Albtraumhafte Bilder

Von Christian Berndt |
David Lynchs Filme sind zutiefst verstörend und folgen keinem linearen Plot, sondern schicken ihre Helden durch labyrinthische Irrgärten. Das albtraumhafte, namenlose Grauen taucht auch in seinen Bildern auf, die er jetzt im Max-Ernst-Museum in Brühl ausstellt.
Es beginnt mit Bildern amerikanischer Kleinstadt-Idylle: Makellos weiße Gartenzäune, dahinter knallbunte Rosen. Es ist zu schön, um wahr zu sein, und die Illusion ist auch bald zerstört. Mitten auf der Wiese findet Jeffrey ein menschliches Ohr. Damit beginnt für den behüteten Teenager ein Albtraum aus Verbrechen und Perversion:

Filmausschnitt "Blue Velvet":
"Was ist? Willst Du es mir nicht erzählen?"
"Doch, sicher. Es ist eine fremde, seltsame Welt, Sandy."

Der Satz könnte als Motto über allen Filmen von David Lynch stehen. Mit "Blue Velvet" zeigt Lynch 1986 einen völlig neuen Stil – knallbunte Pop-Ästhetik gemischt mit Bildern verstörender Gewalt, und die süßliche Musik steigert die Unheimlichkeit noch. Bild und Ton erzeugen eine Albtraumatmosphäre, in der die Figuren den Boden unter den Füßen verlieren. So wie die Schauspielerin Nikki in "Inland Empire", die Realität und Film irgendwann nicht mehr auseinanderhalten kann:

"Was? Sag es mir."
"Es ist was passiert. Ich glaube, mein Mann weiß Bescheid über Dich, über uns. Er wird dich umbringen, und mich, er ... (schreit) Verdammt, das klingt wie ein Dialog aus unserem Drehbuch!"

Die Figuren in Lynchs Filmen irren durch albtraumhafte Geschichten, die keiner dramaturgischen Logik mehr folgen. Stattdessen inszeniert Lynch, der vor seiner Filmkarriere vier Jahre Malerei studiert hat, Szenen wie Gemälde und arrangiert sie zu einem labyrinthischen Irrgarten. Mit diesem assoziativen Stil ähneln die Filme Collagen von Max Ernst.

An den Surrealisten erinnert auch Lynchs malerisches und fotografisches Schaffen, an dem er neben der Regiearbeit immer festgehalten hat. Wie in seinen Filmen entwirft er auch hier eine Ästhetik des Schreckens: In seiner Fotoserie "Distorted Nudes" etwa deformiert er weibliche Aktfotografien des 19. Jahrhunderts, indem er in digitaler Bearbeitung Körperteile der Frauen durch groteske Klumpen ersetzt. Es sind verstörende Szenarien, die an die tiefsten, unbewussten Ängste rühren.