Ahmad Mansour: Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015
272 Seiten, 19,99 Euro
Furioser Aufruf gegen Salafisten
Ahmad Mansours Appell, den Einfluss von Salafisten auf Jugendliche in Deutschland ernster zu nehmen als bisher, ist leidenschaftlich geschrieben. Der Autor schwächelt trotzdem an einigen Stellen.
Verdrängt die deutsche Gesellschaft die Gefahr, die durch muslimische Fundamentalisten, vor allem durch Salafisten, ausgeht? Verliert die Bundesrepublik eine ganze Generation an jungen muslimischen Menschen an eine radikale Glaubensrichtung des Islam, unerreichbar für die Grundprinzipien demokratischen Umgangs miteinander? Stimmt es, was der Berliner Autor und Psychologe Ahmad Mansour in seinem Buch "Generation Allah" schreibt, hier wachse mitten in Deutschland eine ganze Alterskohorte von jungen Leuten heran, für die der muslimische Glaube alles, der säkulare Rechtstaat aber de facto nichts bedeutet - bis zu den jungen Männern und Frauen, die tatsächlich nach Syrien auswandern, um dort für den "Islamischen Staat" zu kämpfen oder unter seinen halbstaatlichen Fittichen zu leben?
Ahmad Mansour, ein 39-jähriger "arabischer Israeli", wie er sich selbst nennt, lebt seit 2004 in Deutschland und hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem führenden Experten für die salafistisch-islamistische Jugendszene in Deutschland entwickelt. Seit Jahren ist er an leitender Stelle engagiert in dem Berliner Anti-Gewalt-Projekt "Heroes", das sich unter anderem gegen patriarchale Familienstrukturen und religiös aufgeladene Frauenverachtung engagiert. Von 2012 bis 2014 war Mansour Mitglied der Deutschen Islamkonferenz.
Mansour fesselt mit Beschreibungen realer Biografien
Was seinem Buch eine besondere Brisanz gibt, ist neben seinem Praxis- und Fachwissen auch die Tatsache, dass Mansour selbst als Jugendlicher in Israel in fundamentalistische Kreise des dortigen Islam geraten war, die Sogwirkung dieses Milieus aus dem Innern erlebt hat und nur durch glückliche Umstände sich wieder daraus befreien konnte.
Mansour, der sich selbst als Moslem bezeichnet, weiß also genau, wovon er redet. Das ist auch ein Teil der Erklärung dafür, warum er in seinem Buch "Generation Allah" mit so viel Leidenschaft argumentiert, ja an die Leserinnen und Leser appelliert, die Augen vor der salafistischen Gefahr zu öffnen und etwas dagegen zu tun.
Sozialpädagogisch gefärbte Sprache ist anstrengend
Fesselnd ist Mansour dabei immer dann, wenn er ins Erzählen kommt, wenn er nicht nur seine eigene Biographie schildert, sondern auch die von jungen Deutschen, die in die Fänge von Salafisten geraten sind. Etwas anstrengend sind dagegen gelegentliche Wiederholungen des schon irgendwie anders Gesagten, eine häufig allzu sozialpädagogisch gefärbte Sprache und viele pauschalisierende Urteile über die angebliche Tendenz der deutschen Politik und Gesellschaft, die Probleme mit der "Generation Allah" entweder zu verdrängen oder zu verharmlosen.
Wenn man sich aber mit diesen Schwächen des Buches abfindet und es vor allem als einen furiosen und kämpferischen Appell zur Rettung von vielen Hunderten Jugendlichen aus den Fängen von radikal-religiösen Rattenfängern versteht, ist Mansours Werk durchaus zu empfehlen. Die nötige gesellschaftliche Diskussion über die Hilfe für salafistisch verirrte junge Männer und Frauen aus Deutschland wird an diesem Buch nicht vorbei kommen.