Amerikanische Bürgerrechtsbewegung

Black Power und das Konzert von Selma

Demonstrationszug von Selma nach Montgomery im März 1965
r Martin Luther King (in der Mitte) führt am 21.3.1965 den Demonstrationszug von Selma nach Montgomery an. © picture alliance / dpa / Foto: UPI
Von Kerstin Zilm |
Der US-Film "Selma" zeigt drei Monate im Leben des Bürgerrechtskämpfers Martin Luther King und die Märsche von Selma nach Montgomery in Alabama. Weniger bekannt ist, dass auch Musiker wie Harry Belafonte für ein uneingeschränktes Wahlrecht mitmarschierten.
Harry Belafonte und Martin Luther King waren gute Freunde, Belafonte ein verlässlicher Partner im Kampf für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit. Doch, erinnert sich der Sänger und Aktivist 50 Jahre später in einem CNN-Interview, als Martin Luther King ihn bat, Musikerfreunde für ein Konzert zur Feier des Marsches nach Montgomery zu mobilisieren, zögerte er.
"Selma war anders. Die Leute dort hatten getötet, Feuer gelegt und Bomben geworfen. Künstler zu bitten, nach Selma zu kommen war ganz anders als zum Beispiel nach Washington. Der Ku-Klux-Klan hatte uns gewarnt: wenn ihr herkommt, kommen viele von Euch nicht lebendig zurück in den Norden."
Trotzdem rief Belafonte seine Musiker-Freunde an, darunter Sammy Davis Junior, Joan Baez, Peter, Paul and Mary, Nina Simone und Tony Bennett. Letzterer war gar nicht begeistert von der Idee, aus New York nach Alabama zu kommen.
"Ich wollte nicht. Aber dann hat er mir erzählt, was da unten los war. Dass Schwarze bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Als ich das gehört habe, hab ich gesagt: ich komme."
Unterstützung durch Musiker
Es war Mitte März 1965. Höhepunkt des Kampfes für uneingeschränktes Wahlrecht in Alabama. Zwei Versuche, von Selma zum Regierungssitz nach Montgomery zu marschieren, waren gescheitert. Den ersten am 07. März mit etwa 600 Teilnehmern hatte die Polizei brutal mit Knüppeln und Tränengas niedergeschlagen. Den zweiten brach Martin Luther King von sich aus ab. Nun sollte es einen dritten Marsch geben. Aus den gesamten USA kamen Demonstranten angereist. Belafonte war sicher: Musiker könnten dem Marsch zusätzliche Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit geben.
"Ich habe mir immer Gedanken gemacht, was ich von meinen Freunden verlange. Ich wusste, wir mussten sehr vorsichtig sein und uns bewusst sein, was wir tun. Aber wir haben uns von Gefahren nie abhalten lassen."
Das Konzert war geplant für den letzten Abend des fünftägigen Marsches, nicht weit entfernt vom Regierungssitz, wo Gouverneur George Wallace und Sheriff Jim Clark ihre rassistischen Methoden durchsetzten. Als Harry Belafonte und seine Musiker-Freunde in Montgomery ankamen, wurden sie umringt von Reportern.
Auf einer Wiese versammelten sich abends tausende von Demonstranten. Es gab kaum Licht, nur einen Verstärker und keine Bühne. Die Musiker standen auf der Leihgabe des örtlichen Beerdigungsinstituts: 50 Särge, provisorisch zusammengezimmert. All das war egal. Was zählte war, dass Sänger und Sängerinnen mit unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichem Stil zusammen gekommen waren, um ihrer Musik für Bürgerrechte einzusetzen. Martin Luther King war die symbolische Kraft des Moments bewusst.
"Ich möchte nur sagen, wie sehr wir meinem lieben Freund Harry Belafonte zu Dank verpflichtet sind und all den anderen hervorragenden, berühmten Künstlern, die sich die Zeit genommen haben zu uns nach Montgomery zu kommen und mit uns zum Kapitol zu marschieren."
Gemeinsam marschierten sie nach Selma
Am nächsten Morgen feuerte Harry Belafonte die 25-tausend Demonstranten an. Gemeinsam marschierten sie nach Selma und machten ein Statement das Präsident Johnson in Washington nicht ignorieren konnte.
Nina Simone fasste später zusammen, was viele Musiker spürten
"Ich fühlte mich lebendiger als jetzt, weil ich gebraucht wurde, weil ich mit meiner Musik meinem Volk helfen konnte. Für mich wurde das wichtiger als alles andere: als klassische Musik und Popmusik - Musik für Bürgerrechte."
Harry Belafonte hat nie aufgehört, sich für Bürgerrechte einzusetzen, von den USA bis Afrika. Eindeutig frustriert spricht er über heutige Musiker. Der Kampfgeist spricht laut und deutlich wie vor 50 Jahren aus ihm, wenn er sie auffordert, sich im Kampf gegen andauernden Rassismus, gegen Armut und Polizeibrutalität eindeutiger zu bekennen und zu engagieren.
"In der Geschichte dieses Landes hat es noch nie so viele Prominente gegeben, als heute. Und nie haben weniger Menschen ihre Stimme für die Schwarzen erhoben. Menschen, die mit einem Fingerschnippen so viel erreichen könnten und beschließen, nichts zu tun."
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