"Die Leute sollen über seine Kunst sprechen"
Der russische Künstler Pjotr Pawlenski steht vor Gericht. Er sorgte bereits durch spektakuläre Solidaritäts-Aktionen für Pussy Riot für Aufsehen. Wie er nun das russische System für seine Zwecke instrumentalisieren und letztlich bloßstellen will, erklärt der Kunsthistoriker Wladimir Velminski.
"Bedrohung" – so heißt die jüngste Aktion des russischen Künstlers Pjotr Pawlenski, der einer der wichtigsten Protagonisten der Gegenwartskunst ist. Aus Protest gegen die Willkür-Justiz in Russland hatte er im November die Tür des russischen Geheimdienstes, der Lubjanka, in Moskau angezündet und sich mit Benzinkanister in der Hand verhaften lassen.
Seither sitzt Pawlenski in Untersuchungshaft, die Anklage lautet "Vandalismus gegen ein denkmalgeschütztes Objekt". Gestern sollte die Vorverhandlung zum Prozess stattfinden, stattdessen aber hat der zuständige Richter die Verlängerung der Untersuchungshaft bis zum 20. Oktober 2016 verkündet - wie um jene Willkür zu demonstrieren, gegen die Pawlenski mit seiner Aktion protestiert hat.
Der Kulturhistoriker und Herausgeber von Pawlenskis Dokumentationen, Wladimir Velminski, steht mit Pawlenskis Frau Oksana in engem Kontakt. Sie hat ihm ein Schreiben zukommen lassen, das ihr Mann im Gefängnis verfasst hat. Darin beschreibt er sein künstlerisches Konzept. Pawlenski wolle das System zum Werkzeug seines künstlerischen Konzeptes machen, sagt Velminski.
Das System vorführen
Bekannt wurde Pawlenski unter anderem durch Solidaritätsgesten für die Frauen-Band Pussy Riot: Er nähte sich damals den Mund zu.
Aktuell habe er etwa die Fortführung eines anderen Verfahrens gegen ihn gefordert, obwohl die zuständige Richterin es wegen Verjährung einstellen wollte. Pawlenski habe jedoch erreichen wollen, dass die Anhörung von Experten und Zeugen fortgeführt werde. Auch indem er Frauen dafür bezahlt habe, gegen ihn auszusagen und zu behaupten, er sei gar kein Künstler, weil er ja keine Blumen male, wolle er den Staat vorführen.
Das Prinzip dahinter:
"Er lädt einfach ganz verschiedene Leute ein, aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten - und lässt die über seine Kunst sprechen (...). Dadurch bringt er natürlich seine Kunst in ganz andere Schichten (...). Egal, wie sie über ihn sprechen, aber sie sprechen über ihn. Sie fangen an, über diese Kunst zu reflektieren und irgend etwas passiert mit den Leuten - und genau das interessiert ihn."