasser unter den Bäumen sind völlig unbedenklich. Böhms Studien haben außerdem Untersuchungen aus den Fünfzigerjahren bestätigt. Gehölze schützen den Boden:
"Wenn ich Abstände zwischen zwei Gehölzstreifen von 50 Metern habe, dann erreiche ich eine Reduzierung der erosionsrelevanten Winde. Und diese Winde kann ich bei einem Abstand von 50 Metern ungefähr um 80 bis 90 Prozent reduzieren."
Das funktioniert selbst im Winter, wenn das Laub abgefallen ist. Sind Bäume in der Nähe, bleibt der fruchtbare Boden auf dem Feld und fördert das Pflanzenwachstum. Das tut not, denn weltweit gehen jedes Jahr Millionen Hektar fruchtbarer Boden verloren.
Ein natürlicher Schutz vor Verdunstung
Und es geht noch mehr: Die Bäume fördern die Artenvielfalt und stabilisieren besonders in Jahren mit trockenen und heißen Sommern die Erträge, da sie vor Verdunstung schützen.
"Das habe ich dazugelernt. Ein Landwirt hat sehr viele Restriktionen. Und nicht immer liegt es am Landwirt, dass viele Dinge nicht gemacht werden. Und wenn man dem mehr Freiraum gibt, denke ich – der Landwirt ist per se eigentlich auch kein schlechter Mensch – würde er viele Dinge auch ändern von sich aus."
Trotz der vielen Vorteile der Agroforstwirtschaft setzen Bauern und Bäuerinnen kaum Bäume auf ihre Felder. Das liegt an der Agrarförderung. Zurzeit fließen jährlich rund 6,3 Milliarden Euro an EU-Mitteln zu den Landwirten in Deutschland. Das meiste Geld geht dabei als Direktzahlung an die Bauern. Grob gerechnet erhalten sie bundesweit um die 300 Euro pro Hektar Land.
"Dann ist es derzeit so, dass die Agrarförderung Agroforstwirtschaft gar nicht kennt. Sie kennt auf einer Fläche, auf einem Schlag, das ist die kleinste Bewirtschaftungseinheit in der Landwirtschaft, auf diesem einen Schlag kennt sie nur eine einzige Ackerfrucht. Es gibt auch Gemenge, es gibt ein paar Sonderfälle, aber Bäume zählen nicht als einjährige Kultur sondern als sogenannte Dauerkultur. Und eine einjährige Kultur und eine Dauerkultur können nicht zusammen auf einem Schlag existieren, das widerspricht den Gegebenheiten der Agrarförderung und das ist ein riesen Problem."
"Das habe ich dazugelernt. Ein Landwirt hat sehr viele Restriktionen. Und nicht immer liegt es am Landwirt, dass viele Dinge nicht gemacht werden. Und wenn man dem mehr Freiraum gibt, denke ich – der Landwirt ist per se eigentlich auch kein schlechter Mensch – würde er viele Dinge auch ändern von sich aus."
Trotz der vielen Vorteile der Agroforstwirtschaft setzen Bauern und Bäuerinnen kaum Bäume auf ihre Felder. Das liegt an der Agrarförderung. Zurzeit fließen jährlich rund 6,3 Milliarden Euro an EU-Mitteln zu den Landwirten in Deutschland. Das meiste Geld geht dabei als Direktzahlung an die Bauern. Grob gerechnet erhalten sie bundesweit um die 300 Euro pro Hektar Land.
"Dann ist es derzeit so, dass die Agrarförderung Agroforstwirtschaft gar nicht kennt. Sie kennt auf einer Fläche, auf einem Schlag, das ist die kleinste Bewirtschaftungseinheit in der Landwirtschaft, auf diesem einen Schlag kennt sie nur eine einzige Ackerfrucht. Es gibt auch Gemenge, es gibt ein paar Sonderfälle, aber Bäume zählen nicht als einjährige Kultur sondern als sogenannte Dauerkultur. Und eine einjährige Kultur und eine Dauerkultur können nicht zusammen auf einem Schlag existieren, das widerspricht den Gegebenheiten der Agrarförderung und das ist ein riesen Problem."
Thomas Domin muss auf die Förderung nicht verzichten, weil er schnell wachsende Pappeln und Schwarzerlen anbaut, um in kurzen Zeitabständen viel Holz für die Energiegewinnung zu ernten. Seine Bäume darf er nur auf Ackerland setzen, folglich werden sie genauso gefördert wie Mais, Weizen oder Hülsenfrüchte. Für Bauern und Bäuerinnen hingegen, die Ulmen und Ahorn pflanzen – für Möbel, Vertäfelungen und Blockflöten für Kinder – ist die Situation eine andere.
"Agroforst beschränkt sich ja nicht nur auf Energieholzproduktion, man kann ja auch mit Agroforst Nutzholzstrukturen schaffen und da ist in der Tat das Problem, dass man im Moment die Förderfähigkeit für diesen Bereich verliert", sagt Michael Stübgen, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
"Wir haben allerdings auch schon vor sieben Jahren darauf gedrungen, dass wir Agroforstsysteme in die Förderfähigkeit bekommen beziehungsweise erhalten wollen und damit deckt sich das, was dieser Agrarausschuss des Europaparlaments jetzt beschlossen hat."
Die Agrarfachleute der EU wollen mehr Fördergelder für Agroforst-Bauern, ganz gleich ob sie Obstbäume pflanzen, Bäume für die Möbelherstellung oder Energiegewinnung. Doch offen ist, wie das neue europäische Parlament, das jetzt gewählt wird, entscheidet.
Mehr Aufmerksamkeit für die Agroforstwirtschaft
In dem Baumstreifen von Bauer Domin in Brandenburg lässt Christian Böhm das abgestandene Wasser ablaufen. Er möchte nur frisches Grundwasser auffangen. Dazu hält er schließlich eine leere Plastikflasche in den Strahl.
Um anderen Bauern die Agroforstwirtschaft schmackhaft zu machen, werden Böhm, weitere Forscher und ihre Praxispartner wie Thomas Domin Ende Juni den Deutschen Fachverband für Agrarforstwirtschaft gründen. Die Beteiligten wollen in die Politik hineinwirken und Agroforst-Bauern Ideen vermitteln, wie sie neue Produkte vermarkten können. So eignet sich der Flaum von Pappeln als Füllmaterial für Decken und Kissen. Damit es sich trotz unklarer Förderkulisse auch finanziell lohnt, Bäume zu pflanzen.
"Sieht schon deutlich besser aus als am Feldrand."
Um anderen Bauern die Agroforstwirtschaft schmackhaft zu machen, werden Böhm, weitere Forscher und ihre Praxispartner wie Thomas Domin Ende Juni den Deutschen Fachverband für Agrarforstwirtschaft gründen. Die Beteiligten wollen in die Politik hineinwirken und Agroforst-Bauern Ideen vermitteln, wie sie neue Produkte vermarkten können. So eignet sich der Flaum von Pappeln als Füllmaterial für Decken und Kissen. Damit es sich trotz unklarer Förderkulisse auch finanziell lohnt, Bäume zu pflanzen.
"Sieht schon deutlich besser aus als am Feldrand."
"Ja, obwohl das jetzt nichts mit den Bäumen zu tun hat. Da sind Schwebstoffe drin, was nichts über die Wasserqualität aussagt."