Alltag an der Supermarktkasse

"Die Angst ist unser täglicher Begleiter"

05:42 Minuten
Eine Frau in schwarzer Kleidung steht in einem Park.
"Es ist einfach der helle Wahnsinn im Moment": Maurike Maaßen muss sich oft mit schwierigen Kunden auseinandersetzen. © Nick Jaussi
Maurike Maaßen im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
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Nach dem Tötungsdelikt in Idar-Oberstein wird erneut über den Alltag von Beschäftigten im Einzelhandel diskutiert. Die Betriebsrätin Maurike Maaßen berichtet von extremen Belastungen und renitenten Kunden, die mit den Nerven am Ende sind.
Nach der Tötung eines Tankstellen-Mitarbeiters im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein herrscht bundesweit Bestürzung. Experten und Forscher warnen nun vor gewaltbereiten Corona-Leugnern. Die Tat ist allerdings bislang ein Einzelfall, die Hintergründe sind noch unklar.

Mehrfach gibt es jeden Tag Streit um die Maske

Doch unterhalb der Schwelle von solch drastischer Gewalt scheint vieles sehr viel schwieriger für das Personal im Einzelhandel geworden zu sein. "Die Angst, dass die Kunden ausrasten, ist unser täglicher Begleiter", sagt Maurike Maaßen, Kassiererin in einem Supermarkt in Essen und Betriebsrätin bei verdi.
Der Streit um die Maske: Das passiere in ihrem Markt täglich mehrfach, berichtet Maaßen. Im ersten Lockdown habe noch ein Sicherheitsdienst die Einhaltung der Regeln kontrolliert. Das sei nun nicht mehr der Fall.
Die Probleme mit schwierigen Kunden haben sich Maaßen zufolge durch Corona deutlich verschärft. "Mittlerweile kommt es auch zu Handgreiflichkeiten", sagt sie. "Die Menschen sind einfach mit den Nerven am Ende, weil die Krise kein Ende nimmt und keiner weiß, was die Zukunft bringt."
Dass die Verzweiflung dann aber am Personal im Supermarkt ausgelassen werde, könne sie nicht verstehen, betont die Betriebsrätin. "Wir sind doch genauso wie die - wir sind ganz normale Menschen. Wir machen unsere tägliche Arbeit bis an unsere körperlichen Grenzen. Es ist einfach der helle Wahnsinn im Moment."

Der Einzelhandelsverband beschwichtigt

Der Einzelhandelsverband, also die Arbeitgeberseite, stellt die Lage sehr viel positiver dar. "Auch wenn es vereinzelt uneinsichtige Kunden geben mag, ist das Maskentragen nach mehr als einem Jahr zur Gewohnheit geworden, das nur noch extrem selten zu Konflikten führt", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
In den Geschäften des Einzelhandels komme es kaum zu Problemen mit Maskenverweigerern: "Das Tragen von Masken gehört für die allermeisten Kundinnen und Kunden heute ganz selbstverständlich zum Einkauf dazu."
Am Samstagabend war ein 20-Jähriger in einer Tankstelle in Idar-Oberstein erschossen worden. Nach Angaben der Ermittler hatte er den Tatverdächtigen zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen. Der 49 Jahre alte mutmaßliche Schütze wollte ohne Mund-Nasen-Schutz Bier kaufen.
Nach der Tat war er festgenommen worden. Bei seiner Vernehmung soll er seine Ablehnung der Anti-Corona-Maßnahmen deutlich gemacht haben. Bei einer Wohnungsdurchsuchung konnte die Tatwaffe sichergestellt werden.
(ahe/afp)
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