Straßenmusikerin aus Südafrika erobert Berlin
Mit 18 Jahren hat Alice Phoebe Lou ihre Heimat Kapstadt verlassen, um die Welt zu bereisen. Irgendwann landete sie in Berlin und verliebte sich in die Straßenmusiker der Stadt. Inzwischen ist sie selbst erfolgreich und hat ihr erstes Album veröffentlicht.
Sonntagmittag im Berliner Mauerpark. Auf dem Flohmarkt suchen Sammler und Schnäppchenjäger nach besonderen Schätzen. Ein paar Meter weiter bereiten sich Straßenkünstler auf ihre Auftritte vor. Die Stimmung ist entspannt. Zwischen leeren Bierflaschen, Verpackungen von Grillwürsten und Papiertüten laufen Jogger, rollen Kleinkinder auf Laufrädern und gehen Frauen untergehakt spazieren.
Ungefähr 50 Meter von der Hauptstraße entfernt kniet Alice Phoebe Lou auf einer Decke und verbindet drei Pedale mit Kabeln. Die dann mit ihrer Gitarre. Damit wird sie später verschiedene Effekte erzeugen.
"I'm setting up my musical equippment. It's pedals for my guitar. I usually don't use pedals, cause they run on batteries but today we have a generator because of the band. That's what I'm setting up."
Alles hängt vom Wetter ab
Normalerweise spielt Alice Phoebe Lou hier allein mit ihrer Akustikgitarre. Heute ist sie zum ersten Mal mit Band da. Immer wieder schaut sie zum Himmel. Aprilwetter, das jedem Klischee entspricht. Mal scheint die Sonne, fünf Minuten später ziehen dunkle Wolken auf, und nachdem paar Tropfen Regen fallen, hagelt es dann auch noch.
Alice Phoebe Lou ist besorgt, denn kaum etwas ist für einen Straßenmusiker so wichtig wie das Wetter.
"It's huge, it's a very big part of it, it changes everything actually. How much money you make, how much fun you have. So it can be difficult. Thant's why a lot of people who are street musicians travel and go to different places when it's cold."
Wieviel Geld man einnimmt, wieviel Spaß man selbst hat, alles hängt vom Wetter ab. Klar, wer bleibt schon bei Regen stehen? Der Mauerpark ist so etwas wie das berufliche Wohnzimmer von Alice Phoebe Lou. Fast jeden Sonntag spielt sie hier.
"It's a place where I was able to become an independent musician that was able to fund this life with music which is a really special thing. It´s like a celebrations every sunday. And there are so many tourists and people from all over the world and there is music and there are activities and just a really nice energy and people wanting to support musicians and actually buy your CD and treat you with respect like a musicians and not just like a street musician. You don´t need a stage to make music."
Als Straßenmusiker keine Bettlerin
Mit dem Geld, das sie hier verdient, kann sie sich ein gutes Leben leisten. Sie ist dankbar dafür, dass die Leute in Berlin Straßenmusiker so unterstützen und respektieren. In ihrer Heimat Südafrika wäre das nicht so, erzählt sie. In Deutschland fühle sie sich nie wie eine Bettlerin, sondern wie eine ernstgenommene Künstlerin.
"Thanks for sticking around for us. My name is Alice. This is my band. Usually I play here by myself and so this is their first time busking. And I just released an album and it's been really hectic. And that album is over there. It's called orbit. And I´m really happy that it's finally out. Thank you for being here with us today, this is really nice. This song is called 'Grey'."
Ihre leere Gitarrenhülle liegt offen vor ihr, daran angelehnt ihr Debütalbum. Gerade ist es erschienen. Neun Songs sind darauf. Ihr erfolgreichstes Stück "Berlin Blues" allerdings nicht. Was aus kommerzieller Sicht unlogisch erscheint, ist aus Alice-Phoebe-Lou-Sicht völlig logisch.
"I feel like the kind of mainstream or commercial pop music scene is all about that hit song and really capitalizing on that. For me, Berlin Blues yes, it's my most popular song, but I wanna move on from there. I don't want to when I'm 40/50 years old to still have to be playing a song just because it was the hit song. I feel we develop as artists and you need to let yourself develop and change. And I wrote it when I was 18, so it's a old song."
Alice Phoebe Lou singt von alltäglichen Situationen
Bloß nicht auf den einen großen Hit reduziert werden. Sie fänd es furchtbar, wenn sie mit 40/50 Jahren auf Konzerten immer noch diesen einen Song spielen müsste, weil alle ihn erwarten. Sie will sich weiterentwickeln.
Mainstream und kommerzieller Pop, darauf hat sie keine Lust. Sich einsam in einer Großstadt fühlen, nicht dazuzugehören und von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Alice Phoebe Lou singt von alltäglichen Situationen, die viele nachvollziehen können:
Alice Phoebe Lou Live und Alice Phoebe Lou von CD. Obwohl ihre Stimme gar nicht so viel anders klingt, wirkt sie doch ganz anders. Dieses verzaubernde Wesen, mit den langen blonden Haaren, das verträumt die Augen schließt beim Singen, ihre Ausstrahlung – das fehlt auf dem Album. Dabei macht es sicher einen nicht unwesentlichen Teil ihres Erfolges aus.
Es dauert nicht lange, bis die ersten Leute nach vorne kommen, Geld in die Gitarrentasche legen und sich CDs dafür nehmen. Es kann sein, das sie zu Hause überrascht sein werden, denn einige der Lieder, die sie hier hören, hören sie auf dem Album nicht. Den Song "She" zum Beispiel.
Abneigung gegen Mainstream-Pop
Dabei wäre die etwas schnellere Nummer eine angenehme Abwechslung zu all den ruhigen Songs auf dem Album. Die musikalische Mischung aus Folk mit Jazz-Einflüssen ist spannend, aber wenigstens ab und zu mal eine Refrain, der im Ohr bleibt, wäre schön gewesen. Alice Phoebe Lou hat sich bewusst dagegen entschieden: Wie gesagt, bloß keinen Mainstream-Pop.
"Is everyone feeling ok?"
Das ist es, was Alice Phoebe Lou wichtig ist. Sie möchte dass ihr Publikum mit ihrer Musik eine gute Zeit hat. Auch wenn es vielleicht naiv klingt, so möchte sie die Welt ein kleines bisschen besser machen. Hits und Ohrwürmer braucht sie dafür nicht.