Sinnloser Gewaltexzess
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In "Them" zieht eine schwarze Familie in ein weißes Viertel von L.A. und erlebt dort Rassismus. Gewalt wird brutal gezeigt. Kulturjournalistin Lilly Amankwah kritisiert, die exzessive Darstellung rassistischer Gewalt sei inhaltlich nicht begründbar.
Auf Amazon Prime ist Anfang April die Serie "Them" angelaufen. Es geht um eine schwarze Familie in den 50er-Jahren, die von North Carolina nach Los Angeles zieht und dort von den weißen Nachbarn terrorisiert wird, aber auch noch übernatürlichen Horror im eigenen Haus erlebt. Unwillkürlich stellt sich bei dem Plot die Frage, was schlimmer ist: Die Tage mit dem Rassismus der Menschen um die Familie herum oder die Nächte mit den Gespenstern?
Kritik an der Gewaltdarstellung
Die Serie sei sehr gut und aufwendig produziert, die schauspielerische Leistung großartig, sagt Kulturjournalistin Lilly Amankwah. Allerdings gibt es auch heftige Kritik an der Darstellung von Gewalt, weil sie erstens sehr brutal sei und man sich zweitens frage, welchen Sinn diese Art Darstellung mache.
Amankwah findet diese Kritik am Werk der schwarzen Produzenten Little Marvin und Lena Waithe berechtigt: "Es geht um die Frage, ob hier die Gewalt an schwarzen Menschen ausgeschlachtet, fast schon fetischisiert wird, einfach, um Zuschauer zu unterhalten", erklärt sie.
In "Them" werde Gewalt von Weißen ausgeübt und bleibe ohne Folgen für die Täter, die Charaktere seien zudem ziemlich eindimensional: Am Ende seien die einen Opfer der Umstände, die anderen Monster. "Und es scheint ein bisschen, als wäre Rassismus kein gesellschaftliches Thema, sondern ein Thema von Monstern – und das karikiert und wirkt einfältig."
Potenziell triggernde Szenen von Gewalt
Ein weiteres Problem: "Es gibt auch sehr verstörende Szenen rassistischer Gewalt, die gerade für schwarze Menschen auf jeden Fall triggernd sein könnten", meint Amankwah. Viele der Episoden seien so schlimm, dass eine Content-Warnung vorgesetzt wurde, an manchen Stellen habe sie auch einfach abschalten wollen.
"Dazu wird dann noch munter das N-Wort herumgeworfen und Blackfacing betrieben", kritisiert Amankwah angesichts des Mangels an einer tieferen Aussage: "Außer vielleicht zu sagen: 'Rassismus ist blöd' scheint keine klügere, höhere Ebene zu existieren", so die Kulturjournalistin. "Dieses ganze schwarze Trauma ist dann auf dem Bildschirm nicht unbedingt gerechtfertigt."
Das unterscheide "Them" auch von anderen Werken, meint die Journalistin, etwa Jordan Peeles "Us" von 2019, an den sich die neue Serie in vielfacher Weise anlehne. Bei Peele bekomme man aber nicht das Gefühl, dass Gewalt an schwarzen Menschen ganz ziellos gezeigt werde und keine Konsequenzen für weiße Menschen entstünden.
(mfu)