"Ein Fundament für meine nächsten Projekte"
Sie war Teil der Gruppe Amason, machte Musik unter dem Pseudonym Idiot Wind. Mit "Docks" veröffentlicht Amanda Bergmann ihr erstes Album unter ihrem Namen. In der "Tonart" spricht die Schwedin über ihren künstlerischen Neubeginn mit Ende 20, der recht düster geraten ist.
Carsten Rochow: Amanda Bergman, seitdem Sie sieben Jahre alt sind, schreiben Sie Songs, Musikmachen war für Sie immer selbstverständlich, und trotzdem sagen Sie mit 28, dass Sie jetzt erst musikalisch da angekommen sind, wo Sie hinwollten. Was ist denn anders als früher auf dem neuen Album "Docks"?
Amanda Bergman: Ich denke, da ist vieles anders als früher. Ich bin inzwischen ein bisschen älter und das hilft immer. Ich hab zwar ziemlich früh angefangen, Musik zu machen, aber ich habe nie daran gedacht, Musikerin zu werden. Ich hab das eher für mich selbst gemacht. Die meisten Leute in Bands fangen oft schon als Teenager an, sie spielen mit 13 in irgendwelchen Garagen – und bei mir kam das alles später. Und deshalb denke ich, dass mein Gefühl, dass das alles so lange gedauert hat, nicht wirklich stimmt – verstehen Sie, was ich meine?
Rochow: Aber wenn man sich den Sound Ihres neuen Albums "Docks" anschaut und ihn mit Hajen oder Idiot Wind vergleicht – was ist jetzt anders?
"Wir haben uns die musikalische Verantwortung geteilt"
Bergman: Na ja, diesmal hab ich es geschafft, Leute dazu zu bringen, mit mir zusammen zu arbeiten. Ich denke, das ist der wesentliche Unterschied. Davor war ich Solo-Künstlerin, was mich aber eingeschränkt hat und mir deshalb nicht besonders gefiel. Allein hat man einfach nicht so viele Möglichkeiten. Und so ist der größte Unterschied der, dass ich nun mehr Musiker und einen Produzenten hatte. Wir haben uns die musikalische Verantwortung geteilt.
Rochow: Sie haben gesagt, ein Katalysator, weiter Musik zu machen, sei Ihr neues Album. Das klingt auf irgendeine Art und Weise sehr erleichtert. Sie hatten doch nicht etwa vor, aufzuhören, wenn das Album "Docks" nicht entstanden wäre?
Bergman: Nein, aber ich habe allein angefangen, und das war ziemlich hart, weil ich versucht habe, ein Album auf die Beine zu stellen und das aus verschiedenen Gründen nicht geklappt hat. Und nach einer Weile dachte ich, vielleicht sollte ich es besser lassen und etwas anderes machen.
Aber dann kam die Band Amason mit der Frage, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Und als ich das gemacht habe, habe ich auch Abstand zu meiner eigenen Musik bekommen. Und das hat das Musikmachen deutlich leichter gemacht. Ich hatte vorher einfach zu viel gewollt. Deshalb fühlt sich das Album jetzt an wie eine Art Fundament für meine nächsten Projekte. Weil ich einen viel gesünderen Weg für mich gefunden habe, auf die Musik und mich als Musikerin zu schauen – viel stabiler als früher.
Rochow: Auf "Docks" geht es um Beziehungen und die kleinen und großen Probleme, die Beziehungen mit sich bringen. Durch die Ehe mit dem Singer-Songwriter Kristian Matsson alias The Tallest Man On Earth standen Sie ja in gewisser Weise im Rampenlicht, als er im letzten Jahr das Album "Dark Bird Is Home" veröffentlicht hat. Ein sehr persönliches Album, das eben auch Ihre Scheidung thematisiert. Inwieweit ist Ihr Album "Docks" eine Antwort darauf?
"Nicht nur eine persönliche Geschichte"
Bergman: Das ist schwer zu sagen. Natürlich kommt das Album von mir und klar war ich mit Kristian verheiratet. Also hat das natürlich damit zu tun – nur bis zu welchem Grad, das kann ich nicht sicher sagen. Ich mein, es ist so eine subjektive Sicht auf all das, aber es ist eben nicht nur eine persönliche Geschichte, schließlich passiert das vielen. Es geht nicht nur um die Beziehung und Dinge, die auf diese Weise enden, sondern auch um die Folgen, wenn etwas so endet. Ich denke, es ist komplexer.
Rochow: Zwei Songs auf dem neuen Album hat er sogar produziert, das hat mich verwirrt. Können Sie noch gut zusammen arbeiten?
Bergman: Ja, das können wir definitiv. Ich denke, die Zusammenarbeit war sehr wichtig für uns, als Teil des Freunde-Bleibens, und ich glaube sogar, dass es jetzt für uns deutlich einfacher ist, zusammen zu arbeiten, als vorher.
Rochow: Ihr Album, das klingt oft nachdenklich und reflektiert, aber gar nicht bedrückend, im Gegenteil, da schwingt immer etwas Positives mit, es wird von einer gewissen Leichtigkeit getragen, schwebende Gitarren, Streicher, in zarten Hallschwaden. Ist das Album vielleicht wie Sie selbst, also gern mal in sich gekehrt, aber dann doch wieder nach vorn schauend, das Leben eben geht weiter und es ist schön?
"Es ist viel Düsternis auf dem Album"
Bergman: Ja, ich bin froh, dass Sie das so sagen, weil ich, als das Album fertig war, und ich die Songtexte noch mal lesen und kontrollieren musste, auf einmal dachte: Was ist das denn? Das ist so eine bittere Frau! Im Grunde mache ich Musik vor allem, um die Gedanken loszuwerden, die ich nicht haben will. Dadurch entsteht manchmal ein Widerspruch: Man schreibt Songs, singt sie und geht mit ihnen auf Tour, aber dabei geht es nicht immer darum, wer man gern sein will, sondern vielmehr – vor allem was die Texte angeht – darum, wer man nicht sein und um die Dinge, die man loswerden will. Es ist viel Düsternis auf dem Album, aber es gibt auch so ein Gefühl, wie Sie schon gesagt haben, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind und sie loszulassen. Und musikalisch geht es vielleicht sogar noch darüber hinaus hin zu einem guten Grundgefühl, das sich in der Musik vielleicht sogar mehr zeigt als in den Texten.
Rochow: Und da ist auch das gute Gefühl, dass Sie weiter Musik machen und uns ein weiteres schönes Album wie dieses hier bringen werden.
Bergman: Ganz sicher: Ich versuche mein Bestes – und ich hoffe, es klappt.
Rochow: Dann danke ich Ihnen dafür, dass Sie heute bei uns waren. Es war wirklich schön, Sie getroffen und mit Ihnen gesprochen zu haben.