Alkoholsucht im Profisport

Offensiver Umgang mit der Krankheit hilft

Eishockey-Profi Constantin Braun von den Eisbären Berlin im dritten Halbfinale der Playoffs 2017. Gegner war Red Bull München.
Eishockey-Profi Constantin Braun: "Ihm tat’s unglaublich leid." © Fotostand / Jakob / dpa / picture alliance
Von Wolf-Sören Treusch |
Der 30-jährige Constantin Braun fehlt bei seinem Klub seit Wochen: Er ist alkoholkrank und lässt sich behandeln. Sein Verein, die Eisbären Berlin, stärkt ihm den Rücken – und auch die Fans anderer Klubs feuern den Ex-Nationalspieler an.
Training bei den Berliner Eisbären: Zwei verletzte Spieler schauen sich die Übungen von der Tribüne aus an, einer fehlt gänzlich. Und das schon seit vielen Wochen – der ehemalige Eishockey-Nationalspieler Constantin Braun. Der Grund: seine Alkoholabhängigkeit. Im Sommer begab er sich freiwillig in medizinische Behandlung. Sein Mitspieler und Freund Florian Busch hatte zuvor lange mit ihm über seine Suchtprobleme gesprochen.
"Ja. Ihm tat’s unglaublich leid. Also er hat sich brutal geschämt dafür, muss ich sagen, und er hat sich nicht wohl gefühlt. Das hat man gemerkt, er sah auch nicht gut aus. Aber ich bin da ein ganz positiver Mensch: 'Wenn man ganz unten ist, kann es ja nur noch nach oben gehen', habe ich zu ihm gesagt. Und er soll sich einfach bessern und schauen, dass er das loskriegt."

Klub und Spieler machen es gemeinsam öffentlich

Das Bemerkenswerte an dem Vorgang: Constantin Braun beschloss mit der Vereinsführung gemeinsam, seine Alkoholprobleme öffentlich zu machen – Und nicht, wie sonst im Profisport üblich, die Krankheit geheim zu halten.
"Ich finde es gut, wie der Verein es gemacht hat. Ich bin für Ehrlichkeit und finde es gut, dass man da offensiv mit umgeht, weil: das hilft ihm genauso wie den nächsten Fällen oder Alkoholikern, Suchtkranken auch."
Braun wird nicht der letzte Spitzenathlet sein. Davon ist Steffen Kirchner überzeugt. Kirchner ist Mentaltrainer und Motivationscoach. Zu seinen Klienten gehören auch etliche Leistungssportler. Pro Mannschaft gebe es mindestens zwei Spieler, die Angststörungen und Depressionen hätten und darauf mit Suchtverhalten reagierten, sagt Steffen Kirchner.
"Das Verhalten der Eisbären ist vorbildlich an der Stelle, zumindest in dem Zusammenhang, wie man damit umgeht, wenn das Kind schon mal in den Brunnen gefallen ist. Man sieht, wie schnell sich dann auch die Fans hinter den Sportler stellen und man somit Anerkennung und eine Art Heldenstatus, ist vielleicht das falsche Wort, aber gewisses Maß an Respekt erhalten kann, gerade weil das ein gesellschaftliches Thema ist."

Bundesweit Unterstützung durch Fans

"Stay strong!" – mit Sprüchen wie diesen auf großen Bannern machten bundesweit die Eishockey-Fans dem Verteidiger Mut. Umso irritierender, dass im Umfeld von Sportveranstaltungen noch immer für Alkohol geworben wird. Allerdings nicht mehr bei den Eisbären Berlin: die große Brauerei, die bisher zu den Hauptsponsoren gehörte, hat sich zurückgezogen. Ex-Profi Stefan Ustorf, Mitglied der Sportlichen Leitung, sagt, mit dem Fall Constantin Braun habe das aber nichts zu tun.
"Selbst wenn es keine Tabakwerbung mehr gibt im Profisport, werden Sie immer noch genügend Raucher finden im Profisport. Von daher: das sind erwachsene Menschen, die werden ihre eigenen Entscheidungen treffen, du kannst als Verantwortlicher nur versuchen, sie in die richtige Richtung zu führen, ihnen den richtigen Weg aufzuzeigen. Aber die Entscheidungen wird ein 25-jähriger oder 30-jähriger Sportler immer selber treffen."
So wie nun Constantin Braun. Zwei Mal schon ließ er sich wegen Depressionen behandeln, davon erfuhr die Öffentlichkeit erst hinterher, anders als jetzt, bei seiner Alkoholkrankheit.
"Das ist auch ein wichtiger Teil seines Prozesses, dass er offen mit der Sache umgeht. Wir erwarten nicht, dass er in naher Zukunft zurück kommt als Eishockeyspieler, aber das ist auch nicht wichtig im Augenblick. Wichtig ist der Mensch Constantin Braun, und der hat unsere volle Unterstützung."

Timm Kruse ist ein Freund des Selbstversuchs. Als er merkt, dass er ein Alkoholproblem hat, beschließt er, ein Jahr lang komplett auf Alkohol zu verzichten. Das verändert sein Leben in vielerlei Hinsicht, wie er in seinem Buch "Weder geschüttelt noch gerührt" berichtet. Mit Deutschlandfunk Kultur-Redakteur Thomas Wheeler spricht er unter anderem über Alkoholkonsum unter Freizeitsportlern und Sponsoring von Brauereien bei Sportveranstaltungen.

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