Atomkraft-Debatte: AKW-Laufzeiten verlängern – ja oder nein?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer am 06. August mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm und mit Felix Christian Matthes vom Öko-Institut, live von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
Atomkraft-Debatte
Der Ukraine-Krieg und der dadurch ausgelöste Gasmangel hat die Debatte um den Atomausstieg neu entfacht. © imago images / Westend61
AKW-Laufzeiten verlängern - ja oder nein?
82:13 Minuten
Die Gaskrise beschert uns eine brisante Debatte: Sollen unsere Atomkraftwerke länger laufen, um den drohenden Energiemangel abzumildern? Streit droht nicht nur in der Politik, auch in der Wissenschaft gibt es Pro und Contra. Was sagen Sie?
Wie sichern wir die Energieversorgung im kommenden Winter und darüber hinaus? Der Ukraine-Krieg und der dadurch ausgelöste Gasmangel sorgen seit Wochen für Diskussionen. Eine der Optionen: Die drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke am Netz zu lassen, über ihre gesetzlich festgelegte Laufzeit Ende 2022 hinaus. Während sich FDP und CDU für eine Verlängerung aussprechen, sträuben sich Grüne und SPD. Noch, denn auch dort wird die Zahl der Gegner kleiner.
Auch im aktuellen ARD-Deutschlandtrend spricht sich eine Mehrheit der Befragten für einen Weiterbetrieb aus. Was spricht für, was gegen längere Laufzeiten?
Herausfordernde Zeit
„Ich glaube, in dieser herausfordernden Zeit ist es nötig, die Kraftwerke länger laufen zu lassen“, sagt Veronika Grimm, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Wir werden hohe Gaspreise behalten, wir wissen nicht, wie lange der Ukraine-Krieg dauert.“ Sich hauptsächlich auf Kohle zu verlassen, schade dem Klima und torpediere den europäischen Emissionshandel. „Alles, was hilft, um diesen Druck etwas zu mildern, sollten wir ernsthaft in Erwägung ziehen. Eben auch heimische Atomkraft“, so Grimm, die auch Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist und als „Wirtschaftsweise“ die Bundesregierung berät.
Ihr Szenario: „Ich könnte mir vorstellen, die Laufzeit um fünf Jahre zu verlängern, weil man dann genug Zeit hat, den Kraftwerkspark so auszubauen, ohne massiv auf Kohle zurückgreifen zu müssen.“
Ein klares „Nein“ zur Verlängerung
„Kernkraft ist und bleibt eine Risikotechnologie“, sagt Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut. Er spricht sich klar gegen eine Verlängerung aus. Nutzen und Gefahren eines Weiterbetriebs stünden in keiner Relation. „Kernenergie ist die teuerste Option, die auch aus Sicherheitsgründen immer teurer wird.“
Der Umweltökonom verweist auch auf die gesellschaftlichen Folgen. „Wir haben die Risikodebatte, wir haben einen gesellschaftlichen Großkonflikt, den wir gerade befriedet haben. Er kann wieder losgetreten werden.“ Das könne auch die Debatte um ein Endlager um Jahre zurückwerfen, so Matthes.
(sus)