Allein gegen die Cava-Mafia

Von Vera Görgen |
Die Deutschen sind die Weltmeister im Cava-Trinken. Cava, der spanische Schaumwein, wird mit einer zweiten Gärung in der Flasche hergestellt. Rund 270 Erzeuger gibt es im Penedés, doch der größte Teil wird von zwei bis drei großen Unternehmen hergestellt. Maria Rosa Cardona, Cava-Winzerin aus der Region Penedés, kämpft mit ihrem Familienunternehmen gegen die Massenproduktion an und setzt auf hohe Qualität.
Maria Rosa Cardona: "Sie sehen, was für eine schöne Mousse der Cava bildet. Das bedeutet: Man hat ihm die Zeit gegeben, um seine Reifung, seine Crianza, zu vollenden."


Maria Rosa Cardona erklärt bei einer Weinprobe, woran man guten Cava erkennt. Die kleine, blondierte Spanierin in dem türkisfarbenen Anzug steht der Bodega Rovellats vor – einem Weingut in der Region Penedés, aus der der Cava kommt: der spanische Schaumwein, der nach der Méthode Champenoise hergestellt wird.

Maria Rosa Cardona: "Wenn Sie Kohlensäure in die Weine tun, dann sieht das vollkommen anders aus: Die Perlen bewegen sich tumultartig und sie moussieren natürlich überhaupt nicht. Einige tun Chemikalien in ihre Produkte, wenn die Trauben aber am richtigen Punkt waren, dann ist es gar nicht nötig, sie im Keller zu manipulieren! "

Das Weingut hat sie von ihren Eltern übernommen und ihre Cavas wurden mit hohen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit einer Goldmedaille auf dem Concours Mondial de Bruxelles im vergangenen Jahr. Bis dahin war es für sie allerdings ein langer Weg.

Maria Rosa Cardona: "Als ich vor 25 Jahren anfing, war ich die erste Frau in der ganzen Gegend, alle meine Kollegen waren Männer. … Sie waren sehr machistisch und haben mir nicht gerade geholfen, im Gegenteil, sie waren ziemlich aggressiv! Also musste ich professioneller sein als sie. … Schließlich haben sie mich nicht nur akzeptiert, manchmal holen sie sogar meine Meinung ein!"

Die Mitte 40-jährige Katalanin ist ein Workaholic, sie arbeitet 12, 13 Stunden am Tag – und eine Kämpfernatur: Nicht nur bei ihren männlichen Kollegen hat sie sich so Respekt verschafft, sie kämpft auch noch an einer anderen Front – gegen die übermächtigen Cava-Giganten. Sie beschuldigt die großen Hersteller, mit ihrer Massenware dem Ruf des Cava geschadet zu haben.

Maria Rosa Cardona: "Die sind überall, die haben eine ganze Armee, um die Schlachten zu schlagen. … Das ist das Problem: Wir sind nur wenige, die die Dinge ändern wollen … Nicht alle sprechen so frei heraus wie ich, sie haben Angst, ihre Meinung zu sagen, sie sind sehr diplomatisch."

Seit Jahren streitet sie beim Kontrollrat des Cava dafür, dass er die Anforderungen an die Qualität erhöht. Maria Rosa Cardona, die sich mit schrillen Farben und auffälligen Strass-Broschen schmückt, bekämpft ihre Gegner mit einer klaren Haltung.

Maria Rosa Cardona: "Ich bin sehr speziell: …Ich bin direkt, ich rede laut, ich schaue den Leuten in die Augen. Meinen ersten Abschluss habe ich in Jura gemacht, weil ich dachte, ich könnte die Welt in Ordnung bringen. Ich mag keine Lügen, ich mag es, frei heraus zu sein, ich weiß, ich kann die Dinge vielleicht komplizierter, dafür aber anständig machen."

Sie selbst verwendet nur den Ertrag der eigenen Weinberge und kauft nicht hinzu, wie viele andere Winzer. Die Trauben lässt sie noch mit der Hand lesen und sie kultiviert Reben, die mehrere Jahrzehnte alt sind - die weniger, dafür aber besseren Saft geben als junge. Vor dem Gärtank erklärt sie ihr Konzept:

"Was wir produzieren, das machen wir nur durch physische Methoden, wir benutzen keine Chemie. In den Weinbergen kreieren wir das Produkt, nicht in den Kellern!"

Sie führt die Besucher durch die Bodega Rovellats, zu der auch eine halb zerbröckelte Kapelle gehört. Das Weingut ist rundum von Weinbergen umgeben und im Stil des Modernisme erbaut, der katalanischen Variante des Jugendstils.

Im Keller liegen die langen Reihen mit Flaschen – denn Cava muss mindestens neun Monate auf der Hefe lagern. Der kleine Familienbetrieb kommt mit einer Handvoll Arbeitern aus: Paquita haut mit dem Hammer die Verschlüsse in die Flaschen, für die zweite Gärung. Und Elena nimmt sie vom Fließband, um sie zu stapeln.

Maria Rosa Cardona: "Man kann wie ein Künstler arbeiten, ich meine, die große Produktion funktioniert einfach nicht. Man kann ein großes Bild vollenden in ausreichender Zeit und es anständig machen. Man guckt es an…und erkennt: Hier hat man noch einen Schatten vergessen und da noch ein bisschen Farbe. Und mit dem Wein ist es das gleiche: Wein ist etwas Lebendiges, ein lebender Körper, um den man sich ständig kümmern muss! Man kann Wein nicht so produzieren wie Coca Cola!"

Service:
Die Bodega Rovellats liegt etwa eine Stunde von Barcelona entfernt.