Ein James Bond für Normalos
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Die Figur Jack Ryan, erfunden von Tom Clancy, kommt jetzt als Serienheld auf die Streaming-Bildschirme. Amazon schickt den Normalo-Typen auf Heldenreise in die Welt von heute. Am Rezept für Ryans Erfolg auf allen Plattformen hält auch der Internetkonzern fest.
Wenn es in der Agenten-Fiktion so etwas wie einen Normalo gibt, dann heißt er wohl Jack Ryan. Bestseller-Autor Tom Clancy hat ihn erfunden, Hollywood hat ihn schon längst entdeckt: "Jagd auf Roter Oktober" mit Alec Baldwin in der Rolle des Jack Ryan, oder "Die Stunde der Patrioten" mit Harrison Ford als Jack Ryan. Jack Ryan als Romanfigur, als Kinofigur, im Videospiel – stets klingeln die Kassen. Amazon bringt Jack Ryan nun auf die Bildschirme seiner Streaming-Kunden – und hat schon vor dem Start der ersten Staffel die zweite in Auftrag gegeben.
Der Spion-Experte und Medienwissenschaftler Andreas Rauscher nennt Jack Ryan eine Art "Agent ohne Eigenschaften". Das Kuriose bei Jack Ryan sei, dass er schon fünfmal den Darsteller gewechselt habe, ohne dass das richtig ins Gewicht gefallen sei. Bei James Bond hätte man einen solchen Wechsel ganz gewiss viel stärker gemerkt, macht Rauscher klar, wenngleich er Harrison Ford davon ausnehme.
Analytiker mit dem Körper eines Marines
Bei Jack Ryan müsse die Erfolgsformel also auf einer anderen Ebene liegen, sagt Rauscher: vielleicht in den Szenarien und vielleicht auch gerade darin, dass Jack Ryan so ein durchschnittlicher Typ ist: darin, "dass man sich leichter mit ihm identifizieren kann, weil er eben gerade nicht ein potenzieller Superheld wie James Bond ist."
In den Romanen zeichne ihn Clancy als einen Otto-Normal-Verbraucher, der dann zum Agentenhelden werde. In den Romanen werde der Normalo-Typ dann sogar Chef der CIA und auch einmal Vertreter des Präsidenten, was man im Film aber wohlweislich nicht so übernommen habe. In den Filmen sei er der Analytiker, der als Ex-Marine aber auch körperlich fit sei und durch Zufall in große Komplotte und Intrigen gerate.
Die Amazon-Serie beruht nicht mehr auf einer Vorlage von Tom Clancy, der inzwischen verstorben ist. Die Drehbücher der Serie sind inspiriert von den Romanen Clancys, sagt Rauscher, und seien den aktuellen Gegebenheiten angepasst. "Aber die Grundidee von der Figur, dass man mitbekommt, wie er vom einfachen Analytiker zum Helden im Einsatz wird, das hat man beibehalten." Weil die Serie acht Folgen umfasse, könne man das in der Streaming-Serie sogar noch ausführlicher erzählen.
(mf)