"Alle wollen, dass Opel weiter existiert"

Heidi Hetzer im Gespräch mit Jörg Degenhardt |
Berlins bekannteste Opel-Händlerin, die ehemalige Rennfahrerin Heidi Hetzer, zeigt sich optimistisch, dass die Opel-Händler das Ziel von europaweit 1,2 Millionen verkaufter Autos in diesem Jahr erreichen werden. Allerdings gehe es nicht nur ums Geld. Man sehe die Emotionen, dass alle wollten, dass Opel weiter existiere, sagte Hetzer: "Das ist doch wichtig!"
Jörg Degenhardt: Die deutschen Opel-Händler steigen mit ins Boot, um den Autokonzern zu retten. Praktisch heißt das, sie wollen sich mit 150 Euro pro verkauftem Fahrzeug über einen Zeitraum von drei Jahren an Opel beteiligen. Schon vergangene Woche hatte die Vereinigung der europäischen Opel-Händler eine entsprechende Initiative beschlossen, die insgesamt 400 Millionen Euro einbringen soll. Letztlich also geht es darum, Opel in eine europäische Aktiengesellschaft umzuwandeln, und die Händler sind mit einem Anteil von 10 bis maximal 20 Prozent dabei. Die bekannteste Opel-Adresse in Berlin ist die von Heidi Hetzer. Guten Morgen, Frau Hetzer.

Heidi Hetzer: Guten Morgen.

Degenhardt: Um das Geld auch wirklich zusammenzukriegen, müssen sie möglichst viele Autos verkaufen. Das ist klar. Wie laufen denn Ihre Geschäfte derzeit?

Hetzer: Im Moment sehr gut. Das ist natürlich durch die Abwrackprämie gar keine Frage, und da gehen nur kleine Wagen, also drei Sorten, die wir haben, die größeren nicht, wie bei anderen Fabrikaten auch nicht. Das hat wirklich Leute auf die Beine gebracht, motiviert, die eigentlich sonst noch gar kein Auto gekauft hätten. Da wär das noch mit dem TÜV - die wären noch ein paar Jahre gefahren.

Aber jetzt sagen die Leute, das ist die Gelegenheit, so billig kommen wir nie wieder an ein Auto heran, und das ist für uns ganz toll. Es kommen auch andere Marken auf den Hof, also nicht nur Opel, sondern viele andere Kunden erreichen wir, die sonst gar nicht gekommen wären.

Degenhardt: Die Opel-Händler rechnen ja in diesem Jahr mit einem Absatz von 1,2 Millionen Fahrzeugen in ganz Europa. Ist das aus Ihrer Sicht, Frau Hetzer, eine realistische Annahme? Schließlich wissen wir ja gar nicht, was noch an Krise auf uns zukommt und ob die Menschen dann überhaupt noch das Geld für neue Autos haben.

Hetzer: Ja, das ist natürlich eine große Frage. Die kann Ihnen keiner beantworten. Aber im Moment ist es einfach viel mehr, was wir verkaufen. Mit der Abwrackprämie, das geht ja noch eine Weile, es ist ja erst die Hälfte verbraucht, und man weiß auch nicht, ob es vielleicht noch verlängert wird. Ich denke, das kriegen wir zusammen, solange natürlich Opel weiter existiert. Wir sagen, wenn die Marke in Ordnung ist, dann haben wir keine Probleme, und die Marke ist im Moment wirklich gut.

Wir haben die schönsten Autos, und wir haben gerade den neuen "Astra" gesehen, der im Herbst kommt: sensationell, so wie der "Insignia", wunderbar! Aber wo ist jetzt der Investor, die Bundesregierung? Wie löst man sich von GM? Das sind eben die Sorgen, die wir haben und wo wir von unserer Seite so wenig dazu tun können. Es war beeindruckend gestern, alle Mitglieder, die da waren, haben zu 100 Prozent zugestimmt.

Degenhardt: Welche Signale haben Sie denn von den europäischen Opel-Händlern? Sind die auch mit dabei?

Hetzer: Die Vertreter, die da waren, haben gesagt, ja, es sieht gut aus, sie haben sich dazu geäußert. Aber die müssen nun daran weiterarbeiten, und es gibt ja noch viele andere, die da mitmachen könnten, wie die eigenen Mitarbeiter vom Werk, unsere Mitarbeiter. Zum Monatsende ist in Rüsselsheim eine Kundgebung von den ganzen Opel-Clubs, Vereinen und so weiter geplant. Da wird riesig was auf die Beine gestellt, und die könnten ja auch mitmachen. Da gibt es ja noch große Felder. Man sieht, es geht auch nicht nur um das Geld. Letzten Endes kann das Geld ja Opel nicht retten. Aber man sieht die Emotionen, das Interesse, dass alle wollen, dass Opel weiter existiert. Das ist doch wichtig!

Degenhardt: Das ist natürlich ein sehr emotionales Thema. Sie haben es auch schon gesagt, die Händler allein und auch die Mitarbeiter, die können Opel nicht retten. Von welcher Seite aus muss denn der entscheidende Impuls kommen aus Ihrer Sicht, von der Politik tatsächlich, aus Berlin?

Hetzer: Ich würde sagen, von Opel selbst, dass die ein richtiges Konzept vorlegen, dass sie klar sagen, was sie brauchen und vor allen Dingen, wie sie sich mit GM geeinigt haben. Da ist doch noch die große Entscheidung. Die haben schon gesagt, sie sagen mit, aber was kostet es jetzt, wenn wir die Autos weiter bauen, Deutschland eine neue Firma hat? Und dann müssen doch irgendwelche Gelder fließen, die praktisch die Patente bezahlen. Denn das wissen wir doch, das ist nun mal in GM, und das werden die uns berechnen.

Man kann vielleicht erst die Autos bauen und dann später irgendsowas bezahlen, aber die müssen doch alle an einem Tisch sitzen, in einem Boot und müssen wirklich gemeinsam wollen. Ich finde, das richtige Konzept ist notwendig, das die Bundesregierung überzeugt, dass sie sagt: okay. Und wir können uns gar nicht erlauben, die Arbeitsplätze kaputt gehen zu lassen. Das sind ja so viel mehr, das denkt man ja gar nicht. Das sind die Zulieferer, was alles da dranhängt, und wenn da Arbeitslosengeld gezahlt wird, dann können sie es auch gleich in die Firma stecken. Das wäre doch besser.

Degenhardt: Der Unternehmensberater Roland Berger soll ja nun nach dem Willen der Bundesregierung die Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel koordinieren. Ist er denn aus Ihrer Sicht, Frau Hetzer, der richtige Mann für diesen Job?

Hetzer: Den kenne ich nicht, aber ich denke schon, dass man professionelle Leute da ranholen muss, die ja so was schon öfter gemacht haben. Die haben ja dann Ideen, auf die man vielleicht selbst nicht kommt, und die kennen eine Menge Investoren. Die kennt die Bundesregierung natürlich auch. Die können auch welche animieren und sagen, okay, wenn ihr mitmacht, dann geht es gemeinsam. Da ist noch eine Menge Arbeit, und solche Investoren kenne ich nicht. Die gibt es aber bestimmt.

Degenhardt: Sie sehen da keinen Interessenskonflikt, weil es gibt schon Stimmen, die meinen, Herr Berger als Unternehmensberater könnte vielleicht mehr die Interessen des Unternehmens, der Unternehmensleitung und vielleicht auch von anderen - Stichwort GM - vertreten als die Interessen der Mitarbeiter und die der Händler.

Hetzer: Nein.

Degenhardt: Die Sorge haben Sie nicht?

Hetzer: Das glaube ich nicht. Was ist das für ein Interesse? GM hat doch kein Interesse daran, dass Opel pleitegeht. Wo ist das Interesse, wenn er die Interessen von GM vertritt?

Degenhardt: Gut, vielen Dank für das Gespräch im Programm von Deutschlandradio Kultur. Das war Heidi Hetzer, die Opel-Großhändlerin hier in Berlin.