Harte Machos gegen häusliche Gewalt
Die Werbespots während des Super Bowls sind legendär: super-kreativ und Stoff für Gespräche noch Tage später. In diesem Jahr könnte eine Kampagne der ganz anderen Art den unterhaltsamen Abend der Football-Fans durcheinander bringen.
Ausschnitt Kampagne: "No more − Boys will be boys; No more − What's the big deal; No more − Not my problem ..."
NFL-Spieler schauen direkt in die Kamera. Der Hintergrund ist weiß, ihr Gesichtsausdruck ernst. Die Botschaft: "Nie mehr − So sind Jungs eben; Nie mehr − was ist schon dabei? Nie mehr − Nicht mein Problem, Sie hat nicht nein gesagt, Darüber reden wir nicht. Keine Ignoranz mehr und keine Entschuldigungen."
Ausschnitt Kampagne: "No more Ignorance. No more Excuses. No more."
Sie sprechen nicht aus, worum es genau geht. Das brauchen sie nicht. Es ist klar: Die Spieler machen sich stark gegen häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch. "No More" ist der Name einer Organisation, die seit Jahren für offenen Dialog über diese Themen wirbt. Die Zusammenarbeit mit der US-Football-Profiliga ist ein enormer Schritt, erklärt "No More"-Chefin Virginia Witt:
"Sportler und Sportfans sind super wichtig für unsere Strategie. Football steht im Mittelpunkt amerikanischer Kultur und vieler Familien. Es ist eine großartige Möglichkeit, Männer in den Dialog mit einzubeziehen."
Mehr als Imagepflege?
Die NFL ist nicht ohne wichtigen Grund auf "No More" zugekommen. Die Liga muss ihr Image aufpolieren. Sie steht unter scharfer Kritik für zu lasche Reaktionen auf gewalttätige Aktionen ihrer Spieler. Der unrühmliche Höhepunkt: Baltimores Spieler Ray Rice schlug seine Verlobte im Fahrstuhl bewusstlos. Strafe: zwei Spiele Sperre. Erst als das Video vom K.O.-Schlag öffentlich wurde, wurde Rice entlassen. Kann die Kampagne mehr als Imagepflege sein? Werbeexperte Pablo Torre vom Sportsender ESPN ist skeptisch:
"Es ist schwer zu sagen, ob diese Spots tatsächlich die Football-Kultur verändern können, Fans zum Nachdenken und Veränderungen bringen können."
Eine Version des Werbespots war nicht geplant, ist improvisiert und möglicherweise die beeindruckendste Fassung. Ihr Titel: "Speechless" (Sprachlos).
"Let's take domestic violence out of football"
Die Spieler sammeln sich vor der Kamera, bevor sie sprechen können, räuspern sich, manchem kommen Tränen in die Augen, andere schütteln den Kopf. "Häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch sind Themen, über die niemand so einfach spricht. Helft uns, ein Gespräch zu beginnen", heißt die Botschaft am Ende. ESPN-Experte Torre:
"Das rüttelt einen am meisten wach. Diese Kerle sind der Inbegriff von Männlichkeit und Machismo. Hier sind sie verletzlich, zeigen Gefühle. Das sieht man nicht so oft."
Die Spots liefen während der Playoff-Spiele. Für den Super Bowl wurde eine neue Fassung der Botschaft gedreht basierend auf einem echten Anruf bei der Polizei nach häuslicher Gewalt. Diesmal sind keine NFL-Stars dabei, die Botschaft bleibt aber stark und verstörend.
Die Zeitschrift "Sports Illustrated" hat unterdessen beschlossen, eine noch schärfere Kampagne vor dem Super Bowl auf ihrer Onlineseite zu zeigen. Deren Botschaft: „55 ungesühnte Fälle, NFL-Boss Roger Goodell muss gehen, häusliche Gewalt hat im Football nichts zu suchen."
Ausschnitt Kampagne: "Let's take domestic violence out of football."
Die Kontroverse um Gewalt und NFL wird sicher weiter geführt. Dass Liga-Chef Roger Goodell seinen Job verliert, ist dagegen höchst unwahrscheinlich.