Als der Nahe Osten auf Frieden hoffte

Von Peter Philipp |
Nach monatelangen Geheimverhandlungen in Oslo erreichten Israelis und Palästinenser vor zwei Jahrzehnten etwas, was damals für undenkbar gehalten wurde: Beide Seiten erklärten ihre grundsätzliche Bereitschaft, den Konflikt friedlich beizulegen. Die Protagonisten bekamen dafür den Friedensnobelpreis.
Ostjerusalem, 13. September 1993: An der roten Ampel hält ein Wagen jüdischer Siedler aus den besetzten Gebieten, von dessen Dach eine israelische Fahne flattert. Neben ihm, scheinbar einträchtig, ein Palästinenser aus diesen Gebieten. Dessen Auto ziert die schwarz-weiß-grüne Flagge mit dem roten Dreieck.

Nur wenige Tage zuvor hätte dies zu Auseinandersetzungen und dem Eingreifen der Polizei geführt, denn die palästinensische Fahne war in Israel verboten, ebenso Kontakte mit der PLO, die als illegale "Terror-Organisation" galt.

Aber mit diesem Montag sollte eine neue Zeit beginnen: Auf dem Rasen des Weißen Hauses in Washington schickten sich Israels Ministerpräsident Jitzchak Rabin und PLO-Chef Jassir Arafat an, das so genannte Oslo-Abkommen zu schließen. Gastgeber war der damalige US-Präsident Bill Clinton:

"Die Führer Israels und der PLO werden heute eine Grundsatzerklärung unterzeichnen über eine vorübergehende palästinensische Selbstverwaltung. Beide verpflichten sich jetzt, Trauer und Feindschaft der Vergangenheit hinter sich zu lassen und für eine gemeinsame Zukunft zu arbeiten, die bestimmt ist von den Werten der Thora, des Koran und der Bibel.”"

Das Undenkbare war geschehen: Die PLO war hoffähig geworden. Der Durchbruch hatte sich Monate zuvor vollzogen: Durch Vermittlung Norwegens hatten Unterhändler Israels und der PLO Geheimverhandlungen unweit von Oslo aufgenommen. Mit dem Ziel, im direkten Gespräch zu erreichen, was bei diversen internationalen Bemühungen stets misslungen war.

Und tatsächlich einigten sich beide Seiten auf Grundsätze einer Regelung. So sollte die PLO in die Westbank und nach Gaza zurückkehren können und die israelische Herrschaft dort schrittweise durch eine palästinensische Selbstverwaltung abgelöst werden. Über Frieden selbst und die Entstehung eines palästinensischen Staates neben Israel sollte erst sieben Jahre später befunden werden.

Über das, was unter der Verantwortung seines Außenministers Schimon Peres vereinbart worden war, zeigte sich Israels Ministerpräsident Jitzchak Rabin zunächst skeptisch - schließlich hatte er lange Jahre als militärischer Führer gegen die PLO und Israels Nachbarstaaten gekämpft. In Washington erlag er aber der allgemeinen Freude über das Erreichte:

""Wir, die wir gegen euch Palästinenser gekämpft haben, wir sagen euch heute, laut und deutlich: Genug mit Blut und Tränen. Genug. (Applaus) Wir wollen keine Rache. Wir tragen keinen Hass gegen euch. Unser Volk mag euch. Ein Volk, das ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und lieben will. Das in guter Nachbarschaft mit euch leben will. In Würde und als freie Menschen. Wir geben dem Frieden heute eine Chance und sagen euch, sagen euch noch einmal: Genug!”"

Nationalisten torpedieren die Friedensbemühungen
Viele Israelis teilten die Euphorie nicht. Die nationalistische Opposition unter dem heutigen Regierungschef Netanjahu eröffnete eine breite Kampagne gegen Rabin und Peres, die zwei Jahre später in der Ermordung Rabins durch einen fanatischen Siedler gipfelte.

PLO-Chef Jassir Arafat hatte schon an jenem 13. September in Washington deutlich gemacht, dass die PLO und Israel es alleine kaum schaffen würden.

""Für die Lösung der Frage von Jerusalem, der Siedlungen, der Flüchtlinge und der Grenzen werden die Palästinenser und Israel verantwortlich sein. Aber es gibt auch die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft insgesamt, den Parteien bei der Überwindung der ungeheuren Schwierigkeiten zu helfen, die noch auf dem Weg zu einer umfassenden Friedensregelung liegen."

Die Hoffnung Arafats wurde enttäuscht: Die internationale Gemeinschaft - allen voran die USA - konnte in der Folge nicht verhindern, dass die Umsetzung des Oslo-Abkommens immer mehr verschleppt und torpediert wurde. Der Rabin-Mord, ein zweiter Palästinenseraufstand und eine innenpolitische Verhärtung auf beiden Seiten taten das ihre. Washington war mit seinen Kriegen in der Region beschäftigt, und Barack Obama ergriff erst in seiner zweiten Amtszeit die Initiative, als er im Sommer 2013 seinen Außenminister Kerry in den Nahen Osten schickte und dieser anschließend in Washington erste israelisch-palästinensische Gespräche nach Jahren feindseligen Schweigens zustande brachte. Das Oslo-Abkommen spielte da keine Rolle mehr. Und das, obwohl die Hauptakteure - Rabin, Peres und Arafat - hierfür 1994 den Friedensnobelpreis erhalten hatten.

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