Der einsame Kampf für Bürgerrechte
An Hongkongs Universitäten herrscht Angst: Seit Monaten geht die Regierung gegen Demokratie- und Menschenrechtsaktivisten vor. Doch die Studierenden geben den Widerstand gegen Pekings wachsenden Einfluss nicht auf und kämpfen weiter für die Meinungsfreiheit.
Eine Demo im Zentrum von Hongkong Anfang Januar. Einige tausend Menschen marschieren durch die Straßen und rufen Slogans, die sich gegen den wachsenden Einfluss der chinesischen Zentralregierung auf die Stadt richten.
"Wir hatten es vergangenes Jahr mit einer Menge Probleme zu tun. Dieses Jahr müssen wir diese Probleme ansprechen und so weit es geht lösen."
Au Nok-Hin hat die Neujahrsdemo mitorganisiert. Die 30-Jährige und ihre Mitstreiter aus dem pro-demokratischen Lager Hongkongs mussten vergangenes Jahr einige Rückschläge einstecken. So wurde festlandkritischen Abgeordneten unter teils fadenscheinigen Gründen der Parlamentssitz weggenommen. Lehrpläne an Hongkonger Schulen wurden im Sinne der Pekinger Führung überarbeitet und auch an den Universitäten der Stadt ist das politische Klima vergangenes Jahr rauher geworden.
An den Unis herrscht Angst
Der Campus der renommierten Chinese University ganz im Norden von Hongkong. Auf dem Platz vor der Mensa sitzen fünf Professoren und Studentenvertreter an einem Campingtisch. Sie diskutieren über Meinungsfreiheit. Im Speziellen geht es um die Frage, ob es erlaubt sein sollte, an Universitäten Hongkongs über eine theoretische Abspaltung der Stadt von China zu debattieren.
Es gehe hier um die Verteidigung der Meinungsfreiheit, sagt die Soziologie-Dozentin Li Ming, die mit am Klapptisch sitzt. Sie selbst sei klar gegen eine Abspaltung Hongkongs von China, betont sie, aber für eine offene Diskussion über das Thema. Genau die wollten die Führung in Peking und die Hongkonger Stadtregierung aber verhindern, kritisiert die 32-Jährige. An den zehn großen Universitäten der chinesischen Sonderverwaltungszone herrsche deswegen zunehmend Angst, viele fühlten sich von der Obrigkeit bedroht, sagt Li Ming:
"They want to threaten people to scare them away from expressing their own ideas. This is not good."
Peking weitet seine Macht aus
20 Jahre nach Übergabe der früheren britischen Kolonie an China weicht die Pekinger Zentralregierung das damals vereinbarte Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" zunehmend auf. Das gilt selbst für die eigentlich autonome Justiz Hongkongs. Mitte 2017 verurteilte ein Gericht mehrere Aktivisten aus der Studentenszene zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen. Der Grund: Sie hatten die prodemokratischen sogenannten "Regenschirm-Proteste" vor dreieinhalb Jahren mitorganisiert. Zehntausende Menschen waren damals für mehr Mitbestimmung auf die Straßen gegangen. Die Aktivisten kamen zwar nach einigen Wochen wieder frei, allerdings nur auf Kaution. Ab heute berät ein Gericht in Hongkong, ob sie zurück ins Gefängnis müssen. Einer der Betroffenen ist Nathan Law. Der heute 24-Jährige hat die Hongkonger Massenproteste damals mitorganisiert.
"Das Grundversprechen hinter dem Prinzip ‚Ein Land, zwei Systeme‘ lautete: Die Hongkonger können ihren Lebensstil behalten. Doch unser Lebensstil hat sich definitiv verändert."