"Wenn ihr Angst habt, kommt zusammen"
Unwissen, Stigmatisierung, fehlende Hilfe: Damit waren AIDS-Kranke in den USA der 80er-Jahre konfrontiert. Die Bewegung Act Up half, das zu ändern. Mitgründerin Anne-Christine d'Adesky erklärt, was heutige Protestbewegungen davon lernen können.
Act Up, 1987 gegründet, setzte sich nachhaltig dafür ein, dass AIDS überhaupt wahrgenommen und bekämpft wurde. Nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Das zeigt jetzt der Film "120 BPM" über eine französische Aktivistengruppe - seit Donnerstag, den 30. November 2017, ist er auch in den hiesigen Kinos zu sehen. Die US-Journalistin und Aktivistin Anne-christine d'Adesky betont, wie wichtig es ist, nicht nur zu protestieren:
"Act Up konnte gut und auf entwaffnende Weise die Wut und die Kreativität mit der Wissenschaft, den Slogans und Humor kombinieren. Es ist wichtig, wenn es etwas gibt, was den Leuten Angst macht, die Bedeutung der Botschaft zu kennen. Act Up war gut darin, seine Botschaft über die Medien unter die Leute zu bringen. Der Humor wurde effektiv genutzt. Es wurde gesagt: Wenn ihr Angst habt, kommt zusammen."
Die jüngere Generation ist demoralisiert
Die Mittel der Neunziger könne man heute nicht mehr verwenden, aber durchaus noch ähnliche Strategien, so d'Adesky. Erst folge man einer kleinen Gruppe, identifiziere gemeinsame Punkte und mobilisiere darüber viele Menschen. Das sehe man heute am Women's March in den USA oder auch bei der #Metoo-Kampagne. Bei der jüngeren Generation beobachte sie allerdings, dass sie sich demoralisiert fühle, sagt d'Adesky. Act Up habe bei allen Protesten auch getanzt:
"Wir haben sehr intensiv gelebt. Ich sehe auch heute Leute, die sehr intensiv leben. Aber es ist nicht nur Trostlosigkeit, die einen zusammenbringt. Es ist beglückend, mit Leuten zu arbeiten, die ein Ziel haben, die wissen, wie sie ihre Intelligenz und ihre Kreativität in den Protest mit einbringen können."
D'Adesky hat ihre Erinnerungen an die 90er-Jahre als Buch veröffentlicht: "The Pox Lover".
(bth)