Akademisches Prekariat
Michael Sobes Gesellschaftsroman "Winter ganz unten" spielt im Milieu einer Gesellschaftsschicht, für die es noch keinen präzisen Namen gibt. Man könnte sie akademisches Prekariat nennen. Die Protagonisten dieser Schicht sind Hartz-IV-Empfänger mit Diplom und Promotion in der Tasche.
Es sind Menschen, die in einem eigentümlichen Paradox leben: Von ihrem Bewusstsein, ihrem Ausbildungsstand, ihrer kulturellen und intellektuellen Zugehörigkeit her dürfen sie sich zur oberen Mittelschicht rechnen. Real aber leben sie wie die Unterschicht der Armen, ernähren sich von aufgetauter Billigpizza und greifen schon mal in einen öffentlichen Abfalleimer, um ein angebissenes Sandwich heraus zu fischen.
So ergeht es dem Helden des Romans "Winter ganz unten". Er heißt Edgar Winter, hat Architektur studiert, aber nie eine Arbeitsstelle in seinem Beruf gefunden. Er lebt von Hartz IV, geht regelmäßig und ergebnislos zum Job-Center und sieht sich als Mann Mitte dreißig an der Endstation seiner Biografie angekommen.
Eines Tages findet er vor seiner Wohnungstür eine ehemalige Kommilitonin, die sich in einer ähnlich aussichtlosen Lage befindet. Die beiden Verlierer klammern sich aneinander, aus Not beginnt Edgar Winter sich als Schwarzarbeiter zu verdingen, zunächst als Bauarbeiter, dann als Architekt. Er gerät in eine verzweigte, illegale und mafiotische Subkultur des Arbeitsmarktes und bringt eines Tages in einem Anfall verzweifelten Zorns seinen Fallmanager um, der den Fall des arbeitslosen Architekten Edgar Winter von Anfang an aufgegeben hatte.
"Winter ganz unten" ist das literarische Debüt des Journalisten und Fernsehautors Michael Sobe. Der Roman aktualisiert das Genre des realistischen Sozialromans, das seit den 70er Jahren in den Hintergrund des Buchmarktes und des Literaturbetriebs geriet. Er zeigt soziale und ökonomische Verhältnisse, die, so unwahrscheinlich sie auch wirken mögen, heute schon Normalität sind.
Rezensiert von Ursula März
Michael Sobe: Winter ganz unten
Roman. Verlag Das Neue Berlin
319 Seiten. 28,90 Euro
So ergeht es dem Helden des Romans "Winter ganz unten". Er heißt Edgar Winter, hat Architektur studiert, aber nie eine Arbeitsstelle in seinem Beruf gefunden. Er lebt von Hartz IV, geht regelmäßig und ergebnislos zum Job-Center und sieht sich als Mann Mitte dreißig an der Endstation seiner Biografie angekommen.
Eines Tages findet er vor seiner Wohnungstür eine ehemalige Kommilitonin, die sich in einer ähnlich aussichtlosen Lage befindet. Die beiden Verlierer klammern sich aneinander, aus Not beginnt Edgar Winter sich als Schwarzarbeiter zu verdingen, zunächst als Bauarbeiter, dann als Architekt. Er gerät in eine verzweigte, illegale und mafiotische Subkultur des Arbeitsmarktes und bringt eines Tages in einem Anfall verzweifelten Zorns seinen Fallmanager um, der den Fall des arbeitslosen Architekten Edgar Winter von Anfang an aufgegeben hatte.
"Winter ganz unten" ist das literarische Debüt des Journalisten und Fernsehautors Michael Sobe. Der Roman aktualisiert das Genre des realistischen Sozialromans, das seit den 70er Jahren in den Hintergrund des Buchmarktes und des Literaturbetriebs geriet. Er zeigt soziale und ökonomische Verhältnisse, die, so unwahrscheinlich sie auch wirken mögen, heute schon Normalität sind.
Rezensiert von Ursula März
Michael Sobe: Winter ganz unten
Roman. Verlag Das Neue Berlin
319 Seiten. 28,90 Euro