Wie Katar eine Filmnation werden will
Bislang gilt Katar nicht gerade als Hotspot der Filmbranche. Doch das soll sich ändern. Das Land investiert massiv in die Kultur und will mit dem Ajyal Youth Film Festival Kinder und Jugendliche für den Film begeistern.
Die Aufregung am Roten Teppich ist groß. Ein Überraschungsgast wird erwartet, hoher Besuch, raunen die Festivalmitarbeiter der Presse zu. Mehr könnten sie nicht verraten. Derweil läuft die katarische Filmprominenz über den Teppich und gibt Interviews. Mit dabei auch der Schauspieler Salah Al Mulla, in diesem Jahr Jurymitglied der Sektion "Made in Qatar". Auch der libanesische Regisseur Ely Dagher gehört zur Jury, und er sagt: Die Filmszene in Katar wächst.
Katar, der kleine Golfstaat mit 2,7 Millionen Einwohnern und einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt, investiert nicht mehr nur in Fußballklubs und Dax-Konzerne, sondern seit einiger Zeit auch in die Kultur, und das mit einem ähnlich gründlichen Plan. Ein zentraler Punkt dabei: die Bevölkerung für Film begeistern, den Nachwuchs bilden und fördern und in Kontakt mit der Welt bringen.
Begegnungen am Roten Teppich
Ob sie manchmal Angst habe, wenn sie vor der Kamera steht, will die achtjährige Sara von der britischen Schauspielerin Kaya Scodelario wissen.
Manchmal hätte sie Angst, ja, und manchmal fühle sie sich auch alleine, weil sie so lange weg von zu Hause sei, antwortet die Schauspielerin. Hunderte Kinder und Jugendliche – zwischen 8 und 21 – hocken auf einer riesigen bunten Schaumstoffinsel, mitten in der "Katara Cultural Village", einem der vielen neu erbauten Viertel in Doha. Dieses ist der Kultur gewidmet. Von hier aus ziehen die Kinder weiter zu einem Film, den sie dann besprechen und bewerten. Sie sind Juroren, 550 von ihnen aus Katar und der ganzen Welt. Vorbild für Ajyal ist das italienische Festival Giffoni. Auch bei Ajyal werden die Kinder-Juroren am Ende des Festivals, zusammen mit den Erwachsenen-Jurys, Preise vergeben. Und sie besuchen Workshops zu allen möglichen Aspekten des Filmemachens.
Heute habe er gelernt, wie man mit einem Mobiltelefon einen Film schneiden kann, erzählt dieser katarische Jugendliche.
Sie wolle gerne Produzentin werden oder Schauspielerin, sagt diese 17-Jährige, und überhaupt sei sie ganz schön stolz auf den katarischen Filmboom. Ein Boom ist es tatsächlich, wenn auch ein relativer. Denn bis vor ein paar Jahren gab es schlichtweg keine wirklich ernstzunehmende Filmproduktion. Das begann erst, als vor sieben Jahren das Doha Film Institut gegründet wurde, das DFI.
Es gibt so viele Vorurteile gegenüber der Golf-Region. Es wurde Zeit, dass wir diese Wahrnehmung verändern und unsere eigenen Geschichten erzählen, sagt Fatma Al Remaihi, Chefin des Filminstituts.
Blockade erschwert die Kooperation
Das DFI fördert zu großen Teilen Talente aus den Golfstaaten, Nordafrika und dem Nahen Osten. Auch der aktuelle Oscar-Preisträger, Asghar Farhadis "The Salesman", ist eine Produktion des Instituts.
Seit der Blockade ist das mit der Filmförderung allerdings keine einfache Sache mehr. Saudi-Arabien – federführend bei der Blockade – steckt zwar erst in ganz winzigen Kinderschuhen, was die Filmindustrie angeht, aber Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emiraten sind starke Filmnationen, und eine Zusammenarbeit ist seit der Blockade nicht mehr möglich.
Für das DFI habe sich bei der Förderung nichts geändert, betont Fatma Al Remaihi zwar, sie würden nach wie vor die Drehbücher aus allen Ländern lesen, die Katar boykottieren, aber die Filmemacher aus den Boykott-Staaten hätten häufig Angst vor den Konsequenzen im eigenen Land.
Die Gäste der Premiere von den katarischen Filmen sind vom dem Roten Teppich mittlerweile ins Kino gezogen. Draußen wird es ruhiger. Der Überraschungsgast würde nun doch nicht gekommen, heißt es. Er sei so beschäftigt mit politischen Dingen. Und spätestens da ist klar: Das Staatsoberhaupt, der Emir höchstselbst, wollte vorbeischauen. Aber dann gab es zu viel zu tun – mit Verhandlungen vor dem Gipfel des Golf-Kooperationsrates.