Als die DDR Wolf Biermann ausbürgerte
Es war ein Abend, der Zeitgeschichte geschrieben hat: Nach elf Jahren Konzertverbot in der DDR trat Wolf Biermann im November 1976 in der Kölner Sporthalle auf. Tausende Besucher feierten seine Lieder und Ansagen. Kurz darauf wurde Biermann aus der DDR ausgebürgert.
Es ist der 13. November 1976. Rund 7000 Leute sind gekommen, um Wolf Biermann zu hören. Jahrelang durfte der in Hamburg geborene, 1953 nach Ostdeutschland übergesiedelte Sänger nicht in der DDR auftreten – nur ein einziges Mal war ihm aufgrund eines Versehens ein Konzert in einer Ostberliner Kirche geglückt. Und jetzt also eine kleine Konzertreise durch die Bundesrepublik, nach einer Einladung durch die IG Metall, wofür die DDR eine Reisegenehmigung erteilt hatte.
Das für zwei Stunden angesetzte Konzert dauert doppelt so lange wie geplant. Biermann singt, trägt Gedichte vor, spricht über das Leben in der DDR, die darin mal besser, mal schlechter wegkommt.
"Da hat einer einen Witz über die Stasi erzählt, wie die auf der Jagd waren und nur einen Hasen gefangen haben und um den rumstehen und treten und sagen: Gibst Du endlich los, dass Du'n Wildschwein bist?"
Es muss ein guter Abend gewesen sein. Biermanns anfängliche Nervosität legt sich schnell, der überwiegende Teil des Publikums feiert seine Lieder und Ansagen, vereinzelt kommt es zwischen den Songs zu Diskussionen. Biermann verteidigt dann auch schon mal die DDR und spricht von seiner Hoffnung, dass sich auch die Bundesrepublik in Richtung sozialistische Gesellschaft bewegt. Und auch das Thema Ausreise kommt zur Sprache:
"Ist natürlich gut gesagt, das Hierbleiben. Oder besser: Dortbleiben! Man kann aus Faulheit dableiben, man kann dableiben, um eine billige Karriere zu machen – oder auch eine teure. Man kann aber auch dableiben, um sich einzumischen."
Auf solche Töne scheinen die Regierenden in der DDR nur gewartet zu haben, seit geraumer Zeit wird dort die Ausbürgerung des unbequemen Biermanns im Geheimen vorbereitet.
Zwei Tage nach dem Kölner Auftritt verbreitet die staatliche Nachrichtenagentur ADN die Mitteilung, Biermann werde die DDR-Staatsbürgerschaft entzogen. Als Begründung wird Biermanns "feindseliges Auftreten gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik" angeführt.
Biermann ist zunächst wie vor den Kopf geschlagen. Am 19. November, sechs Tage nach dem Konzert, drei nach der Ausbürgerung, gibt er in Köln eine Pressekonferenz.
"Es wird Sie vielleicht interessieren, dass ich in dem Moment, in dem ich von dieser schändlichen Ausbürgerung erfuhr, dass ich in diesem Moment gelähmt war, überwältigt war, seelisch auch schlecht darauf vorbereitet. Ich hatte es für absolut nicht möglich gehalten."
Doch wie die DDR dazu bringen, die Maßnahme zurückzunehmen? Biermann hofft auf die Solidaritätsbekundungen in Ost und West. Zahlreiche auch prominente Unterstützer protestieren gegen seine Ausbürgerung. Zwölf namhafte DDR-Schriftsteller unterzeichnen einen von Stephan Hermlin initiierten Brief an die Staatsführung, 100 Künstler, Musiker und Schriftsteller schließen sich dem an.
"Ich besitze einen gültigen DDR-Reisepass, mit einem Aus- und Wiedereinreisevisum. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich diese schändliche und schädliche Ausbürgerung nicht hinnehme."
Alle Aktionen sind vergeblich. Die, die sich in der DDR solidarisch mit Biermann zeigen, setzen sich damit nur selbst neuen Repressalien aus. Alle Hoffnung auf gesellschaftliche Liberalisierung, die sich Anfang der 70er-Jahre nach dem Machtantritt Erich Honeckers eingestellt hatte, ist zerstört, nicht wenige Dissidenten änderen ihre Haltung zur DDR und distanzieren sich radikal. Vor allem das ist das Ergebnis der Maßnahmen gegen Biermann.
Ihm selbst bleibt nichts anderes übrig, als sich mit der Ausbürgerung abzufinden, nach eigener Aussage bricht er dann auch mit seiner sozialistischen Überzeugung. In seinen Liedern kritisiert er immer wieder die DDR, einmal nur vor dem Fall der Mauer, 1982, kehrt er für einen kurzen Besuch nach Ostdeutschland zurück – er triff dort mit Ausnahmegenehmigung den todkranken Robert Havemann.
Sein erstes Konzert im Osten nach der Ausbürgerung muss bis zum 1. Dezember 1989 warten – sowohl das bundesdeutsche als auch das DDR-Fernsehen zeigen seinen Auftritt in Leipzig.
Das für zwei Stunden angesetzte Konzert dauert doppelt so lange wie geplant. Biermann singt, trägt Gedichte vor, spricht über das Leben in der DDR, die darin mal besser, mal schlechter wegkommt.
"Da hat einer einen Witz über die Stasi erzählt, wie die auf der Jagd waren und nur einen Hasen gefangen haben und um den rumstehen und treten und sagen: Gibst Du endlich los, dass Du'n Wildschwein bist?"
Es muss ein guter Abend gewesen sein. Biermanns anfängliche Nervosität legt sich schnell, der überwiegende Teil des Publikums feiert seine Lieder und Ansagen, vereinzelt kommt es zwischen den Songs zu Diskussionen. Biermann verteidigt dann auch schon mal die DDR und spricht von seiner Hoffnung, dass sich auch die Bundesrepublik in Richtung sozialistische Gesellschaft bewegt. Und auch das Thema Ausreise kommt zur Sprache:
"Ist natürlich gut gesagt, das Hierbleiben. Oder besser: Dortbleiben! Man kann aus Faulheit dableiben, man kann dableiben, um eine billige Karriere zu machen – oder auch eine teure. Man kann aber auch dableiben, um sich einzumischen."
Auf solche Töne scheinen die Regierenden in der DDR nur gewartet zu haben, seit geraumer Zeit wird dort die Ausbürgerung des unbequemen Biermanns im Geheimen vorbereitet.
Zwei Tage nach dem Kölner Auftritt verbreitet die staatliche Nachrichtenagentur ADN die Mitteilung, Biermann werde die DDR-Staatsbürgerschaft entzogen. Als Begründung wird Biermanns "feindseliges Auftreten gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik" angeführt.
Biermann ist zunächst wie vor den Kopf geschlagen. Am 19. November, sechs Tage nach dem Konzert, drei nach der Ausbürgerung, gibt er in Köln eine Pressekonferenz.
"Es wird Sie vielleicht interessieren, dass ich in dem Moment, in dem ich von dieser schändlichen Ausbürgerung erfuhr, dass ich in diesem Moment gelähmt war, überwältigt war, seelisch auch schlecht darauf vorbereitet. Ich hatte es für absolut nicht möglich gehalten."
Doch wie die DDR dazu bringen, die Maßnahme zurückzunehmen? Biermann hofft auf die Solidaritätsbekundungen in Ost und West. Zahlreiche auch prominente Unterstützer protestieren gegen seine Ausbürgerung. Zwölf namhafte DDR-Schriftsteller unterzeichnen einen von Stephan Hermlin initiierten Brief an die Staatsführung, 100 Künstler, Musiker und Schriftsteller schließen sich dem an.
"Ich besitze einen gültigen DDR-Reisepass, mit einem Aus- und Wiedereinreisevisum. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich diese schändliche und schädliche Ausbürgerung nicht hinnehme."
Alle Aktionen sind vergeblich. Die, die sich in der DDR solidarisch mit Biermann zeigen, setzen sich damit nur selbst neuen Repressalien aus. Alle Hoffnung auf gesellschaftliche Liberalisierung, die sich Anfang der 70er-Jahre nach dem Machtantritt Erich Honeckers eingestellt hatte, ist zerstört, nicht wenige Dissidenten änderen ihre Haltung zur DDR und distanzieren sich radikal. Vor allem das ist das Ergebnis der Maßnahmen gegen Biermann.
Ihm selbst bleibt nichts anderes übrig, als sich mit der Ausbürgerung abzufinden, nach eigener Aussage bricht er dann auch mit seiner sozialistischen Überzeugung. In seinen Liedern kritisiert er immer wieder die DDR, einmal nur vor dem Fall der Mauer, 1982, kehrt er für einen kurzen Besuch nach Ostdeutschland zurück – er triff dort mit Ausnahmegenehmigung den todkranken Robert Havemann.
Sein erstes Konzert im Osten nach der Ausbürgerung muss bis zum 1. Dezember 1989 warten – sowohl das bundesdeutsche als auch das DDR-Fernsehen zeigen seinen Auftritt in Leipzig.