Almudena Grandes: "Kleine Helden"

Literarisches Wimmelbild mit vielen Klischees

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Drei Lieben, ein Selbstmord, drei neue Jobs: Almudena Grandes "Kleine Helden" ist eine literarische Telenovela. © Cover: Hanser-Verlag, Foto: dpa
Von Katharina Döbler |
Im Kampf gegen die Folgen der Finanzkrise, gegen Armut und sozialen Kahlschlag entdecken die Bewohner eines Madrider Viertels die Kraft der Solidarität. Am Ende siegt das Gute, wenigstens ein bisschen. Ein Buch wie eine Telenovela: unterhaltsam und gut gemeint.
Marisa, Marita, Pilar, Amalia, Diana, Maria, Aurora und Adela. Und noch einige andere. Dazu ihre Männer, Kinder, Enkel, Väter und Schwiegerväter.
Der neueste Roman von Almudena Grandes ist ein literarisches Wimmelbild eines Viertels im Zentrum von Madrid.
Er könnte aber überall spielen, meint die Autorin im Interview, in jeder Stadt in Europa. Aber das stimmt nicht: So sehr das Buch eine gewisse soziale Allgemeingütigkeit beansprucht, bleibt es doch sehr spanisch, sehr madrilenisch sogar, in den geschilderten Lebensgewohnheiten, Umgangsformen und Familienstrukturen. Und auch, was die spezifischen Folgen der Finanzkrise betrifft. Denn die – der Roman ist im Original bereits 2015 erschienen – sind das große Thema des Romans.

Drei Generationen kämpfen gegen die Folgen der Finanzkrise

Grandes stellt durch ihre Protagonistinnen die großen Verwerfungen der Krise dar: Die Ärztin Diana und die Krankenschwester Maria arbeiten im Gesundheitszentrum des Viertels, das im Zuge der Sparmaßen geschlossen werden soll und nur durch eine Großdemonstration einstweilen gerettet wird. Die Anwältin Marita betreut Familien, die ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen konnten und zwangsgeräumt wurden, die Lehrerin Sofía gründet eine Initiative, um hungernden Kindern ein Pausenbrot und in den Ferien eine anständige Mahlzeit zu verschaffen.
Der Bauingenieur Sebastián arbeitet als Pförtner, weil er mit dem Zusammenbruch des spanischen Immobiliensektors seinen Job verloren hat. Die Journalistin Marita, Redakteurin beim nationalen Fernsehsender, wurde entlassen, ihrem Mann das Gehalt gekürzt. Und die Frisörin Amalia muss sich gegen die Konkurrenz einer chinesischen Fingernägel-Mafia behaupten, die ihre Angestellten wie Sklaven hält.
Über ein Jahr kämpfen drei Generationen mehr oder weniger engagiert gegen diese (und noch einige andere) Übel an. Die Großeltern spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie können sich noch an die finsteren Franco-Jahre erinnern, die Zeit der Emigration und der großen Armut, als sie Brot, das zu Boden gefallen war, aufheben und küssen mussten. Diese Generation hat, schreibt Grandes, trotz aller Niederlagen ihren Stolz und ihre Hoffnung behalten. Und, das ist die Marschrichtung des Romans, ihren Kampfgeist.

Ein Wimmelbild mit vielen Klischees

Solidarität! scheint auf einem großen Transparent über diesem Roman zu stehen. Das ist natürlich schön. Aber mit dieser Absicht und dieser Botschaft füllt sich Grandes Wimmelbild leider mit vielen Schwarz-weiß-Klischees: Die Hauptfiguren sind allesamt gute, engagierte Menschen voller vernünftiger Einsichten. Der böse Spekulant, ein dämliches Großmaul, kommt ins Gefängnis und die konsumsüchtige Hausfrau wird Kassiererin (aber dadurch auch wieder glücklicher).
Im Lauf des Jahres, das Grandes schildert, gibt es einen Selbstmord, drei Mal eine neue Liebe und drei mal einen neuen Job. Weil alle zusammenhalten, wird eben alles irgendwie doch eher besser als schlechter.
Es ist ein Buch wie eine engagierte Telenovela: unterhaltsam und gut gemeint, politisch korrekt und melodramatisch.

Almudena Grandes: "Kleine Helden"
Aus dem Spanischen von Roberto de Hollanda
Hanser-Verlag, München 2018
320 Seiten, 24 Euro

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