"Riestern" ist nicht gleich "riestern"
30 Millionen Bundesbürger hätten ein Anrecht auf die Riester-Förderung, aber nur gut die Hälfte nutzt dieses Recht. Denn "riestern" ist nicht ganz einfach: Es gibt diverse Produkte mit unterschiedlichen Rendite-Chancen.
Wieviel Riester-Rentner gibt es eigentlich schon in Deutschland? Die Frage ist einfach - die Antwort nicht.
Seit rund 12 Jahren kann "geriestert" werden, doch der Dachverband der Deutschen Versicherungswirtschaft - hier müssten die Zahlen eigentlich zusammenlaufen - kann nicht beziffern, ob es mittlerweile Rentner gibt, die bereits eine Riester-Rente beziehen.
Die Damen und Herren der Zahlen wissen nur: Das durchschnittliche Eintrittsalter bei Rentenversicherungen lag 2011 bei 36,6 Jahren - das heißt, die durchschnittliche Vertragslaufzeit beträgt 29,7 Jahre.
Wahrscheinlich gibt es bereits die ersten Menschen, die mit "Riester" ihre gesetzliche Rente aufbessern, nur werden sie nicht statistisch erfasst. Besonders viele dürften es aber noch nicht sein - denn als es mit dem "riestern" losging - hätten heutige Bezieher schon so ungefähr 50 Jahre oder älter sein müssen.
Und auch die Frage, ob sich "riestern" überhaupt lohnt - lässt sich nicht einfach beantworten.
Knapp 16 Millionen Riester-Verträge
Jedenfalls ist die Zahl derer, die einen Vertrag abgeschossen haben in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales spricht von einem Bestand an Riester-Verträgen von knapp 16 Millionen.
Das hört sich nach viel an - doch machen Experten auch andere Rechnungen auf. Denn rund 30 Millionen Bürger hätten ein Anrecht auf die Riester-Förderung, sagt Dorothea Mohn, Leiterin der Abteilung Finanzen beim Verbraucherzentrale Bundesverband.
Allein mit Blick darauf, dass die Riester-Rente freiwillig ist, und somit nur ein gewisser Anteil der Bevölkerung diese auch nutzt, kann man relativ klar die Prognose anstellen, dass nicht eine komplette Kompensierung der Lücke, die in der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht, darüber abgedeckt werden wird.
Was nicht heißen muss, dass die Bundesbürger ihren "Lückenschluss" vernachlässigen. Sie tun es aber eben nur bedingt über ein Riester-Produkt. Vielleicht kaufen sie auch Immobilien oder legen Überschüsse in Aktien an.
Und "riestern" heißt nicht gleich "riestern". Zwar erhalten Förderberechtigte auf alle Produkte eine staatliche Zulage oder Steuerermäßigungen, alle Riester-Verträge garantieren zudem auch mindestens den Erhalt des eingezahlten Geldes und der staatlichen Zulage zu Beginn des Rentenalters. Aber dann hört die Gemeinsamkeit auch schon auf.
So gibt es den Riester-Fondssparplan mit etwas mehr Renditechancen für risikobereitere Anleger, im Angebot sind klassische Produkte wie Banksparpläne oder Rentenversicherungen, außerdem der Wohn-Riester mit Bausparverträgen oder Baudarlehen, und, und, und.
Dass passende Produkte zu finden, ist nicht einfach. Und selbst wenn man sich für ein Produkt entschieden hat, gibt es immer noch gute und schlechte Verträge. Sie unterscheiden sich durch die jeweilige Zinshöhe ebenso, wie über niedrige oder hohe Verwaltungskosten.
Gerade dieser Kostenpunkt ist mehr als ärgerlich, bilanziert auch Dorothea Mohn, Expertin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes:
"Die Finanzberatung in Deutschland fußt eben auf Provisionen und das führt häufig dazu, dass eben nicht die guten und kostengünstigen Produkte den Verbrauchern angeboten werden, sondern vielfach eher die teuren, an denen der Finanzvertrieb gut verdient."
"Riestern" lohnt sich, meinen Verbraucherschützer
Also lohnt sich "riestern" überhaupt, trotz staatlicher Zulagen?
Es lohnt sich, meint Stephan Kühnlenz von der Stiftung Warentest. Gerade in zinsschwachen Zeiten seien die Zulagen besonders wichtig. Die Lust zu sparen, vergeht einem natürlich bei dem niedrigen Zinsniveau. Also 154 Euro im Jahr extra zu bekommen, unabhängig vom Zinssatz, das ist bei jedem Riester-Produkt schon mal gut. Das ist die persönliche Zulage. Für jedes Kind gibt es dann nochmal 300 Euro im Jahr. Also die Summe an Förderung ist da schon mal recht attraktiv.
Zur Riester-Bilanz gehört auf jeden Fall noch eine andere Zahl.
Von den derzeit knapp 16 Millionen Verträgen ruhen immerhin rund drei Millionen. Verträge, die vorübergehend oder länger von den Riester-Sparern ausgesetzt wurden - weil sie sich die Einzahlungen nicht mehr leisten können oder weil sie von der Rendite dann doch nicht so richtig überzeugt sind.
Die Verbraucherzentralen zumindest plädieren längst für ein staatliches, kapitalgedecktes Alternativmodell - mit nur minimalen Verwaltungs- und Betriebskosten. Das würde zumindest die Kosten für die Riester-Sparer senken - nun gut, auf diese Idee hätte die Politik vielleicht auch schon früher kommen können.