Links die Musik, rechts das Hörspiel
Sound-Designer ersetzen mechanische Geräusche von einst - etwa den Blinker - durch selbst komponierte Signale. Außerdem können sie mit Hilfe kleiner Flachlautsprecher jeden Fahrgast individuell beschallen. So sorgen sie dafür, dass etwa auf der linken Seite der Rückbank eine andere Musik läuft als auf der rechten.
"Wir befinden uns hier in einem reflektionsarmen Raum. Hier sind Keile an der Wand, die sind aus normalen Dämmmaterial, wie man es kennt auch von der Hausdämmung für Wärmeschutz."
Christoph Sladeczek ist Leiter der Forschergruppe virtual acoustics am Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie in Ilmenau. Seine Spielwiese ist der reflektionsarme Raum. Ein wenig befremdlich ist der Höreindruck schon. Der Besucher verliert zunächst seinen auf die Reflexion angewiesenen Orientierungssinn und muss sich an die neue Hörumgebung gewöhnen.
Der Raum dient den Wissenschaftlern zur Vermessung von Lautsprechern, Maschinen und Schallsensoren nach höchsten Industriestandards. Einer der Forschungsschwerpunkte der Gruppe liegt im Bereich der Automotive Audio. Sie entwickeln innovative Audiosysteme für die Automobilindustrie.
"Die aktuellen Trends sind einfach, dass man wirklich auch dreidimensionale Schallszenen, Klangszenen, dort erleben kann, also Quellen, die auch von oben, von hinten kommen, von der Seite kommen - wir sagen immer mit Höhe, Schallquellen mit Höhe, also nicht nur in einer Ebene, wie man es bei dem Dolby System kennt. Aber die Anforderungen, sagen wir mal in der Weiterentwicklung gehen viel weiter. Der Idealfall wäre, dass man an den unterschiedlichen Plätzen, die man im Fahrzeug hat, unterschiedliches Audiomaterial konsumieren kann ohne Kopfhörer tragen zu müssen."
Wissenschaftler entwickeln komplexe Filter für die Lautsprecher
Personal Soundzones oder personalisierte Hörecken nennt man diesen neuesten Trend. So kann der Fahrer dem Verkehrsfunk lauschen und der Beifahrer Musik hören. Dazu montieren die Wissenschaftler nebeneinander kleinste Flachlautsprecher in der Autokabine. Dieses sogenannte Array aus zehn Lautsprechern dient dann dazu, mehrere Medieninhalte an verschiedenen Plätzen zu positionieren.
"Was wir hier darstellen, ist Folgendes: Es wird über dieses Array jeweils gleich, werden zwei unterschiedliche Signale wiedergegeben, ein Sprachsignal und ein Musiksignal. Das Musiksignal werden wir so bearbeiten, dass wir das es möglichst hier hinten in diese Ecke d.h. sie können in so einem Halbkreis um das Array laufen, es wird hier einen Punkt geben, wo sie maßgeblich nur dieses Sprachsignal hören werden und hier hinten wird es einen Punkt geben, wo sie maßgeblich das Musiksignal hören. Ziel ist es, wenn sie in einem Bereich stehen, wo sie beispielsweise das Musiksignal hören, möglichst das Sprachsignal nicht hören und umgedreht um so eine personal Soundzone mal zu verdeutlichen."
Dahinter steckt eine komplizierte Signalverarbeitung. Für jeden dieser Lautsprecher in dem Array berechnen die Wissenschaftler komplexe Filter. Zusammen ergeben sie einen Soundbeam, einen Strahl, der so intelligent gelenkt wird, dass im besten Fall auf der linken Seite nur noch die Musik und rechts nur noch das Hörspiel zu hören ist. Zu der Realisierung solcher Technologien gehören aber auch speziell entwickelte Lautsprecher. Dr. Daniel Beer leitet am Fraunhofer Institut die Forschergruppe Electroacoustics.
"Bezüglich Lautsprecher und Automotive gibt es heute das Problem, dass wir immer weniger Bauraum haben für Lautsprecher die ordentlich klingen würden. d.h. wir müssen uns überlegen, wie können wir mit weniger Bauraum dennoch einen großen Sound rausholen. Bei den hier dargestellten Lautsprechern zum Beispiel sind wir soweit, dass wir dort die Optimierung in die Richtung bringen konnten, weniger als ein Schnapsglas an Gehäusevolumen zu benötigen, das heißt dadurch ist dieser Wandler prädestiniert, um unter zwei Zentimeter Bauhöhe und damit entsprechend dem,was verfügbar ist im Autohimmel vernünftig zu arbeiten."
Personalisierte Soundzonen im Innenraum
Die aktuellen Ergebnisse in Ilmenau ermöglichen zunächst das separate Hören von zwei Klangquellen in einem Raum. Bisher erreichten die Wissenschaftler die Reduktion des ungewünschten Signals um mehr als die Hälfte. Sie stehen aber noch vor weiteren Herausforderungen, wenn es darum geht, drei oder mehrere personalisierte Soundzonen im Fahrzeuginnenraum zu realisieren. Damit können dann auch die Kinder auf der Rücksitzbank gleichzeitig ein Hörspiel hören Die Forscher sehen aber in Zukunft auch noch andere Anwendungsbereiche der Technologie.
"Es ist so, auch im Bereich der Konsumer Electronics, man sagt, ich habe heute ganz viele diese kleinen Tabletts, wo eigentlich der Wunsch besteht von der Herstellerseite, dass dieser Zwang auf Kopfhörer wegkommt, dass man sagt 'O.K - ich sitze vor meinem Tablett und ich habe hier einen ganz klaren personellen Sound-Zonenstrahl nur auf mich und ringsrum, die Leute kriegen gar nicht mit was läuft, ich brauch meinen Kopfhörer nicht aufsetzen." Das ist die gleiche Problematik wie im Auto, wo Kopfhörer auch ein no go sind. Für diesen Anwendungsfall dafür gibt es genau diesen Wunsch, schafft das mal personal Soundzones."
Die Kombination aus leistungsfähigen Flachlautsprechern und die gezielte Abstrahlung von Medieninhalten an gewünschten Orten bieten noch viele andere Anwendungsszenarien. Ob ein Jingle sie beim Einkaufen auf der Höhe eines bestimmten Produkts aufmerksam macht oder sie im Flugzeug nur auf ihrem Platz beschallt werden - eine Sounddusche kann bestimmt ganz angenehm werden.