Alles über Quecksilber und Co.
Von Gadolinium, das als Kontrastmittel in der Kernspintomographie eingesetzt wird, bis zu Promethium, dem letzten entdeckten natürlichen Element: In diesem Buch lernt man die Bausteine der Chemie in Geschichten kennen.
Das Periodensystem der Elemente – eine nur für Chemiker durchschaubare, abstrakte Matrix voller Zahlen und Buchstabenkürzel? Nicht bei Sam Kean. Eher ein Backsteinschloss mit Wehrtürmen und einer Zufahrtsstraße – so zumindest beschreibt er optisch das bekannte Schaubild der Elemente. Sein Buch "Die Ordnung der Dinge" ist nicht einfach eine weitere Geschichte des Periodensystems. Es ist ein unterhaltsames Buch voller Geschichten und Anekdoten über die Elemente.
Natürlich war es eine große wissenschaftliche Leistung, Ordnung in die Dinge - sprich: die Elemente - zu bringen und ein sinnvolles System zu entwickeln, um sie zu katalogisieren. Und natürlich erzählt Sam Kean auch diese Entstehung des Periodensystems, insbesondere durch Julius Lothar Meyer und Dmitri Mendelejew. Aber vor allem zeigt er, dass die Elemente nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine gesellschaftliche und politische Dimension haben.
Elemente spielten eine Rolle in der Waffenentwicklung, förderten Ausbeutung und schürten Konflikte in Afrika, wurden zu Geld gemünzt, als Gifte und Medizin eingesetzt und fanden ihren Niederschlag in Kunst und Literatur. Mühelos springt das Buch von König Midas im 7. Jahrhundert vor Christus zum Spiritismus im 19. Jahrhundert, zu Scotts Südpolexpedition, den Bausteinen des Lebens, Mark Twain und Goethe, Supernovae-Explosionen, Bose-Einstein Kondensaten, der Altersbestimmung von Gesteinen und der Suche nach außerirdischem Leben.
In jeder dieser Geschichten spielt ein Element des Periodensystems eine mehr oder weniger prominente Rolle, sei es das unbekannte Gadolinium, das als Kontrastmittel in der Kernspintomographie eingesetzt werden kann, oder das noch unbekanntere Promethium, das anscheinend nutzlos ist, aber den Ehrenplatz als das letzte entdeckte natürliche Element innehat.
Die Reihenfolge, in der die Elemente im Buch auftauchen, ist dabei nicht durch die Ordnung des Systems vom Wasserstoff bis zum Uran vorgegeben, sondern folgt thematischen Schwerpunkten (Entwicklung des Ordnungssystems der Elemente, die Elemente auf atomarer Ebene, in biologischen Zusammenhängen, gesellschaftspolitische Auswirkungen und besondere wissenschaftliche Fragestellungen) und der persönlichen Vorliebe des Autors: Er beginnt das Buch mit Quecksilber, das in den Fieberthermometern seiner Kindheit steckte und eine faszinierende Wirkung auf ihn ausübte.
Die Detailfülle, mit der das Buch aufwartet, ist enorm. Aber es ist weit davon entfernt, ein chemisches Kompendium zu sein. Im Gegenteil. Es ist ein spannendes, leicht erzähltes und gut übersetztes Lesebuch, das ein lebendiges Bild von der Fülle verschiedenster Zusammenhänge entstehen lässt. Sam Kean gelingt das Kunststück, das Periodensystem in einen Ort voller Geschichten zu verwandeln. Und gerade dadurch, dass er sich so oft auf scheinbar abseitige Pfade begibt, weckt er beim Lesen die Lust am Entdecken.
Besprochen von Gerrit Stratmann
Sam Kean: Die Ordnung der Dinge - Im Reich der Elemente
Hoffmann und Campe, Hamburg 2010,
447 Seiten, 22 Euro
Natürlich war es eine große wissenschaftliche Leistung, Ordnung in die Dinge - sprich: die Elemente - zu bringen und ein sinnvolles System zu entwickeln, um sie zu katalogisieren. Und natürlich erzählt Sam Kean auch diese Entstehung des Periodensystems, insbesondere durch Julius Lothar Meyer und Dmitri Mendelejew. Aber vor allem zeigt er, dass die Elemente nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine gesellschaftliche und politische Dimension haben.
Elemente spielten eine Rolle in der Waffenentwicklung, förderten Ausbeutung und schürten Konflikte in Afrika, wurden zu Geld gemünzt, als Gifte und Medizin eingesetzt und fanden ihren Niederschlag in Kunst und Literatur. Mühelos springt das Buch von König Midas im 7. Jahrhundert vor Christus zum Spiritismus im 19. Jahrhundert, zu Scotts Südpolexpedition, den Bausteinen des Lebens, Mark Twain und Goethe, Supernovae-Explosionen, Bose-Einstein Kondensaten, der Altersbestimmung von Gesteinen und der Suche nach außerirdischem Leben.
In jeder dieser Geschichten spielt ein Element des Periodensystems eine mehr oder weniger prominente Rolle, sei es das unbekannte Gadolinium, das als Kontrastmittel in der Kernspintomographie eingesetzt werden kann, oder das noch unbekanntere Promethium, das anscheinend nutzlos ist, aber den Ehrenplatz als das letzte entdeckte natürliche Element innehat.
Die Reihenfolge, in der die Elemente im Buch auftauchen, ist dabei nicht durch die Ordnung des Systems vom Wasserstoff bis zum Uran vorgegeben, sondern folgt thematischen Schwerpunkten (Entwicklung des Ordnungssystems der Elemente, die Elemente auf atomarer Ebene, in biologischen Zusammenhängen, gesellschaftspolitische Auswirkungen und besondere wissenschaftliche Fragestellungen) und der persönlichen Vorliebe des Autors: Er beginnt das Buch mit Quecksilber, das in den Fieberthermometern seiner Kindheit steckte und eine faszinierende Wirkung auf ihn ausübte.
Die Detailfülle, mit der das Buch aufwartet, ist enorm. Aber es ist weit davon entfernt, ein chemisches Kompendium zu sein. Im Gegenteil. Es ist ein spannendes, leicht erzähltes und gut übersetztes Lesebuch, das ein lebendiges Bild von der Fülle verschiedenster Zusammenhänge entstehen lässt. Sam Kean gelingt das Kunststück, das Periodensystem in einen Ort voller Geschichten zu verwandeln. Und gerade dadurch, dass er sich so oft auf scheinbar abseitige Pfade begibt, weckt er beim Lesen die Lust am Entdecken.
Besprochen von Gerrit Stratmann
Sam Kean: Die Ordnung der Dinge - Im Reich der Elemente
Hoffmann und Campe, Hamburg 2010,
447 Seiten, 22 Euro