Arbeitgeberverband Pflege: "Angst haben wir nicht"
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Ab 16. März gilt eine Impfpflicht für Beschäftigte in der Altenpflege, aber in der Praxis wird sie wohl zumindest nicht gleich und nicht flächendeckend durchgesetzt. Isabell Halletz vom Arbeitgeberverband Pflege begrüßt das.
Am 16. März tritt in Deutschland die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft. Damit wäre auch das Personal in der Altenpflege betroffen. Sehr schnell kam darum die Frage auf, ob dann angesichts der Impfskepsis in Deutschland noch genug Menschen für die Versorgung der Pflegebedürftigen einsatzbereit sein würden. Inzwischen hat sich diese Sorge weitgehend aufgelöst, auch dank neuester Entwicklungen.
Weiterarbeiten ist erlaubt
„Wir haben ja glücklicherweise die Bestätigung, dass Personal, das vor dem 15. März beschäftigt ist, selbst wenn es nicht geimpft ist, erstmal weiterhin in den Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten tätig sein kann“, sagt Isabell Halletz auf die Frage, wie die Situation in der Altenpflege in Deutschland wohl aussehen mag, wenn die Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegewesen in Kraft tritt.
„Damit ist auch eine Sicherheit für die Arbeitgeber gegeben, dass sie nicht sofort - beispielsweise - eine Kündigung aussprechen müssen“, sagt die Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Pflege.
Wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage des Magazins „Business Insider“ am Montag mitgeteilt hatte, können Ungeimpfte zumindest vorerst auch über den 16. März hinaus in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen arbeiten. Das zuständige Gesundheitsamt entscheide bei der Impfpflicht "über das weitere Vorgehen und die zu ergreifenden Maßnahmen im Rahmen seines Ermessens". Bis das Gesundheitsamt über ein Betretungs- beziehungsweise Tätigkeitsverbot entschieden habe, "dürfen die betroffenen Mitarbeitenden grundsätzlich weiterbeschäftigt werden", teilte der Ministeriumssprecher weiter mit.
Impfpflicht erhöht Pflegenotstand wohl nicht
Für die betreuten Personen und deren Angehörige heißt das, dass die Personalnot jedenfalls nicht so groß werden dürfte, dass Pflegebedürftige ohne Pflegekräfte auskommen müssen. Das schlimmste Szenario ist also vom Tisch.
Wie real die Bedrohung zuvor war, ist offen: In Frankreich, wo eine Impfpflicht besteht, waren beim Inkrafttreten dieser Pflicht 0,9 Prozent des Personals nicht geimpft, inzwischen seien es nur noch 0,6 Prozent, erklärte Gesundheitsminister Olivier Véran. Premierminister Jean Castex hatte die Bitte der Gewerkschaft strikt abgelehnt, angesichts der vierten Pandemiewelle die Frist bis zur Erstimpfung zu verlängern.
In Deutschland stieg laut Arbeitsagentur zuletzt die Zahl der Menschen aus der Pflege "auf Arbeitssuche": Aus dem Gesundheits- und Sozialsektor hätten sich bundesweit im Dezember und Januar 25.000 mehr Personen arbeitssuchend gemeldet als üblich, sagte Vorstandsmitglied Daniel Terzenbach in Nürnberg. 12.000 davon kämen aus der Pflege.
Arbeitssuchend heißt, die Menschen arbeiten noch im Job, zeigen der Agentur aber eine drohende Arbeitslosigkeit an. "Wir sehen schon eine Zunahme, aber insgesamt auf einem Niveau, was uns allen keine Sorgen machen muss", sagte Terzenbach.
Gesundheitsämter und ihre Ermessensspielräume
Auch Isabell Halletz zeigt sich nicht beunruhigt: „Angst haben wir nicht, auch nicht die Mitgliedsunternehmen, die wir vertreten“, sagt die Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Pflege.
Die neue Entwicklung nimmt zusätzlich Druck aus dem Kessel. „Wichtig ist, dass wir Arbeitskräften nicht kündigen müssen und diese erst einmal weiter beschäftigt werden dürfen, weil dadurch natürlich auch die Versorgungssicherheit in der Altenpflege sichergestellt werden kann", bekräftigt sie.
Allerdings hat sich auch ohne diese neue Entwicklung die Frage gestellt, wie die Impfpflicht durchgesetzt werden sollte, meint Halletz: Es komme auf die jeweiligen Gesundheitsämter an. Diese seine überfordert. "Wir wissen eben nicht, wie die Rückmeldefristen der Gesundheitsämter aussehen werden, wenn entsprechende Meldungen an sie gehen. Wir wissen daher auch nicht, wie sie das handhaben werden. Wird es Ermessensspielräume geben? Wird es Übergangsfristen geben?" All das sei nicht bekannt und werde sich erst im März zeigen, meint die Verbands-Geschäftsführerin.
Impfpflicht verschieben?
"Wir hätten persönlich auch keine Probleme damit, wenn die Impfpflicht verschoben wird", stellt Halletz weitere Alternativen in den Raum wird. "Generell gilt sie ja nur bis zum Ende des Jahres."
Darum sei man gespannt, wie die einzelnen Behörden das tatsächlich umsetzen würden. "Wir haben schon aus dem einen und anderen Bundesland gehört, dass es wirklich der letzte Schritt sein soll, ein Betretungsverbot auszusprechen", sagt Halletz.
"Natürlich", sagt sie noch: "Einfacher wäre es, wenn sich alle impfen lassen würden oder auch genesen sind."
(mfu/dpa/kna)