Albers: Ausstieg aus Kernenergie ist machbar
Der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, Hermann Albers, rechnet damit, dass Deutschland im Jahr 2035 seinen kompletten Energiebedarf aus erneuerbaren Energien beziehen kann. Dieser Versorgungsanteil könne schneller erreicht werden, als es heute angenommen werde, sagt der Manager.
Jörg Degenhardt: Die Zukunft ist grün! Das behauptet ausgerechnet ein CDU-Ministerpräsident. Christian Wulff meint natürlich nicht die Konkurrenzpartei, sondern unsere künftigen Energiequellen. Die Erlöse aus dem Weiterbetrieb abgeschriebener AKWs will der niedersächsische Landesvater unter anderem in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken. Das dürfte die Betreiber von Windkraftanlagen freuen, nicht aber die, die ihre nächste Umgebung durch zu viele Windräder verschandelt sehen. In Brandenburg, aber auch auf Sylt wehren sich Bürger zunehmend gegen solche Anlagen. Atomstrom aber wollen sie auch nicht. Hermann Albers ist am Telefon, er ist Unternehmer im Bereich Agrar und erneuerbare Energien und er ist Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, und der hat immerhin 20.000 Mitglieder. Guten Morgen, Herr Albers!
Hermann Albers: Guten Morgen, Herr Degenhardt!
Degenhardt: Sie kennen sich bestens aus mit Windparks. Wie steht es um deren Akzeptanz in Ihrer Heimatregion, in Nordfriesland?
Albers: Die Akzeptanz in Nordfriesland ist hervorragend. Das liegt in wesentlichen Teilen daran, dass in dieser Region das Modell Bürgerwindpark, das heißt die Beteiligung der Bürger aus den Kommunen vor Ort, gelegentlich auch die Kommunen selbst hier einen sehr positiven Werdegang entwickelt haben. Das Land Schleswig-Holstein hat nachgefragt, wie viele Gemeinden bereit wären, neue Flächen auszuweisen, und das angebotene Flächenpotenzial durch das Land Schleswig-Holstein ist sage und schreibe zehnfach übernachgefragt worden durch die Kommunen.
Degenhardt: Aber noch mal die Nachfrage: Muss denn wirklich an jedem Bauernhof ein Windrad stehen?
Albers: Nein, das ist ja bei Weitem nicht so. Wir haben heute sehr geregelte Mechanismen, landespolitische Mechanismen, die die Fläche für Windkraft bereitstellen, aber auch Flächen für Windkraft ausschließen. Auf diesem Wege wird heute rund ein Prozent der Landesfläche für Windkraft nutzbar gehalten, 99 Prozent bleiben davon ausgeschlossen.
Degenhardt: Alte Gewohnheiten in Frage zu stellen, damit hat jeder Probleme. Haben die Freunde von Wind- und auch von Sonnenenergie vielleicht dieses Beharrungsvermögen beim Bürger unterschätzt?
Albers: Nein, ich denke nicht. Wir haben eine sehr positive Stimmung. Es gibt eine ganze Reihe von Umfragen, die jüngste ist gerade zwei Monate alt, in der festgestellt wird, dass die Zustimmung für erneuerbare Energien nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern darüber hinaus in ganz Deutschland die Größenordnung von etwa 80 bis 85, gelegentlich 90 Prozent erreicht. Andere Energieformen haben sehr viel mehr Probleme, denken Sie an die Kernenergie, wo rund 75 Prozent der Bürger heute sagen: Nein, wir wollen diesen Weg nicht weitergehen. Das kann aus meiner Sicht auch die Politik nicht ignorieren.
Degenhardt: Für die Solarenergie kann sich aber zumindest auch die Bundesregierung nicht so erwärmen. Profitieren Sie eigentlich, Herr Albers, von der Förderkürzung für Solarstrom?
Albers: Zunächst einmal ist es so, dass es die gesamte Branche etwas verunsichert, denn die Bundesregierung hat bereits das zweite Mal in ein laufendes Gesetz eingegriffen, von dem wir erwarten, dass es Verlässlichkeit, Investitionssicherheit vermittelt. Das EEG ist gerade ein gutes Jahr alt und übrigens auch von der CDU mitverabschiedet worden, auch im Bereich der Solarförderung. Nun hat die Regierung nach der Wahl bereits die Laufzeit dieses Gesetzes um ein Jahr verkürzt und greift jetzt das zweite Mal ganz erheblich in die Förderung der Solarwirtschaft ein. Dass die Windenergie eine sehr kostengünstige Alternative ist, oder eine kostengünstige erneuerbare Energie ist, das wissen wir und das bringen wir auch bei, und wir glauben, dass die Windenergie auch den Löwenanteil der Bereitstellung des Stroms in den kommenden Jahren leisten wird. Aber wir freuen uns nicht über diesen Eingriff, denn insgesamt glauben wir, dass alle erneuerbaren Energien ihre Beiträge leisten sollen und können und dass Verlässlichkeit der Politik der Branche gegenüber das A und O ist.
Degenhardt: Umweltminister Norbert Röttgen sprach letzte Woche in der Haushaltsdebatte erneut von der Atomenergie als einer Brückentechnologie, die auch dem Klimaschutz diene. Herr Wulff sieht das ja ganz ähnlich, ich habe ihn eingangs zitiert. Wenn Sie indirekt davon profitieren, Herr Albers, sind Sie dann eigentlich auch für ein längeres Betreiben der Atommeiler?
Albers: Nein, wir sind es nicht und wir haben das deutlich zum Ausdruck gebracht. Dieser Begriff "Brückentechnologie" wird von uns in der Form beantwortet, dass wir sagen, die erneuerbaren Energien sind bereits über die Brücke gegangen und es wäre nicht von Schaden, wenn sie hinter uns zusammenbricht, wenn Sie das Bild so entgegennehmen mögen, denn wir sagen, das Weiterbetreiben der Kernenergie wird dafür sorgen, dass es zu erheblichen Engpässen im Stromnetz kommen wird, das schlecht ausgebaut ist in Deutschland, weil die Netzbetreiber diese Aufgabe über 15 Jahre versäumt haben. Und wir glauben, dass der Ausstieg der Kernenergie machbar ist und dass das Anwachsen der erneuerbaren Energien auf eine Zielgröße von rund 47 Prozent des Gesamtstroms bis 2020 machbar ist. Das heißt, jede zweite Kilowattstunde Strom kann schon in zehn Jahren aus Erneuerbaren kommen. Dabei steht uns die Kernenergie eher im Wege.
Degenhardt: Dann geben Sie uns zum Schluss noch ein Zukunftsszenario mit auf den Weg in den Tag. Wann werden wir ganz ohne fossile Brennstoffe und natürlich auch ohne Atomstrom auskommen?
Albers: Ich glaube, wir können das schneller erreichen, als das heute angenommen wird. Wenn ich davon ausgehe, dass jede zweite Kilowattstunde bis 2020 aus erneuerbaren Energien kommen kann, dann gehe ich auch davon aus, dass wir etwa in einem Zeitraum 2035 die Größenordnung von 100 Prozent Strom aus erneuerbaren und damit die völlige CO2-Vermeidung in der Stromproduktion erreichen können. Wir stehen dazu bereit.
Degenhardt: Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur war das der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, Hermann Albers. Vielen Dank und noch einen guten Tag!
Albers: Ja, danke!
Hermann Albers: Guten Morgen, Herr Degenhardt!
Degenhardt: Sie kennen sich bestens aus mit Windparks. Wie steht es um deren Akzeptanz in Ihrer Heimatregion, in Nordfriesland?
Albers: Die Akzeptanz in Nordfriesland ist hervorragend. Das liegt in wesentlichen Teilen daran, dass in dieser Region das Modell Bürgerwindpark, das heißt die Beteiligung der Bürger aus den Kommunen vor Ort, gelegentlich auch die Kommunen selbst hier einen sehr positiven Werdegang entwickelt haben. Das Land Schleswig-Holstein hat nachgefragt, wie viele Gemeinden bereit wären, neue Flächen auszuweisen, und das angebotene Flächenpotenzial durch das Land Schleswig-Holstein ist sage und schreibe zehnfach übernachgefragt worden durch die Kommunen.
Degenhardt: Aber noch mal die Nachfrage: Muss denn wirklich an jedem Bauernhof ein Windrad stehen?
Albers: Nein, das ist ja bei Weitem nicht so. Wir haben heute sehr geregelte Mechanismen, landespolitische Mechanismen, die die Fläche für Windkraft bereitstellen, aber auch Flächen für Windkraft ausschließen. Auf diesem Wege wird heute rund ein Prozent der Landesfläche für Windkraft nutzbar gehalten, 99 Prozent bleiben davon ausgeschlossen.
Degenhardt: Alte Gewohnheiten in Frage zu stellen, damit hat jeder Probleme. Haben die Freunde von Wind- und auch von Sonnenenergie vielleicht dieses Beharrungsvermögen beim Bürger unterschätzt?
Albers: Nein, ich denke nicht. Wir haben eine sehr positive Stimmung. Es gibt eine ganze Reihe von Umfragen, die jüngste ist gerade zwei Monate alt, in der festgestellt wird, dass die Zustimmung für erneuerbare Energien nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern darüber hinaus in ganz Deutschland die Größenordnung von etwa 80 bis 85, gelegentlich 90 Prozent erreicht. Andere Energieformen haben sehr viel mehr Probleme, denken Sie an die Kernenergie, wo rund 75 Prozent der Bürger heute sagen: Nein, wir wollen diesen Weg nicht weitergehen. Das kann aus meiner Sicht auch die Politik nicht ignorieren.
Degenhardt: Für die Solarenergie kann sich aber zumindest auch die Bundesregierung nicht so erwärmen. Profitieren Sie eigentlich, Herr Albers, von der Förderkürzung für Solarstrom?
Albers: Zunächst einmal ist es so, dass es die gesamte Branche etwas verunsichert, denn die Bundesregierung hat bereits das zweite Mal in ein laufendes Gesetz eingegriffen, von dem wir erwarten, dass es Verlässlichkeit, Investitionssicherheit vermittelt. Das EEG ist gerade ein gutes Jahr alt und übrigens auch von der CDU mitverabschiedet worden, auch im Bereich der Solarförderung. Nun hat die Regierung nach der Wahl bereits die Laufzeit dieses Gesetzes um ein Jahr verkürzt und greift jetzt das zweite Mal ganz erheblich in die Förderung der Solarwirtschaft ein. Dass die Windenergie eine sehr kostengünstige Alternative ist, oder eine kostengünstige erneuerbare Energie ist, das wissen wir und das bringen wir auch bei, und wir glauben, dass die Windenergie auch den Löwenanteil der Bereitstellung des Stroms in den kommenden Jahren leisten wird. Aber wir freuen uns nicht über diesen Eingriff, denn insgesamt glauben wir, dass alle erneuerbaren Energien ihre Beiträge leisten sollen und können und dass Verlässlichkeit der Politik der Branche gegenüber das A und O ist.
Degenhardt: Umweltminister Norbert Röttgen sprach letzte Woche in der Haushaltsdebatte erneut von der Atomenergie als einer Brückentechnologie, die auch dem Klimaschutz diene. Herr Wulff sieht das ja ganz ähnlich, ich habe ihn eingangs zitiert. Wenn Sie indirekt davon profitieren, Herr Albers, sind Sie dann eigentlich auch für ein längeres Betreiben der Atommeiler?
Albers: Nein, wir sind es nicht und wir haben das deutlich zum Ausdruck gebracht. Dieser Begriff "Brückentechnologie" wird von uns in der Form beantwortet, dass wir sagen, die erneuerbaren Energien sind bereits über die Brücke gegangen und es wäre nicht von Schaden, wenn sie hinter uns zusammenbricht, wenn Sie das Bild so entgegennehmen mögen, denn wir sagen, das Weiterbetreiben der Kernenergie wird dafür sorgen, dass es zu erheblichen Engpässen im Stromnetz kommen wird, das schlecht ausgebaut ist in Deutschland, weil die Netzbetreiber diese Aufgabe über 15 Jahre versäumt haben. Und wir glauben, dass der Ausstieg der Kernenergie machbar ist und dass das Anwachsen der erneuerbaren Energien auf eine Zielgröße von rund 47 Prozent des Gesamtstroms bis 2020 machbar ist. Das heißt, jede zweite Kilowattstunde Strom kann schon in zehn Jahren aus Erneuerbaren kommen. Dabei steht uns die Kernenergie eher im Wege.
Degenhardt: Dann geben Sie uns zum Schluss noch ein Zukunftsszenario mit auf den Weg in den Tag. Wann werden wir ganz ohne fossile Brennstoffe und natürlich auch ohne Atomstrom auskommen?
Albers: Ich glaube, wir können das schneller erreichen, als das heute angenommen wird. Wenn ich davon ausgehe, dass jede zweite Kilowattstunde bis 2020 aus erneuerbaren Energien kommen kann, dann gehe ich auch davon aus, dass wir etwa in einem Zeitraum 2035 die Größenordnung von 100 Prozent Strom aus erneuerbaren und damit die völlige CO2-Vermeidung in der Stromproduktion erreichen können. Wir stehen dazu bereit.
Degenhardt: Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur war das der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, Hermann Albers. Vielen Dank und noch einen guten Tag!
Albers: Ja, danke!