Hilfe, mein Kind kommandiert nur noch!
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Alexa, Siri, Cortana und Co sind in unsere Büros und Haushalte eingezogen. Die sprechenden Maschinen wirken sich auf unsere eigenen Sprechgewohnheiten aus, sagt der Musikwissenschaftler Holger Schulze. Bereits Kinder eignen sich einen Befehlston an.
"Es ist ein magisches Teil, aber es verwandelt meine Tochter in ein Arschloch", sagt der Unternehmer Hunter Walk auf seinem Blog. In der Tat, die digitalen Assistentinnen verstehen nur klare Ansagen: "Mach die Musik lauter." Ein Befehlston, den sich bereits Kinder aneignen – klare imperative Sätze. "Das zwingt uns zu einer Stimmdeformation, die eine permanente Professionalisierung des Sprechens erfordert", sagt Holger Schulze, Musikwissenschaftler an der Universität Kopenhagen und Leiter des Sound Studies Lab.
Permanentes explizites Sprechen
"Das familiäre, müde, privatistische, intime vor sich Hinnusscheln wird in gewisser Weise verdrängt." Zumindest im Moment, meint Schulze, denn er gehe durchaus davon aus, dass sich die Technik hier noch weiterentwickle. Doch bisher verstehen die Maschinen nur, was wir explizit benennen. "Es gibt eine grundsätzlichere gesellschaftliche Tendenz des vollständigen und permanenten expliziten Sprechens", sagte Schulze. Implizite Aussagen verstehen die Maschinen eben nicht.
Die servile Computerassistentin
Auffallend sei zudem der meist "weibliche Universalsekretärinnencharakter" der Maschinen. Dabei seien durchaus geschlechtslose Stimmen wünschenswert, sagt Schulze. "Warum muss eine technische Stimme gegendert sein? Es gibt gar keinen Grund, sie muss sich ja nicht sexuell reproduzieren."
Interessanterweise hätten die ersten Navigationssysteme männliche Stimmen gehabt, so Schulze. Das Argument damals: "Ich lass mir doch von einer Frau nicht sagen, wie ich fahren soll!" Doch dann habe eine "kulturelle Aneignung der weiblichen Computerstimme" durch Science-Fiction-Filme und auch durch Fernseh-Serien stattgefunden. Das Ergebnis: die "servile Computerassistentin".