Neu im Kino: "Alle reden übers Wetter"

Intime Analyse der sozialen Brüche

05:56 Minuten
Filmstill aus "Alle reden übers Wetter": Die Doktorandin Clara spricht in einem dörflichen Supermarkt mit ihrer Mutter.
Wenn Tochter und Mutter nicht mehr zueinander finden: Davon erzählt der Film "Alle reden übers Wetter". © Grandfilm
Von Patrick Wellinski |
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Annika Pinskes Debüt „Alle reden übers Wetter“ ist ein Film über die deutschen Diskurse der Gegenwart. Es geht um die Konflikte zwischen Ost und West, Stadt und Land, Arbeitermilieu und Akademikerelite. Herausragend!

Worum geht es?

Clara steht kurz vor ihrer Promotion im Bereich Philosophie an einer Berliner Universität. Sie ist Mutter einer 15 Jahre alten Tochter, wohnt aber noch in einer WG in Kreuzberg und fremdelt sichtlich mit der intellektuellen, akademischen Elite, mit der sie sich umgibt.
Als sie zum Geburtstag ihrer Mutter nach Mecklenburg-Vorpommern fährt, wird Clara mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Was hat sie dem ostdeutschen Arbeitermilieu noch zu sagen? Wie sehr hat sie sich von ihren Wurzeln entfernt? Wieso begegnen ihr Freunde und Verwandte mit einer gewissen Kälte? Clara beginnt an diesem Wochenende, sich intensiv mit ihrer Identität auseinanderzusetzen.

Was ist das Besondere?

Im Grunde ist „Alle reden übers Wetter“ ein Film über die wichtigsten deutschen Diskurse der Gegenwart. Es geht um die vielschichtigen Konflikte zwischen Ost und West, Stadt und Land, Arbeitermilieu und Akademikerelite. Mit einer sehr stillen und persönlichen Erzählart zeigt die Debütantin Annika Pinske die gesellschaftlichen Bruchkanten im heutigen Deutschland.

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Wenn Clara, die mit ihrer Biografie ein mustergültiges Beispiel für die deutsche Aufstiegsgesellschaft darstellt, keine Sprache mehr mit ihrer Mutter hat, wird auch deutlich, welchen Preis ein solches Leben haben kann. Wie weit ländliches Leben in Deutschland von den Zirkeln der Großstadt entfernt ist, wird schmerzhaft klar, als Clara mit dem Rassismus ihrer Freunde konfrontiert wird und nicht weiß, was sie sagen soll. In diesen Identitätskonflikten liegt die wahre Kraft des Films.

Bewertung

„Alle reden übers Wetter“ ist ein klarsichtiges, kluges, intimes und teilweise sogar humorvolles Porträt deutsch-deutscher Biografien. Annika Pinske kann über das Ausloten einer Mutter-Tochter-Beziehung von Lebensentwürfen erzählen, die auch mal ins Leere laufen und sich ihren Erfolg zum Preis einer Entwurzelung erkaufen. Damit macht sie Menschen und Milieus sichtbar, die sonst keinen Platz auf der Leinwand finden. Eine herausragende Leistung. 

Alle reden übers Wetter
Drama, Deutschland 2022
Regie: Annika Pinske
89 Minuten
mit Anne Schäfer, Judith Hofmann, Max Riemelt, Sandra Hüller, Ronald Zehrfeld

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