Alter Feminismus - neu verpackt

Von Susanne Luerweg |
Maria Sveland ist 34 Jahre alt, Schwedin, Mutter zweier Kinder und in ihrem Heimatland eine erfolgreiche Radio- und Fernsehjournalistin. Nun hat sie ihr erstes Buch "Bitterfotze" geschrieben. In ihrem Heimatland ist der Roman mit dem anstößigen Titel ein Bestseller. Der Inhalt ist weder anstößig noch Ekel erregend, sondern bricht eine Lanze für einen neuen Feminismus, der eher in der Tradition von Alice Schwarzer steht und wenig mit den "Alphamädchen" von heute anfangen kann.
Immer, wenn Sara, die Heldin aus Maria Svelands Buch "Bitterfotze” traurig ist, sich selbst was Gutes tun möchte, eigentlich also in fast jeder Lebenslage, hört sie Nina Simone. Das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit zwischen Autorin und Protagonistin. Die Leiden der jungen Mutter Sara in Maria Svelands Buch hat sie fast eins zu eins aus ihrem eigenen Leben übernommen.

"Ja, das ist mir auch so passiert. Dieser Teil des Buches speist sich aus meinen eigenen Erfahrungen. Mein Mann und ich hatten immer diese wunderbaren Vorstellungen von Elternschaft und Gleichberechtigung. Und als dann unser erster Sohn geboren wurde, war nichts so, wie wir es uns vorher gedacht hatten."

Maria Sveland ist mit einem viel beschäftigten Theaterregisseur verheiratet. Nach der Geburt ihres ersten Kindes, war er fast nie zu Hause.

"Mein Mann Olaf arbeitete für ein, zwei Monate in einer anderen Stadt. Er war von montags bis freitags weg und kam freitagabends nach Hause. Wie ein netter Gast. Er hat dann das Wochenende mit uns verbracht und fuhr wieder weg."

Noch heute zieht Maria Sveland ihre Stirn in Falten, wenn sie von der für sie schweren Zeit spricht. Die hübsche, junge Frau mit den roten Locken, die vorzugsweise derbe Stiefel zu schicken Designerkleidern trägt, fand die Situation nach der Geburt ihres ersten Kindes unerträglich.

Ihre Wut hat die heute 35-Jährige in ihrem Buch "Bitterfotze" in Romanform verpackt. Sie erzählt die Geschichte einer jungen Mutter, die sich eine Auszeit von Mann und Kind nimmt. Sara, die Protagonistin, fährt eine Woche allein in den Urlaub und denkt darüber nach, warum sie sich so "bitterfotzig" fühlt. Der Titel ihres Buches hat Maria Sveland viel Ärger eingebracht. Ihr schwedischer Verlag wollte ihn nicht, in anderen Ländern tut man sich ebenfalls schwer. Bitterfotze- kein schönes Wort, aber eines das Maria Sveland erst einmal Aufmerksamkeit einbrachte. Ihr Anliegen, sagt die engagierte Schwedin, war jedoch ein anderes:

"Wann immer eine Frau laut aufschreit, riskiert sie es übel beschimpft zu werden, beispielsweise als Hure, Bitterfotze. Ich habe das Buch Bitterfotze genannt, um mich zu verteidigen. Wenn mich jemand Bitterfotze nennt, dann ich selbst und niemand anders."

Maria Sveland meint es sehr ernst. Mit ihren 35 Jahren gehört sie eigentlich zu jener Generation von Frauen, die sich "Alphamädchen" und "neue deutsche Mädchen" nennen. Aber: Spaßfeminismus zelebriert sie nicht.

Die Rundfunk -und Fernsehjournalistin hat schon früh in ihrem Berufsleben erfahren, wie nett sich Männer ihre Netzwerke aufbauen und wie oft Frauen auch im Berufsleben hinten anstehen müssen. Ihre männlichen Kollegen mussten oft nur ein paar Brocken hinwerfen und durften ein Thema umsetzen. Sie selbst brütete über seitenlangen Konzepten.

"Eine Bitterfotze ist das Gegenteil einer weiblichen Glucke. Eine Glucke leidet still und behält ihren Ärger für sich. Eine Glucke würde nie eine Revolution anzetteln, eine Bitterfotze schon."

Lange hat man solche Worte aus dem Munde einer erfolgreichen, gut aussehenden Mittdreißigerin, die auch noch Mutter ist, nicht mehr gehört. Maria Sveland fordert nichts Neues: Gleiche Rechte, gleiche Pflichten und gleiche Bezahlung für Mann und Frau. Und selbst in Schweden wäre dies noch lange nicht erfüllt, meint sie.

"Bei uns ist die Gleichberechtigung sehr weit fortgeschritten. Aber das heißt nicht, dass wir gleichberechtigt sind. Das ist ein großer Unterschied."

Maria Sveland versucht mit ihrem Mann den Unterschied auszugleichen. Sie teilen sich die Erziehung. Nach einer schweren Beziehungskrise, haben sie sogar noch einen Sohn bekommen. Diesmal, meint sie lachend, klappe es viel besser. Sie liebt ihren Mann und ihre Kinder sehr, betont sie. Aber ihre Arbeit liebe sie auch.

"Und ich liebe es auch einfach weg gehen und sieben Stunden schreiben zu können. Dann komme ich nach Hause und Olaf hat die Kinder abgeholt und das Abendessen gemacht. Ich finde es ist wunderbar, wenn man diese Dinge teilen kann."