Als die Türkei 1888 näher an Europa rückte
Eine der berühmtesten Bahnstrecken der Welt ist die Bagdadbahn, deren Ausgangsbahnhof in Konya lag. Von dieser zentralanatolischen Stadt führte bereits eine Bahnstrecke nach Istanbul - die Anatolische Eisenbahn. Sie wurde zum Motor einer neuen Mobilität in der Türkei.
Im Sommer 1888 fuhr der erste Orientexpress von Wien nach Konstantinopel, ein Ereignis von großer Symbolkraft: Die Türkei rückte näher an Europa. Zu dieser Zeit kursierte längst die Idee, die Bahnverbindung auf der asiatischen Seite des Osmanischen Reiches nach Bagdad und schließlich zum Persischen Golf fortzuführen. Die Anatolische Eisenbahn war die erste Etappe dorthin.
Ein gewisser Alfred von Kaulla hielt sich als Vertreter der Württembergischen Vereinsbank im Sommer 1888 wegen Waffengeschäften in Konstantinopel auf, als ihm die osmanische Regierung die Konzession für die Eisenbahn nach Ankara anbot. Der Sultan wandte sich an deutsche Unternehmen, weil er den Einfluss Frankreichs und Englands zurückdrängen wollte. Kaulla war begeistert, doch er benötigte weitere Geldgeber. So trat er an den Chef der Deutschen Bank, Georg von Siemens, heran. Der fürchtete diplomatische Verwicklungen und suchte die Rückendeckung der Politik. Reichskanzler Otto von Bismarck schrieb ihm daraufhin:
"Auf die Anfrage erwidere ich ergebenst, dass politische Bedenken gegen die Bewerbung um eine Konzession für kleinasiatische Eisenbahnbauten nicht bestehen. Die kaiserliche Botschaft in Konstantinopel ist bereits ermächtigt, deutsche Bewerber um solche Konzessionen in ihren desfallsigen Bemühungen zu unterstützen."
Die Auslandsschulden des darniederliegenden Osmanischen Reiches wurden von einem europäischen Bankenkonsortium verwaltet, repräsentiert von der sogenannten Administration de la Dette Publique Ottomane. Ihr Chef, ein Engländer, unterstützte die Deutschen, so war der Weg frei. Alfred von Kaulla unterschrieb am 4. Oktober 1888 im Auftrag der Deutschen Bank die Konzessionsverträge für Bau, Verwaltung und Betrieb der Anatolischen Eisenbahn. Er telegraphierte im typischen Wirtschaftsdeutsch jener Zeit nach Berlin.
"Wir haben auf der ganzen Linie gesiegt. Eisenbahnfirman wurde mir heute verabfolgt. Administration de la Dette Publique hat mit allen Stimmen gegen diejenigen der Franzosen zu unseren Gunsten entschieden und Anlehensvertrag, wie projektiert, contrasigniert."
Die Frankfurter Firma Philipp Holzmann baute die Trasse und errichtete auch den neuen Kopfbahnhof in Haydarpaşa auf der asiatischen Seite Konstantinopels. Die Schienen stellte der Stahlkonzern Krupp in Essen her, und auch die Lokomotiven kamen sämtlich aus Deutschland. Schon Ende 1892 war die Strecke nach Ankara fertig.
Die eigens gegründete Anatolische Eisenbahngesellschaft verpflanzte deutsche Unternehmenskultur in den Orient. Der türkische Stationsvorsteher rief "Fertig!", wenn der Zug zur Abfahrt bereit war, seine Amtsbezeichnung war "Fertikçi". Der Schriftsteller Fedor von Zobeltitz reiste mit der Anatolischen Eisenbahn kurz nach ihrer Eröffnung durch die Türkei.
"Die oberen Beamten der Bahn sind fast nur Deutsche; in den subalternen Stellungen findet man alle Völkerschaften vertreten; für die Arbeiterschaft werden Türken bevorzugt, die sich stets am ausdauerndsten und ehrlichsten erweisen. Die Stationschefs und die Schaffner für die ersten beiden Wagenklassen beherrschen das Französische."
1896 wurde die Strecke nach Konya, ins südliche Zentrum der Türkei, eröffnet. Die Anatolische Eisenbahn verband alte Handelsstädte und ausgedehnte Landwirtschaftsregionen mit Konstantinopel-Istanbul, der Metropole am Bosporus. Wo früher Kamel-Karawanen gemächlich entlangtrotteten, stampften nun zischende und pfeifende Ungetüme aus Stahl durch atemberaubende Schluchten, Täler und Ebenen.
Binnen zwei Tagen transportierte die Bahn Getreide, Obst und Gemüse von Konya nach Istanbul. Die Anatolische Eisenbahn wurde zum Motor einer neuen Mobilität in der Türkei.
"Ein Blick in die Coupés zeigt das gleiche Völkergemisch, wie an den meisten Orten der Türkei: armenische Bauern, Tscherkessen, Griechen, Juden, Albanesen, Araber, Zigeuner – zum Teil arg zerlumptes Gesindel, andere in reinlicherer Kleidung, namentlich die Türken in ihren weiten Hosen und dem Kaftan über der bunten Weste."
Die Eisenbahn-Gesellschaft erhielt 1899 die Konzession für einen neuen Hafen in Haydarpaşa. Die Handelsströme innerhalb der Türkei wuchsen stetig. 1903 schließlich begann der Bau der eigentlichen Bagdadbahn, mit dem Ausgangsbahnhof Konya, der Endstation der Anatolischen Eisenbahn.
Ein gewisser Alfred von Kaulla hielt sich als Vertreter der Württembergischen Vereinsbank im Sommer 1888 wegen Waffengeschäften in Konstantinopel auf, als ihm die osmanische Regierung die Konzession für die Eisenbahn nach Ankara anbot. Der Sultan wandte sich an deutsche Unternehmen, weil er den Einfluss Frankreichs und Englands zurückdrängen wollte. Kaulla war begeistert, doch er benötigte weitere Geldgeber. So trat er an den Chef der Deutschen Bank, Georg von Siemens, heran. Der fürchtete diplomatische Verwicklungen und suchte die Rückendeckung der Politik. Reichskanzler Otto von Bismarck schrieb ihm daraufhin:
"Auf die Anfrage erwidere ich ergebenst, dass politische Bedenken gegen die Bewerbung um eine Konzession für kleinasiatische Eisenbahnbauten nicht bestehen. Die kaiserliche Botschaft in Konstantinopel ist bereits ermächtigt, deutsche Bewerber um solche Konzessionen in ihren desfallsigen Bemühungen zu unterstützen."
Die Auslandsschulden des darniederliegenden Osmanischen Reiches wurden von einem europäischen Bankenkonsortium verwaltet, repräsentiert von der sogenannten Administration de la Dette Publique Ottomane. Ihr Chef, ein Engländer, unterstützte die Deutschen, so war der Weg frei. Alfred von Kaulla unterschrieb am 4. Oktober 1888 im Auftrag der Deutschen Bank die Konzessionsverträge für Bau, Verwaltung und Betrieb der Anatolischen Eisenbahn. Er telegraphierte im typischen Wirtschaftsdeutsch jener Zeit nach Berlin.
"Wir haben auf der ganzen Linie gesiegt. Eisenbahnfirman wurde mir heute verabfolgt. Administration de la Dette Publique hat mit allen Stimmen gegen diejenigen der Franzosen zu unseren Gunsten entschieden und Anlehensvertrag, wie projektiert, contrasigniert."
Die Frankfurter Firma Philipp Holzmann baute die Trasse und errichtete auch den neuen Kopfbahnhof in Haydarpaşa auf der asiatischen Seite Konstantinopels. Die Schienen stellte der Stahlkonzern Krupp in Essen her, und auch die Lokomotiven kamen sämtlich aus Deutschland. Schon Ende 1892 war die Strecke nach Ankara fertig.
Die eigens gegründete Anatolische Eisenbahngesellschaft verpflanzte deutsche Unternehmenskultur in den Orient. Der türkische Stationsvorsteher rief "Fertig!", wenn der Zug zur Abfahrt bereit war, seine Amtsbezeichnung war "Fertikçi". Der Schriftsteller Fedor von Zobeltitz reiste mit der Anatolischen Eisenbahn kurz nach ihrer Eröffnung durch die Türkei.
"Die oberen Beamten der Bahn sind fast nur Deutsche; in den subalternen Stellungen findet man alle Völkerschaften vertreten; für die Arbeiterschaft werden Türken bevorzugt, die sich stets am ausdauerndsten und ehrlichsten erweisen. Die Stationschefs und die Schaffner für die ersten beiden Wagenklassen beherrschen das Französische."
1896 wurde die Strecke nach Konya, ins südliche Zentrum der Türkei, eröffnet. Die Anatolische Eisenbahn verband alte Handelsstädte und ausgedehnte Landwirtschaftsregionen mit Konstantinopel-Istanbul, der Metropole am Bosporus. Wo früher Kamel-Karawanen gemächlich entlangtrotteten, stampften nun zischende und pfeifende Ungetüme aus Stahl durch atemberaubende Schluchten, Täler und Ebenen.
Binnen zwei Tagen transportierte die Bahn Getreide, Obst und Gemüse von Konya nach Istanbul. Die Anatolische Eisenbahn wurde zum Motor einer neuen Mobilität in der Türkei.
"Ein Blick in die Coupés zeigt das gleiche Völkergemisch, wie an den meisten Orten der Türkei: armenische Bauern, Tscherkessen, Griechen, Juden, Albanesen, Araber, Zigeuner – zum Teil arg zerlumptes Gesindel, andere in reinlicherer Kleidung, namentlich die Türken in ihren weiten Hosen und dem Kaftan über der bunten Weste."
Die Eisenbahn-Gesellschaft erhielt 1899 die Konzession für einen neuen Hafen in Haydarpaşa. Die Handelsströme innerhalb der Türkei wuchsen stetig. 1903 schließlich begann der Bau der eigentlichen Bagdadbahn, mit dem Ausgangsbahnhof Konya, der Endstation der Anatolischen Eisenbahn.