Die Ausstellung "Alfred Kubin – Bekenntnisse einer gequälten Seele" ist bis zum 24. Juli im Leopold-Museum in Wien zu sehen.
Ungeheuer aktuell
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Unter dem Titel „Bekenntnisse einer gequälten Seele“ zeigt das Leopold-Museum in Wien Alfred Kubins Werk, das sich mit den menschlichen Abgründen beschäftigt. Seine Bilder zum Krieg, zum Pandemiegeschehen und zu Naturkatastrophen wirken aktuell.
"Nehmen Sie mir nicht meine Angst. Sie ist mein einziges Kapital, das ich habe“, soll Alfred Kubin 1959 an seinem Sterbebett zum behandelnden Arzt gesagt haben. Der Grafiker, Buchillustrator und Schriftsteller wurde 1877 in Böhmen geboren. Sein Roman „Die andere Seite“ von 1908 gilt als Klassiker der fantastischen Literatur. Nun zeigt das Leopold-Museum in Wien eine große Kubin-Ausstellung mit dem Titel „Bekenntnisse einer gequälten Seele“.
Kubin war ein Einzelgänger, ein ausgesprochener Individualist. Seine Bilder zeugen von einem großen seelischen Druck. Er hat fantastische Wesen gezeichnet, etwa eine Schlange mit dem Kopf eines Raubtiers, Fratzen, beklemmende Szenerien, Traumwelten, die eher Albtraumwelten sind.
Kunst als Ventil
Alfred Kubins Kindheit und Jugend waren geprägt von zahlreichen Erlebnissen des Scheiterns und der Depressionen, wie Hans Wipplinger erklärt. Er ist der Direktor des Leopold-Museums und Kurator der Ausstellung.
Kubin wurde aus dem Gymnasium entlassen, hat seine Fotografenlehre abgebrochen und im Alter von zehn Jahren seine Mutter verloren. Am Grab seiner Mutter hat er einen Selbstmordversuch unternommen, in seiner Militärzeit hatte er eine Nervenkrise.
„Eine Krise trieb sozusagen die nächste", sagt Wipplinger, "in gewisser Weise hat das Studium in München einen Ausweg auch für ihn ermöglicht: die Versenkung in künstlerische Vorbilder.“
Wipplinger vermutet, dass Kubin durch sein künstlerisches Schaffen eine gewisse notwendige Distanz zu seinem Denken und Dasein schaffen konnte. „Das hat ihn vielleicht die Ängste besser ertragen lassen.“
Krieg, Naturkatastrophen und Pandemie
In Alfred Kubins Werk ist das Thema Krieg omnipräsent, er hat zwei Weltkriege miterlebt. Kubin hat sich aber auch mit Naturkatastrophen, Hochwasser und untergehenden Städten beschäftigt. Um 1900 hat er auch apokalyptische Szenerien zur Pandemie gemalt. Alles Themen, die uns auch heute beschäftigen.
„Ich finde es schon als eine Auszeichnung für den Künstler, dass er heute so aktuell rüberkommt", sagt Museumsdirektor Hans Wipplinger.
(ckr)