Alessandra Mattanza: "Street Art"

Starke Werke an den Wänden dieser Welt

Buchcover "Street Art" von Alessandra Mattanza, im Hintergrund eine Hand mit Latexhandschuh und Spraydose
Buchcover "Street Art" von Alessandra Mattanza, im Hintergrund eine Hand mit Spraydose © Prestel Verlag / dpa / Gregor Fischer
Von Eva Hepper |
In "Street Art" stellt die Journalistin Alessandra Mattanza 20 Künstler vor. Stars der Szene und Newcomer erzählen von aufwendigen Vorarbeiten und eingefrorenen Spraydosen – darunter auch der legendäre Brite Banksy, der bis heute seine wahre Identität nicht preisgibt.
Das riesige Wandgemälde ist faszinierend und bedrückend zugleich. Es zeigt einen Elefanten, ein Nashorn, ein Nilpferd, eine Giraffe, einen Springbock und eine Gazelle; naturalistisch gezeichnet in schwarz-weiß. Die Tiere sind übereinander angeordnet, jedes für sich allein auf einem eigenen Stockwerk – vom Erdgeschoss bis zur Dachetage. Und weil sie sämtlich in liegender Position dargestellt sind, fragt man sich unwillkürlich, ob sie schlafen, verletzt sind oder gar getötet wurden.

Spektakuläre Wandbildern im öffentlichen Raum

"African Animals" ist ein starkes Kunstwerk, das mit einfachen Mitteln die Problematik der Wilderei ins Auge rückt. Realisiert wurde es 2012 auf der Fassade einer Fabrik im südafrikanischen Johannesburg von ROA.
Hinter dem Kürzel verbirgt sich ein belgischer Künstler, der mit seinen spektakulären Wandbildern im öffentlichen Raum mittlerweile weltweit für Aufsehen sorgt. Leben und Werk des 43-Jährigen lassen sich nun in dem prächtigen Bildband von Alessandra Mattanza studieren.
Die italienische Journalistin stellt insgesamt 20 Street -Art-Künstler vor. Dafür reiste sie "einmal um die Welt". Sie besuchte beispielsweise den aus Barcelona stammenden Aryz, den brasilianischen Graffiti-Künstler Nunca, die Amerikanerin Swoon, den in Berlin lebenden EVOL oder – ein wirklich spektakulärer Coup – den legendären, seine wahre Identität nicht preisgebenden Briten Banksy.
Das Ergebnis ist bestechend: Mattanza zeigt nicht nur spektakuläre Werke, sondern gibt auch Einblicke in Arbeitsweise, Motivation und Denken sowie den Background und die Inspirationsquellen der Künstlerinnen und Künstler.

Ein extrem entspannter Banksy erzählt

So erfährt sie von den aufwändigen Vorarbeiten, nach denen der 1972 in Heilbronn geborene Tore Rinkveld, alias EVOL, seine fotorealistischen Häuserfassaden kreiert und auf Stadtmöbel appliziert. ROA, der fast ausschließlich Tiere zeichnet und Zurbaran und Dürer als seine Meister nennt, erzählt vom Thrill und den Herausforderungen des Arbeitens auf der Straße, inklusive der Problematik eingefrorener Spraydosen.
Und ein extrem entspannter Banksy – "never worry, never hurry" – erklärt, wie er mit Schablonen arbeitet, und warum er seine Kunstwerke schon mal in Museen schmuggelte, obwohl er diese Institutionen eigentlich nicht mag.
Durch die kluge, selbstredend subjektive Auswahl der Autorin werden Stars der Szene, weniger Bekannte und Newcomer gleichermaßen vorgestellt und eine große Bandbreite von Techniken beschrieben: vom Sprayen, über die Arbeit mit Schablonen, Stickern, Rollen, Kleber, Papier bis hin zu Collagen und Fotografien.
Zudem lässt Journalistenkollege Chris Versteeg in einem hervorragenden Gastbeitrag die Geschichte der Street Art Revue passieren. Beginnend im New York der frühen 70er-Jahre beschreibt er den Weg von der Illegalität zur anerkannten Kunstform: So stellten Nunca, JR oder Blu bereits in der Londoner Tate Modern aus.
Ein spannendes und aufschlussreiches Buch mit hervorragenden Abbildungen, das auch eingefleischten Street Art-Fans noch Neues bietet.

Alessandra Mattanza: Street Art. Legendäre Künstler und ihre Visionen
Übersetzt von Julia Voigt und Sarah Kallmeyer
Prestel Verlag, München 2018
256 Seiten, 29,95 Euro

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