Experimente im All
Im Juni fliegt Alexander Gerst wieder zur Raumstation ISS. Bevor er dort das Kommando übernimmt, führt er drei Monate lang biologische Experimente durch - und ist dabei mitunter selbst Versuchsobjekt.
Leicht wie eine Feder zieht die Internationale Raumstation um die Erde, groß wie ein Fußballfeld und fast 500 Tonnen schwer: die komplizierteste Maschine, die die Menschheit je gebaut hat – eine technologische und politische Meisterleistung. Und die ISS ist auch ein Forschungslabor. In den Wissenschaftsmodulen in 400 Kilometern Höhe gibt es Laborschränke, Brutkästen, Zentrifugen, Experimentiereinrichtungen – ganz wie in Laboren auf der Erde. Nur eines fehlt: Die Schwerkraft. Sie ist dort oben nicht zu spüren.
Vierzig Stunden pro Woche für die Forschung
Zwar hat die sechsköpfige Besatzung nicht einmal vierzig Stunden pro Woche Zeit für die Forschung. Doch Alexander Gerst freut sich, ab Juni seine Arbeit im europäischen Raumlabor fortzusetzen, die dem gelernten Geophysiker schon vor vier Jahren so viel Spaß gemacht hat. Damals berichtete er per Video von der Raumstation an die Erde:
"Weitere Experimente, die wir jetzt im Columbus-Labor haben, ist eines zum Pflanzenwachstum. Da geht es darum, dass wir Nutzpflanzen züchten, die robuster sind, die in Zeiten des Klimawandels auch in trockenen Gegenden gut wachsen. Ich freue mich auf die Experimente am meisten, weil wir doch sehr viel lernen können: Wie wir neue Legierungen basteln können, wie wir Krankheiten auf der Erde bekämpfen können. Für all das finden wir Stück für Stück Antworten hier. Es ist wirklich toll, hier zu arbeiten."
Bei den Experimenten im All geht es zumeist um Materialwissenschaften, Physik, Medizin und Biologie. Derzeit arbeitet sich der Hohenloher Astronaut in die Versuche ein, die er ab Juni auf der ISS durchführen soll.
"Weitere Experimente, die wir jetzt im Columbus-Labor haben, ist eines zum Pflanzenwachstum. Da geht es darum, dass wir Nutzpflanzen züchten, die robuster sind, die in Zeiten des Klimawandels auch in trockenen Gegenden gut wachsen. Ich freue mich auf die Experimente am meisten, weil wir doch sehr viel lernen können: Wie wir neue Legierungen basteln können, wie wir Krankheiten auf der Erde bekämpfen können. Für all das finden wir Stück für Stück Antworten hier. Es ist wirklich toll, hier zu arbeiten."
Bei den Experimenten im All geht es zumeist um Materialwissenschaften, Physik, Medizin und Biologie. Derzeit arbeitet sich der Hohenloher Astronaut in die Versuche ein, die er ab Juni auf der ISS durchführen soll.
Experimente zur Immunphysiologie
"Ten, nine, eight, seven, six, five, four, three, two, one, zero – and lift-off of the Falcon 9 rocket and a Dragon spacecraft packed with science and supplies for the international space station, humanity's home in low earth orbit... Falcon 9 has cleared the tower..."
Schon Anfang April ist eine Dragon-Frachtkapsel zur Raumstation geflogen, vollgepackt mit wissenschaftlichen Experimenten und Nachschub für die ISS, wie der NASA-Sprecher kommentierte. Material, das die Besatzung für ihre Forschung dann gleich benötigt. Alexander Gerst erklärt im Ausbildungszentrum in Moskau, was ansteht:
"Wir haben einige Experimente zur Immunphysiologie dabei. Da geht es darum, dass wir das menschliche Immunsystem besser verstehen, dass wir Krebs besser verstehen. Man hat gemerkt, dass man im Weltraum ganz gut solche Flüssigkeiten nachbauen kann, die Blut relativ gut ähneln, wo man zum Beispiel Krebs- oder Immunzellen beobachtet, die in einem Substrat, das flüssig ist, schweben, ohne dass die sich absetzen mit der Zeit."
Ob Physik, Medizin, Biologie oder welche Disziplin auch immer: Das Entscheidende für die Forschung im All ist die nicht spürbare Gravitation, die bei Experimenten am Boden oft ein Störfaktor ist. Gerst erklärt:
"Man kann diese Zellen beobachten. Die bilden so Knäuel, die sie auch im menschlichen Körper bilden, aber in Petrischalen auf dem Boden eben nicht. Auch in Flüssigkeiten auf dem Boden nicht, weil die sich ständig absetzen. Das heißt, wenn man so ein Substrat ein paar Stunden stehen lässt, dann sinkt alles, was schwerer ist, nach unten und dann hat sich das auch wieder erledigt. Das ist eine Sache, die wir im Weltraum gut erforschen können."
"Wir haben einige Experimente zur Immunphysiologie dabei. Da geht es darum, dass wir das menschliche Immunsystem besser verstehen, dass wir Krebs besser verstehen. Man hat gemerkt, dass man im Weltraum ganz gut solche Flüssigkeiten nachbauen kann, die Blut relativ gut ähneln, wo man zum Beispiel Krebs- oder Immunzellen beobachtet, die in einem Substrat, das flüssig ist, schweben, ohne dass die sich absetzen mit der Zeit."
Ob Physik, Medizin, Biologie oder welche Disziplin auch immer: Das Entscheidende für die Forschung im All ist die nicht spürbare Gravitation, die bei Experimenten am Boden oft ein Störfaktor ist. Gerst erklärt:
"Man kann diese Zellen beobachten. Die bilden so Knäuel, die sie auch im menschlichen Körper bilden, aber in Petrischalen auf dem Boden eben nicht. Auch in Flüssigkeiten auf dem Boden nicht, weil die sich ständig absetzen. Das heißt, wenn man so ein Substrat ein paar Stunden stehen lässt, dann sinkt alles, was schwerer ist, nach unten und dann hat sich das auch wieder erledigt. Das ist eine Sache, die wir im Weltraum gut erforschen können."
Wie nehmen Zellen Schwerkraft wahr?
Bei einem anderen Experiment geht es um die grundsätzliche Frage, wie Zellen und Organismen die Schwerkraft wahrnehmen. Dies lässt sich am besten untersuchen, wenn man die Schwerkraft einfach "abstellt" und dann das Verhalten von Zellen untersucht. Dafür kommt FLUMIAS zum Einsatz, ein schuhkartongroßes Hightech-Mikroskop.
Bisher ließen sich damit schwerelose Zellen nur wenige Sekunden auf Parabelflügen beobachten – das wird auf der ISS ganz anders, erklärte Anna Catharina Carstens, Projektleiterin beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, nun auf einer Pressekonferenz in Köln:
"Einer unserer Wissenschaftler hat gesagt: Es ist wie beim Fußball. Jetzt wird uns nicht mehr nur gesagt, jetzt ist Anpfiff und wir bekommen am Ende noch den Endstand mitgeteilt, sondern wir können uns endlich das Spiel anschauen. Genauso ist das. Diese ganz schnellen dynamischen Prozesse am Zytoskelett, an Membranen, an Ionenkanälen, die sind endlich beobachtbar."
Seit dreieinhalb Milliarden Jahren muss das Leben auf der Erde mit der Schwerkraft klar kommen. Nun endlich lässt sich untersuchen, wie die Zellen mit dem Schwerereiz umgehen und wie er die Entwicklung des Lebens beeinflusst hat.
"Einer unserer Wissenschaftler hat gesagt: Es ist wie beim Fußball. Jetzt wird uns nicht mehr nur gesagt, jetzt ist Anpfiff und wir bekommen am Ende noch den Endstand mitgeteilt, sondern wir können uns endlich das Spiel anschauen. Genauso ist das. Diese ganz schnellen dynamischen Prozesse am Zytoskelett, an Membranen, an Ionenkanälen, die sind endlich beobachtbar."
Seit dreieinhalb Milliarden Jahren muss das Leben auf der Erde mit der Schwerkraft klar kommen. Nun endlich lässt sich untersuchen, wie die Zellen mit dem Schwerereiz umgehen und wie er die Entwicklung des Lebens beeinflusst hat.
Faktor 30 bei Verlust von Knochenmasse
Zu den Klassikern der biologischen Forschung im All gehört die Osteoporose, der Verlust von Knochenmasse, der im Körper eines Astronauten in der Schwerelosigkeit dreißigmal schneller vonstatten geht als auf der Erde.
Und es geht wieder um das Züchten von Proteinkristallen, freut sich Matthias Maurer, der in etwa zwei Jahren als zwölfter Deutscher ins All fliegen wird:
"Dann erhalte ich einen Kristall, was ich in einer Qualität züchten kann, die ich auf der Erde nicht züchten kann. Das bringe ich dann wieder zurück auf den Erdboden, bringe es in ein Synchrotron und kann es dort perfekt vermessen und habe dann direkt Daten, die ich der Industrie geben kann. Und die kann sozusagen den Schlüssel, der auf dieses Kristall passt, als Medikament entwickeln. Ein erster Durchbruch ist hier ein Medikament gegen die Duchenne Muskelatrophie – eine Krankheit, bei der sich die Muskeln auflösen und abbauen."
Das Züchten der Proteinkristalle haben insbesondere japanische Forscher so gut entwickelt, dass sich innerhalb von nur vier Monaten die gewünschten Proben an die Industrie liefern lassen – für ein himmlisches Forschungsprojekt sensationell schnell – und endlich sogar eine Art kommerzielle Nutzung der Module in der Umlaufbahn.
Die ISS kreist zwar schon seit fast zwanzig Jahren um die Erde – doch die intensive Forschung in der Umlaufbahn hat gerade erst begonnen, betont Alexander Gerst:
"Da hoffen wir wirklich, dass wir das Leben am Boden besser machen für alle Leute, die vielleicht von solchen Krankheiten betroffen sind."
"Dann erhalte ich einen Kristall, was ich in einer Qualität züchten kann, die ich auf der Erde nicht züchten kann. Das bringe ich dann wieder zurück auf den Erdboden, bringe es in ein Synchrotron und kann es dort perfekt vermessen und habe dann direkt Daten, die ich der Industrie geben kann. Und die kann sozusagen den Schlüssel, der auf dieses Kristall passt, als Medikament entwickeln. Ein erster Durchbruch ist hier ein Medikament gegen die Duchenne Muskelatrophie – eine Krankheit, bei der sich die Muskeln auflösen und abbauen."
Das Züchten der Proteinkristalle haben insbesondere japanische Forscher so gut entwickelt, dass sich innerhalb von nur vier Monaten die gewünschten Proben an die Industrie liefern lassen – für ein himmlisches Forschungsprojekt sensationell schnell – und endlich sogar eine Art kommerzielle Nutzung der Module in der Umlaufbahn.
Die ISS kreist zwar schon seit fast zwanzig Jahren um die Erde – doch die intensive Forschung in der Umlaufbahn hat gerade erst begonnen, betont Alexander Gerst:
"Da hoffen wir wirklich, dass wir das Leben am Boden besser machen für alle Leute, die vielleicht von solchen Krankheiten betroffen sind."
Online-Bonus: Im ZDF beantwortete Gerst vor kurzem Publikumsfragen: