Schauspieler Alexander Scheer

„Es ist letztlich Haare, Zähne, Brille, Bart“

36:10 Minuten
Der Schauspieler Alexander Scheer schaut in die Kamera, im Hintergrund leuchtet das Sommergrün eines Parks.
Der Schauspieler Alexander Scheer verbrachte nur wenig Zeit in der Maske, um sich in einen Bremer Anwalt zu verwandeln. © picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Moderation: Susanne Führer · 28.04.2022
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Alexander Scheer kam vor 20 Jahren in "Sonnenallee" groß heraus, spielte den singenden Baggerfahrer Gundermann und ist jetzt als Anwalt in "Rabyie Kurnaz gegen George W. Bush“ zu sehen. Eine ganz neue Herausforderung für den Schauspieler.
Kurz vor der Premiere seines neuen Films hat Alexander Scheer eine Sorge: Wie kommen Mutter und Vater an die Karten mit anschließender Feier? „Die haben kein Internet“, erzählt der Schauspieler. Also will er gleich noch einmal „zum Copyshop und für meine Eltern Einladungen ausdrucken“.
"Cooler, als ich ihn gespielt habe"
In „Rabyie Kurnaz gegen George W. Bush“ ist Scheer der Anwalt Bernhard Docke, eine reale Figur, ein realer Fall. Im Film geht es um die Geschichte von Murat Kurnaz. Der wird 2001 festgenommen und von den USA in das Gefangenenlager Guantánamo gesteckt. Docke vertritt die Mutter Rabyie Kurnaz, im Film von Meltem Kaptan gespielt, sie klagt gegen die Inhaftierung und bekommt schließlich vom Supreme Court recht. „Eine türkische Hausfrau aus Bremen-Hemelingen!“ Über fünf Jahre, bis 2006, sitzt Kurnaz unschuldig in Guantánamo.
Alexander Scheer spielt den Anwalt Docke, wie man sich einen Juristen aus Norddeutschland vorstellt: eher zurückhaltend, kontrolliert, wenn Humor, dann trocken.  
„Viel weiter entfernt von meiner Person kann man gar nicht sein", findet Scheer, fügt aber hinzu:

„Bernhard Docke ist eine coole Sau. Er ist cooler, als ich ihn gespielt habe.“

Eingespieltes Team

Wie schon 2018, als Scheer den singenden Baggerfahrer Gerhard Gundermann spielte, führt auch bei „Rabyie Kurnaz gegen George W. Bush“ Andreas Dresen Regie, das Drehbuch ist von Laila Stieler. Auf der Berlinale wurde sie dafür mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Ein eingeübtes Team also.
Scheer mag das. „Das ist eine tolle Familie“. Was er an Dresen und Stieler besonders schätze, sei deren Hartnäckigkeit.
Ob beim Gundermann-Film oder beim aktuellen über den Fall Kurnaz, es dauerte viele Jahre, bis mit dem Drehen begonnen werden konnte. Jedes Mal musste lange recherchiert und hart um die Finanzierung gerungen werden.
"Dresen will arbeiten"
„Es ist eine Arbeit, die ist nicht nebenbei gemacht. Das ist Herzblut, das ist Idealismus. Wenn jemand so brennt, bin ich gerne mit im Boot.“
Sitzt er für andere Rollen oft stundenlang in der Maske, könne Andreas Dresen das gar nicht leiden: „Bei Dresen kann man nicht so viel mit Maske machen. Letztlich sind es Haare, Zähne, Brille, Bart. Dresen will arbeiten, der will drehen.“
Also trägt Alexander Scheer im Film die Originalbrille von Anwalt Bernhard Docke. Prompt werden beide auf der Berlinale verwechselt. Der echte Anwalt wird für seine schauspielerische Leistung im Film gelobt, erzählt Scheer lachend.
"Washington kam mir vor wie Ostberlin"
Für den Film war das Team auch in den USA: „Washington kam mir vor wie Ostberlin", sagt Scheer. "Ich habe so etwas lange nicht gesehen, so viele Fahnen, so viele Denkmäler, Aufmärsche, Hymnen, Inschriften. Alles, was man so kennt.“
Geboren und aufgewachsen ist Alexander Scheer 1976 in Ostberlin, die Schule brach er ab, besuchte nie eine Schauspielschule. „Freiheit ist das Wichtigste im Leben.“
Richtig los ging seine Schauspielkarriere vor über 20 Jahren mit dem Film „Sonnenallee“. Über Jahre gehörte er zum Ensemble der Berliner Volksbühne. Für seine Rolle in „Gundermann“ bekam er 2019 den Deutschen Filmpreis als bester Hauptdarsteller.
Es läuft also gut für Alexander Scheer: Gerade spielt der 45-Jährige einen Nazi, in einem anderen Dreh ist Scheer ein Herzchirurg, dazu kommen Bandproben und nun die Filmpremiere zu „Rabyie Kurnaz gegen George W. Bush“. Da kommt er auch mal durcheinander und fragt sich: „Wer bin ich? Wo bin ich? Was mache ich denn heute?“
(ful)

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