Als Reisen noch Abenteuer war
Fernweh um 1600 - da war das Reisen noch ein echtes Abenteuer. Georg Christoph Fernberger suchte es, und brach zu einer Bildungs- und Pilgerreise ins Heilige Land auf. Auch sein Neffe Christoph Carl machte sich auf zu einer Weltreise. Die jetzt herausgegebenen Reisetagebücher der beiden sind einzigartige Zeitdokumente und zudem schön gestaltet und aufwendig ediert.
"Mit dreihundert Gulden war der Handel besiegelt. Eine schöne Stange Geld, man hätte damit auch eine ganze Schiffsladung französischen Cognacs erwerben können. Christoph Carl Fernberger erkaufte sich damit die Freiheit."
Es hätte so schön werden können. 1621 - seit drei Jahren tobte der am Ende Dreißigjährige Krieg. Christoph Carl Fernberger aus dem österreichischen Eggenberg war Söldner in spanischen Diensten gewesen, war in holländische Gefangenschaft geraten und hatte sich freigekauft, um zu seinen spanischen Vertragspartnern zurückkehren zu können. In Amsterdam fragte er sich nach einer Schiffspassage durch, fand eine, die ihm passend schien - auch wenn der Zielort etwas vernuschelt mitgeteilt wurde - und ging an Bord.
Aber das Schiff fuhr nicht, wie erhofft, nach Venedig, sondern in den Golf von Guinea in Westafrika. Es war der Fluch der undeutlichen Aussprache, der aus Christoph Carl Fernberger in den kommenden sieben Jahren den ersten österreichischen Weltreisenden machte, der von 1621 - 1628 den Globus umrundete.
Fernberger schlug sich durch als Soldat, als Seemann, als Handelsvertreter, als was auch immer verlangt wurde, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und seine Reise fortzusetzen. Fernweh und Abenteuerlust und vielleicht auch ein wenig die Spekulation auf eine spätere Heimkehr in Gold und Seide trieben ihn an. Eine Seeschlacht gehörte zu seinen Abenteuern, bei der etliche Matrosen starben und die schwer verwundeten über Bord geworfen wurden. Fernberger, selbst knapp dem Tode entkommen, hatte das Glück, in einem Versteck einen großen Diamanten zu finden. Er steckte ihn ein.
Die Reisebeschreibung Christoph Carl Fernbergers ist ein eigentümliches Buch. Auf Schloss Eggenberg, das heute vor allem als Brauerei bekannt ist, läuft bis November im Rahmen der Oberösterreichischen Landesausstellung eine Schau über die Reisen der Fernbergers, die einmal Miteigentümer von Schloss Eggenberg waren. Die Fernbergers, das sind Georg Christoph und sein Neffe Christoph Carl, eben jener, der gerade eine Seeschlacht heil und mit funkelnder Beute überstanden hat.
Im Rahmen dieser Ausstellung sind zwei Begleitbände entstanden, die die Reisen der umtriebigen Herren dokumentieren. Der Onkel reist im ersten Band von 1588 bis 1593 auf den Sinai, ins Heilige Land, über Babylon bis nach Indien und stellt dabei verwundert fest:
"Erfüllt doch fast alle Reisenden, die nicht eines Geschäftes wegen, sondern aus religiösen Gründen oder auch aus bloßer Neugier ihre Heimat verlassen, dasselbe Gefühl: Je mehr Länder und Orte sie durchstreifen, und je mehr sie sich von zuhause entfernen, desto weiter wünschen sie vorzudringen, und niemals geben sie sich mit dem Reiseziel zufrieden, das sie sich bei ihrer Abreise gesetzt haben."
Im zweiten Band zieht, knapp 28 Jahre später, der Neffe von 1621 bis 1628 einmal komplett um den Globus. Der Onkel notierte auf Latein seine Erlebnisse, der Neffe auf Deutsch, aber lückenhaft. Daraus ergibt sich die eigentümliche Editionsgeschichte der zwei Bände - beide leiden sie unter dem Manko, dass sie im Grunde Nacherzählungen sind.
Vor allem im ersten Band, beim Onkel, wird dieser Nachteil deutlich, weil hier auch übersetzte Zitate aus dem lateinischen Text auftauchen, die sehr lebhaft und unmittelbar die Ereignisse und die daraus entstandenen Überlegungen schildern. Da wäre man insgesamt lieber ganz beim Autor geblieben, hätte auch Lücken und Löcher in Kauf genommen.
Andererseits: Die Erläuterungen der Herausgeberin und Nacherzählerin Martina Lehner helfen sehr leserfreundlich, sich ein Bild davon zu machen, wie damals gereist wurde. Erst wenn man sich die Mühsal, die Qualen und Gefahren deutlich gemacht hat, versteht man, was es mit dieser Gier, die die Reisenden immer weiter vorantreibt, auf sich hat.
Im zweiten Band, der die Weltreise des Neffen schildert, sind in der Hoffnung auf Plausibilität die Lücken der Quellen gefüllt worden, um eine folgerichtige Reisebeschreibung zu erlangen. Dies mag im Ergebnis so stimmen oder vielleicht auch nicht. Die Geschichte dieser Reise via Afrika, Indonesien und die beiden Amerikas, mit Schiffsbrüchen, Seeschlachten, zeitweiliger Sklaverei und den befremdlichen Gewohnheiten fremder Völker ist eine ungemein spannende Lektüre, die den Bibliophilen unter uns Lesern durch die liebevolle Ausstattung der beiden Bände in einem Schuber noch verschönt wird.
Rezensiert von Paul Stänner
Martina Lehner: Georg Christoph Fernbergers Fahrt auf den Sinai, ins Heilige Land, nach Babylon, Persien und Indien (1588 - 1593),
Eine Kulturgeschichte des Reisens in der Frühen Neuzeit
Christoph Carl Fernberger: In sieben Jahren um die Welt,
Die Abenteuer des ersten österreichischen Weltreisenden (1621 - 1628)
Herausgegeben von Martina Lehner
Folio Verlag Wien und Bozen 2008
Zwei Bände im Schuber
Circa 310 Seiten, mit Karten und Abbildungen, 39 Euro
Es hätte so schön werden können. 1621 - seit drei Jahren tobte der am Ende Dreißigjährige Krieg. Christoph Carl Fernberger aus dem österreichischen Eggenberg war Söldner in spanischen Diensten gewesen, war in holländische Gefangenschaft geraten und hatte sich freigekauft, um zu seinen spanischen Vertragspartnern zurückkehren zu können. In Amsterdam fragte er sich nach einer Schiffspassage durch, fand eine, die ihm passend schien - auch wenn der Zielort etwas vernuschelt mitgeteilt wurde - und ging an Bord.
Aber das Schiff fuhr nicht, wie erhofft, nach Venedig, sondern in den Golf von Guinea in Westafrika. Es war der Fluch der undeutlichen Aussprache, der aus Christoph Carl Fernberger in den kommenden sieben Jahren den ersten österreichischen Weltreisenden machte, der von 1621 - 1628 den Globus umrundete.
Fernberger schlug sich durch als Soldat, als Seemann, als Handelsvertreter, als was auch immer verlangt wurde, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und seine Reise fortzusetzen. Fernweh und Abenteuerlust und vielleicht auch ein wenig die Spekulation auf eine spätere Heimkehr in Gold und Seide trieben ihn an. Eine Seeschlacht gehörte zu seinen Abenteuern, bei der etliche Matrosen starben und die schwer verwundeten über Bord geworfen wurden. Fernberger, selbst knapp dem Tode entkommen, hatte das Glück, in einem Versteck einen großen Diamanten zu finden. Er steckte ihn ein.
Die Reisebeschreibung Christoph Carl Fernbergers ist ein eigentümliches Buch. Auf Schloss Eggenberg, das heute vor allem als Brauerei bekannt ist, läuft bis November im Rahmen der Oberösterreichischen Landesausstellung eine Schau über die Reisen der Fernbergers, die einmal Miteigentümer von Schloss Eggenberg waren. Die Fernbergers, das sind Georg Christoph und sein Neffe Christoph Carl, eben jener, der gerade eine Seeschlacht heil und mit funkelnder Beute überstanden hat.
Im Rahmen dieser Ausstellung sind zwei Begleitbände entstanden, die die Reisen der umtriebigen Herren dokumentieren. Der Onkel reist im ersten Band von 1588 bis 1593 auf den Sinai, ins Heilige Land, über Babylon bis nach Indien und stellt dabei verwundert fest:
"Erfüllt doch fast alle Reisenden, die nicht eines Geschäftes wegen, sondern aus religiösen Gründen oder auch aus bloßer Neugier ihre Heimat verlassen, dasselbe Gefühl: Je mehr Länder und Orte sie durchstreifen, und je mehr sie sich von zuhause entfernen, desto weiter wünschen sie vorzudringen, und niemals geben sie sich mit dem Reiseziel zufrieden, das sie sich bei ihrer Abreise gesetzt haben."
Im zweiten Band zieht, knapp 28 Jahre später, der Neffe von 1621 bis 1628 einmal komplett um den Globus. Der Onkel notierte auf Latein seine Erlebnisse, der Neffe auf Deutsch, aber lückenhaft. Daraus ergibt sich die eigentümliche Editionsgeschichte der zwei Bände - beide leiden sie unter dem Manko, dass sie im Grunde Nacherzählungen sind.
Vor allem im ersten Band, beim Onkel, wird dieser Nachteil deutlich, weil hier auch übersetzte Zitate aus dem lateinischen Text auftauchen, die sehr lebhaft und unmittelbar die Ereignisse und die daraus entstandenen Überlegungen schildern. Da wäre man insgesamt lieber ganz beim Autor geblieben, hätte auch Lücken und Löcher in Kauf genommen.
Andererseits: Die Erläuterungen der Herausgeberin und Nacherzählerin Martina Lehner helfen sehr leserfreundlich, sich ein Bild davon zu machen, wie damals gereist wurde. Erst wenn man sich die Mühsal, die Qualen und Gefahren deutlich gemacht hat, versteht man, was es mit dieser Gier, die die Reisenden immer weiter vorantreibt, auf sich hat.
Im zweiten Band, der die Weltreise des Neffen schildert, sind in der Hoffnung auf Plausibilität die Lücken der Quellen gefüllt worden, um eine folgerichtige Reisebeschreibung zu erlangen. Dies mag im Ergebnis so stimmen oder vielleicht auch nicht. Die Geschichte dieser Reise via Afrika, Indonesien und die beiden Amerikas, mit Schiffsbrüchen, Seeschlachten, zeitweiliger Sklaverei und den befremdlichen Gewohnheiten fremder Völker ist eine ungemein spannende Lektüre, die den Bibliophilen unter uns Lesern durch die liebevolle Ausstattung der beiden Bände in einem Schuber noch verschönt wird.
Rezensiert von Paul Stänner
Martina Lehner: Georg Christoph Fernbergers Fahrt auf den Sinai, ins Heilige Land, nach Babylon, Persien und Indien (1588 - 1593),
Eine Kulturgeschichte des Reisens in der Frühen Neuzeit
Christoph Carl Fernberger: In sieben Jahren um die Welt,
Die Abenteuer des ersten österreichischen Weltreisenden (1621 - 1628)
Herausgegeben von Martina Lehner
Folio Verlag Wien und Bozen 2008
Zwei Bände im Schuber
Circa 310 Seiten, mit Karten und Abbildungen, 39 Euro