Der deutsch-britische Journalist Alan Posener wurde in London geboren und wuchs in Kuala Lumpur in Malaysia und in Berlin auf. Er war zunächst Lehrer und machte sich als pointierter Kommentator und Blogger einen Namen. Heute ist er Korrespondent für Politik und Gesellschaft bei der "Welt"-Gruppe. Posener hat zahlreiche Bücher geschrieben, darunter "Imperium der Zukunft – Warum Europa Weltmacht werden muss" (Pantheon 2007) und "Benedikts Kreuzzug: Der Kampf des Vatikans gegen die moderne Gesellschaft" (Ullstein 2009).
Der Europäische Rat ist kein Hinterzimmer!
06:07 Minuten
Ein Machtkampf zwischen Parlament und Rat: Das steckt für den Journalisten Alan Posener hinter dem gegenwärtigen EU-Postenstreit. Dass der Rat die Nominierung der Kommissionspräsidentin vorgenommen hat, begrüßt er. Auch weil die Kandidatin von der Leyen heißt.
Skandalös und ein Fall von dubioser Hinterzimmerpolitik: So kommentierten nicht wenige die Entscheidung der europäischen Staats- und Regierungschefs, für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zu nominieren - statt eines Vertreters des EU-Parlament.
Der Journalist Alan Posener kann die Aufregung nicht nachvollziehen: Auf der Internetseite "starke-meinungen.de" überschrieb er einen Beitrag zum Thema ironisch mit "Lob des Hinterzimmers".
Denn das vielgescholtene "Hinterzimmer" war, so Posener, in diesem Fall der Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs. Und diesem stehe nun einmal nach §7 Abs. 7 des Lissabonner Vertrages das Recht zu, den Kandidaten für die Position des Kommissionspräsidenten zu nominieren - und nicht dem Parlament.
Dass die Wahl des Rates auf Ursula von der Leyen fiel, begrüßt Posener:
"Ich finde es eine große Leistung, dass in diesem zerworfenen, zerstrittenen Europa 27 Leute - Großbritannien hat sich rausgehalten - sich einigen auf eine Kandidatin. Und dann kommt raus: Es ist eine Frau und es ist eine Deutsche. Was können wir mehr wollen? Das ist doch großartig!"
"Ein spannender Machtkampf"
Überhaupt sehe er nicht, dass die Nominierung von Spitzenkandidaten Europa demokratischer mache, so Posener weiter. "Die demokratische Legitimation der gewählten Regierungschefs ist mindestens so groß wie die demokratische Legitimation des Parlaments."
Für den deutsch-britischen Journalisten ist der gegenwärtige Konflikt Ausdruck eines Machtkampfs zwischen EU-Rat und -Parlament, der bereits seit Ausbruch der Eurokrise schwelt. Denn seit dieser Zeit bringe sich der Rat wieder mehr ins Zentrum des Geschehens.
"Und das Parlament reagiert, indem es sich immer mehr Kompetenzen zuschanzt. Das ist ein spannender Machtkampf, aber wir sind noch lange nicht da, wo das Parlament wie, sagen wir, in der Französischen Revolution gegenüber dem König sagen könnte: Wir sind das Volk!"
(uko)
Die gesamte Sendung "Der Tag mit Alan Posener" können Sie hier nachhören: